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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein, und wir können unsere Blutegel braten. Was meinst du dazu, Pitt Holbers, altes Coon?“
    „Wenn du denkst, daß ich mich auf das Essen freue, so kannst du das Richtige getroffen haben, alter Dick“, lautete die behagliche Antwort.
    Die Fische wurden in zwei Portionen, für jetzt und für den Abend, geteilt; dann bekam jeder, was ihm zufiel; auch Fletcher erhielt so viel wie jeder andere. Als sein Teil gebraten war, machte Dick Hammerdull es sich zum Spaß, ihn wie ein Kind zu ätzen. Winnetou sah wohl, daß er gefesselt war, doch lag es nicht in seiner Eigenart, nach dem Grund zu fragen.
    Ebensowenig fragte ich ihn nach dem Ergebnis seiner Rekognoszierung, denn ich wußte, daß er zur rechten Zeit selbst davon anfangen werde; aber die beiden andern hatten weniger Geduld, und kaum hatte Dick Hammerdull den letzten Bissen zwischen die Lippen geschoben, so wischte er sich den Mund mit dem fettglänzenden Ärmel ab und sagte:
    „So, jetzt ist man satt und kann nun auch an die Pa-Utes denken. Ich hoffe, daß sie noch nicht fortgeritten sind!“
    Und als Winnetou nicht sofort antwortete, machte er die Sache deutlicher, indem er fragte:
    „Oder sollte ich mich irren, und sie sind schon fort?“
    Über die männlich schönen Züge des Apachen glitt ein leises Lächeln und er antwortete in gütig verweisendem Ton:
    „Der Tau fällt zu seiner Zeit, und die Sonne scheint zu ihrer Zeit. Warum wartet mein weißer Bruder nicht, bis auch meine Zeit, zu sprechen, gekommen ist?“
    „Ganz einfach, weil ich neugierig bin“, antwortete der Dicke in drolliger Aufrichtigkeit.
    „Neugierig darf die Squaw sein, nicht aber der Mann, zumal wenn er ein Krieger ist wie Dick Hammerdull, doch soll mein Bruder erfahren, was er wissen will. Die Pa-Utes sind noch da.“
    „Wo?“
    „Im Lager, welches sie gestern überfallen haben. Winnetou hat sie genau gezählt; es sind zweimal hundert Mann und sechsmal zehn. Ihr Anführer ist Pats avat (‚Großer Mokassin‘), der Häuptling der Pa-Utes.“
    „Und die Gefangenen?“
    „Sie sind gefesselt, aber ganz gesund und unverwundet. Wir werden sie in der nächsten Nacht befreien.“
    „Befreien?“ fragte der Dicke in freudigem Erstaunen. „Ich dachte, es sei besser, damit zu warten, bis die Pa-Utes in die Hände der Navajos geraten; dann erhalten die Weißen ihre Freiheit ja ganz von selbst!“
    „Winnetou glaubt, daß sein weißer Bruder sich da irrt. Wenn wir die Pa-Utes im Cañon einschließen und sie haben ihre Gefangenen noch bei sich, so können sie uns Bedingungen stellen und uns drohen, die Weißen zu töten. Sind diese aber frei, so müssen die Feinde auf alles eingehen, was wir von ihnen verlangen.“
    „Ganz recht, ganz recht! Mir ist es auch viel lieber, wenn wir unsere Kameraden schon heut herausholen, denn das gibt einen Streich, wie ich ihn mir gar nicht prächtiger denken kann. Auf welche Weise aber soll die Befreiung vor sich gehen?“
    „Das wird mein Bruder erfahren, wenn die Zeit dazu gekommen ist. Winnetou hat gelauscht und mehrere Pa-Utes sprechen hören; er hat erfahren, warum sie noch nicht fort sind und wie es sich zugetragen hat, daß sie die weißen Männer überfallen haben. Unter den zwei Getöteten ist der Häuptlingssohn, dessen Begräbnis eine Zeit bis morgen früh erfordert, denn sein Grab muß hoch aus Steinen errichtet werden; sie haben noch die halbe Nacht daran zu bauen. Der Häuptling ist voller Grimm über den Tod seines Sohnes, und es ist sehr leicht möglich, daß er die Gefangenen tötet, damit ihre Seelen die seinige in den ewigen Jagdgründen bedienen müssen.“
    „All devils, das wäre ja entsetzlich!“
    „Es würde nichts als eine Rache sein, wie sie die roten Männer erst von den Weißen gelernt haben. Und diese Strafe wäre um so gerechter, weil sie den Mörder doppelt träfe, dessen Sohn und Neffe sich unter den Gefangenen befinden.“
    „Also doch Old Cursing-Dry?“
    „Ja, er ist's.“
    Fletcher lag nahe genug, um jedes Wort zu hören. Seit dem Essen hatte er die Augen offen gehabt. Jetzt rief er eifrig herüber:
    „Ich war es nicht; ich war es nicht; ich weiß kein Wort davon! Diese … Halunken sind die niederträchtigsten … die man sich denken kann. Ich schwöre es bei … daß ich die Wahrheit sage!“
    Diese Verteidigung enthielt wieder drei schwere Lästerungen, die man unmöglich wiedergeben kann. Winnetou ignorierte sie und fuhr fort:
    „Die Pa-Utes haben nicht da, wo sie sich jetzt befinden, lagern, sondern

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