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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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solchen Feuereifer hin, daß uns das Wasser an den Beinen niederlief und wir uns in die Sonne legen mußten, um wieder trocken zu werden.
    So großen Spaß diese Wäsche uns allen machte, so ernst war es mir doch mit der Angelegenheit an sich, und ich muß sagen, daß von jenem Tag sich der Abscheu datiert, den ich noch heute gegen jeden Fluch und jeden Schwur empfinde. Sei mir ein Mensch auch noch so sympathisch, sobald ich ein solches Wort von ihm höre, fühle ich mich abgestoßen, und stellt es sich gar heraus, daß er ein Gewohnheitsflucher ist, so hört er auf, für mich zu existieren.
    Wie weit es ein Mensch in dieser sündhaften Angewohnheit zu bringen vermag, habe ich an dem Mann gesehen, von dem ich heute erzählen will, weil sein Beispiel zugleich einen deutlichen Beweis dafür bildet, daß mit der Langmut und Barmherzigkeit Gottes nicht zu scherzen ist.
    Zur Zeit, als diese Episode sich ereignete, befand ich mich mit Winnetou, dem Häuptling der Apachen, bei den Navajos, welche ihn auch als ihren obersten Anführer anerkannten, weil sie im weiteren Sinn auch zu dem Volk der Apachen gehörten. Sie lagerten damals zwischen den Höhen der Agua grande genannten Gegend und wollten von da aus nach dem Colorado hinab, doch nicht eher, als bis eine Anzahl weißer Jäger, die ich zu ihnen bestellt hatte, eingetroffen sein würde.
    Während wir auf die Ankunft dieser Leute warteten, brachten unsere roten Wachen zwei fremde Indianer, welche sie unter sehr verdächtigen Umständen aufgegriffen hatten, in das Lager. Sie sollten natürlich sofort ausgefragt werden, weigerten sich aber, irgend eine Antwort zu geben. Es war ihnen kein Wort zu entlocken; ihre Gesichter waren nicht gefärbt, und da sie auch kein Zeichen ihrer Abstammung an sich trugen, so war es beinahe unmöglich, zu bestimmen, welchem Volk sie angehörten. Wir wußten, daß die Utahs sich in letzter Zeit den Navajos feindlich gezeigt hatten, und so bemerkte ich zu Winnetou:
    „Ich möchte sie für Utahs halten, denn dieser Stamm hat sich immer mehr nach Süden gezogen und scheint einen Angriff gegen die Navajos zu planen. Vielleicht sind diese beiden Kerls von ihnen ausgeschickt, um den Aufenthalt der Navajos zu erkunden.“
    Ich glaubte, mit diesen Worten das Richtige getroffen zu haben, aber Winnetou kannte die hier oben hausenden Indianer besser als ich, er antwortete:
    „Es sind Pa-Utes, doch hat mein weißer Bruder recht, indem er sie für Kundschafter hält.“
    „Sollten sich die Pa-Utes mit den Utahs verbunden haben?“
    „Winnetou zweifelt nicht daran, denn wenn es anders wäre, würden diese beiden Krieger sich nicht weigern, uns Auskunft zu erteilen.“
    „Da gilt es, vorsichtig zu sein! In einer Gegend, wie die hiesige ist, muß man annehmen, daß Kundschafter sich höchstens drei Tagesreisen von ihren Leuten entfernen. Daraus können wir schließen, wie nahe uns die Feinde ungefähr sind.“
    „Uff! Wir werden nach ihnen suchen.“
    „Wer?“
    „Du und ich.“
    „Weiter niemand?“
    „Vier gute Augen sehen mehr als hundert schlechte, und je mehr Krieger wir mitnehmen, desto eher können wir entdeckt werden.“
    „Das ist richtig; aber vielleicht kommen wir in die Lage, einen Boten heimsenden zu müssen.“
    „So nehmen wir einen Navajo mit, weiter aber niemand. Howgh!“
    Dieses letztere Wort diente bei ihm stets zur Bekräftigung; es hieß soviel wie: abgemacht, Sela, Amen. Darum verzichtete ich darauf, ihm weitere Vorschläge zu machen.
    Die Navajo-Abteilung, bei welcher wir uns befanden, zählte außer den alten Männern, Frauen und Kindern gegen dreihundert Krieger, die unter Nitsas-Kar (‚Großer Pfeil‘), einem sehr tüchtigen Häuptlinge, standen. Das waren Leute genug zur Abwehr eines Feindes, von dem wir annahmen, daß er nicht gerade in hellen Haufen erscheinen werde; dennoch waren wir so vorsichtig, einen Boten nach der nächsten Abteilung zu senden, um sie von der nahenden Gefahr zu benachrichtigen. Eine kurze Beratung mit Nitsas-Kar hatte das von Winnetou gewünschte Ergebnis. Der Apache, ich und ein junger, aber sehr erprobter Krieger ritten fort, um den Aufenthalt der Gegner zu entdecken, und die Navajos blieben unter Aufstellung doppelter Posten und scharfer Bewachung der beiden Gefangenen an Ort und Stelle lagern, um auf unsere Rückkehr oder unseren Boten zu warten.
    Es war noch sehr früh am Morgen, und wir hatten also den ganzen Tag vor uns. Im allgemeinen wußten wir, daß die Utahs im Süden des

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