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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Verlorenen zu entdecken, doch ohne Erfolg. Als alles vergeblich war, kam ich auf die Idee, als Händler im Land umherzuziehen und nachzuforschen; auch dies hat bisher nichts geholfen.“
    „Weil man einem verhaßten Franzosen keine richtige Auskunft erteilt.“
    „O, man hält mich für einen Eingeborenen; ich bin der Sprache genügsam mächtig und verrate nirgends, daß ich ein Franke bin. So ritt ich zwei Jahre lang von Stamm zu Stamm, von Lager zu Lager, habe aber bis jetzt keine Spur gefunden.“
    „Und Ihre Gemahlin?“
    „Die lebt unterdessen bei ihrem Bruder, einem Kaufmann in Tunis. Sie sieht mich stets mit banger Hoffnung fortziehen und empfängt mich bei meiner Rückkehr mit den Tränen der Enttäuschung. Der Gram nagt an ihrem Leben. Wann wird das aufhören, wann wird das ein Ende nehmen!“
    Er schlug die Hände vor das Gesicht und schwieg. Ich wartete eine Weile und erkundigte mich dann:
    „Haben Sie denn keine Ahnung, zu welchem Stamme der Knabenräuber gehörte?“
    „Zu den Uëlad Mahad.“
    „Alle Wetter!“ rief ich überrascht aus. „Nannte er seinen Namen?“
    „Ja; er hieß Ben Nefad.“
    „Aha! Meine Vermutung!“
    „Wie? Was? Sie haben eine Vermutung?“
    „Ja.“
    „Welche, Monsieur?“
    „Sagen Sie mir zunächst, ob Sie wissen, was das Wort Mahad bedeutet.“
    „Das weiß ich nicht.“
    „Und Nefad?“
    „Auch nicht. Es sind eben Namen, bei denen man sich nichts zu denken braucht.“
    „O nein. Diese Worte haben ihre Bedeutung. Mahad heißt ‚niemand‘ und Nefad bedeutet ‚das Gelingen‘.“
    „Ich denke, niemand heißt la ahad, und das Gelingen heißt negah!“
    „Provinzialismus, Monsieur. Diese Leute wählen in solchen Fällen von zwei gleichbedeutenden Ausdrücken den weniger gebräuchlichen aus. Uëlad Mahad bedeutet ‚niemandes Stamm‘, gibt es also nicht; der Mann hat Sie getäuscht. Und Ben Nefad heißt Sohn des Gelingens. Das sagt genug. Er hat seinen Stamm verschwiegen und ist auf ein Unternehmen ausgeritten, dessen gewünschten Ausgang er nach hiesiger Sitte mit dem dabei angenommen Namen bezeichnet.“
    „Ah, so ist es! Endlich, endlich doch wenigstens ein Schein, wenn auch nur ein ganz leiser Schein der Möglichkeit, zum Ziel zu kommen! Darum also wurde überall gelächelt, wenn ich nach dem Aufenthalte der Uëlad Mahad fragte!“
    „Sie sprechen von einem leisen Schein, Monsieur. Wie nun, wenn ich Ihnen mehr als das, wenn ich Ihnen ein helles Licht geben könnte?“
    Da fragte er schnell, in freudiger Bestürzung:
    „Können Sie das, Monsieur, können sie das?“
    „Ja.“
    „Mein Gott, wenn das möglich wäre! Aber es muß möglich sein, denn Sie sind Kara Ben Nemsi Effendi, und als ich dies vorhin entdeckte, war es mir sofort gewiß, daß ich an den richtigen Mann gekommen sei. Was denken Sie, Monsieur, was denken Sie?“
    „Ihr Knabe Armand ist in Kaïrwan.“
    „In Kaïrwan? Meinen Sie?“
    „Ich meine es nicht nur, sondern ich möchte sogar darauf schwören, wenn ich überhaupt die Gewohnheit zu schwören hätte.“
    „Was soll er aber in Kaïrwan?“
    „Seinem Räuber zur Seligkeit verhelfen.“
    „Zur Seligkeit? Wie das?“
    „Zufälligerweise kenne ich das. Ich bin nämlich schon einmal in Kaïrwan gewesen, welches kein Christ betreten darf, wenn er nicht sein Leben verlieren will, und damals nur mit Mühe dem Tod entgangen. Der Kommandant der dortigen Militärgruppe hielt mich für einen Mohammedaner, für einen Offizier, und sprach sehr viel über die dortigen Verhältnisse zu mir. Kaïrwan ist selbst eine heilige Pilgerstadt und liegt weit von Mekka entfernt, wohin jeder Moslem wenigstens einmal im Leben pilgern soll. Wer dies nicht tun kann, erkauft sich seine Seligkeit, das Paradies Mohammeds, dadurch, daß er dem Islam die Seele eines Kindes ungläubiger Eltern zuführt. Haben Sie noch nicht gehört, wie viele Knaben zum Beispiel von Juden verschwinden, wieviel Knaben den Bewohnern der nördlichen Sahara geraubt werden?“
    „Nein.“
    „Diese Knaben kommen in die Schule der berühmten Okba-Moschee, wo sie im Islam unterrichtet und meist zu Moscheedienern ausgebildet werden. Jeder, der dieser Schule einen solchen Knaben bringt, hat Allah eine verlorene Seele geschenkt und dafür die seinige gerettet.“
    „Und Sie denken – – – Sie denken, daß mein Armand auch dorthin geschafft worden ist?“
    „Ich bin sogar überzeugt davon.“
    „Haben Sie einen gewissen Anhalt dazu?“
    „Ja. Es hat sich da der Brauch

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