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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dort nicht mehr zu treffen; ich bin vielmehr sicher, daß sie hinter uns her sind, um uns zu verfolgen. Darum dringe ich so darauf, daß wir schnell weiterreiten.“
    „Ihr seid im Irrtum, Dick“, antwortete ich. „Ihr werdet nicht verfolgt. Wenn die Pa-Utes wüßten, daß drei entkommen sind, wären sie schon längst zu sehen. Sie sind jedenfalls der Überzeugung, alle Weißen, welche anwesend waren, gefangen zu haben.“
    „Aber unsere Spuren! Aus ihnen müssen sie doch ersehen, daß wir auf der Jagd waren, also beim Überfall nicht dabei gewesen sind!“
    „Der Überfall geschah gestern abend nach Anbruch der Dunkelheit, und heut früh waren eure Spuren schon so undeutlich, daß nicht mehr unterschieden werden konnte, wann sie entstanden sind, ob vor oder nach der Überrumpelung des Lagers. Und eure Kameraden werden, wenn man sie fragt, sich hüten, euch, von denen ihre Rettung abhängt, zu verraten. Dazu kommt, daß die Pa-Utes sich auf dem Kriegspfad befinden und also die beiden Leichen nicht mit sich herumschleppen können. Man wird die Toten dort begraben. Obgleich sie gezwungen sind, die dabei vorgeschriebenen Zeremonien abzukürzen, werden sie doch vor morgen mittag nicht fertig sein und also nicht eher aufbrechen. Zudem haben sie auch sonst keine Eile, weil sie auf die Rückkehr der beiden Kundschafter warten müssen, von denen sie nicht wissen, daß sie in die Hände der Navajos geraten sind. Ihr seht also wohl ein, daß wir Zeit haben?“
    „Ob Zeit oder nicht, das ist ganz und gar egal; ich werde mich aber nach Eurem Entschluß richten, weil Ihr wirklich klüger seid als Pitt Holbers, das alte Coon. Das hat er vorhin selbst gesagt.“
    „Von dir natürlich ganz zu schweigen, lieber Dick“, fiel Holbers im komischen Ernst ein.
    „Sei doch lieber still! Du hast ja gesagt, daß du nicht mehr reden willst. Was gedenkt Ihr also nun zu tun, Mr. Shatterhand?“
    „Das wird Winnetou bestimmen. Die Aufklärung habe ich allein geführt; darum werde ich das weitere nun ihm überlassen.“
    Winnetou und ich, wir kannten uns, wie sich selten zwei Menschen kennen. In Augenblicken, wo es galt, einen Entschluß zu fassen, war es oft, als ob wir beide nur eine Seele, einen Gedanken hätten. Was der eine von uns aussprach, das hatte der andere vorher schon im stillen für richtig gehalten. So auch jetzt. Der Apache warf einen forschenden Blick in mein Gesicht, und als ich nickte, wandte er sich an den Navajo, welcher mit uns gekommen war und bisher schweigend bei uns gesessen hatte, denn wenn Häuptlinge sprechen, darf ein gewöhnlicher Krieger es nicht wagen, sich hören zu lassen:
    „Kennt mein junger, roter Bruder genau den Deklil-Naßla (dunkler Cañon) des Juanflusses?“
    Der Gefragte nickte stumm und ehrfurchtsvoll. Der Apache fuhr fort:
    „An beiden Enden desselben gehen schmale Pfade hinab, welche nur von den Kriegern der Navajos gefunden werden. Nitsas-Kar, der tapfere Häuptling derselben, mag seine Krieger nach dem Cañon führen, die eine Hälfte ganz hinab an das untere Ende und die andere Hälfte an das obere Ende, doch nicht ganz hinab, damit sie nicht gesehen werden können, denn wir werden die Pa-Utes in den Cañon locken. Erst wenn sie in denselben eingedrungen sind, darf die obere Schar ganz hinab bis an das Wasser steigen und sich sehen lassen. Dann sind die Pa-Utes zwischen den beiden Abteilungen eingeschlossen und müssen sich ergeben, wenn sie sich nicht bis auf den letzten Mann erschießen lassen wollen, denn sie befinden sich zwischen den hohen, glatten Wänden des Cañons, wo sie sich nicht verbergen können, während die Krieger der Navajos von keiner Kugel getroffen werden können, weil sie hinter den Felsenblöcken stecken, welche oben und unten die Schlucht einengen. Hat mein Bruder mich verstanden?“
    Wieder dasselbe zustimmende Nicken.
    „So mag er sich sofort auf sein Pferd setzen, um schnell heimzureiten!“ Einige Augenblicke später galoppierte der Navajo davon, ohne auch nur ein Wort gesprochen zu haben. Dann stiegen auch wir auf und eilten fort, dem San Juan zu, dessen Ufer Winnetou und ich genau kannten. Und selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätten wir in Hammerdull und Holbers zuverlässige Führer gehabt. An Fletcher erging kein Wort, kein Blick der Aufforderung, uns zu folgen; wir taten, als ob er gar nicht anwesend sei, doch kam er, als er sich eine Weile besonnen hatte, hinter uns her. Es wäre uns freilich viel lieber gewesen, wenn er

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