Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
welchem wir abstiegen, um auf Winnetou zu warten. Fletcher wurde natürlich wieder angebunden. Er hatte während des ganzen Rittes den Knebel im Mund gehabt; ich befreite ihn aus Mitleid von demselben; kaum aber hatte er die Zunge frei, so ließ er einen solchen Schwall von Flüchen und Verwünschungen über uns los, daß ich ihn nur durch die Drohung, ihm den Knebel sofort wieder zu geben und ihn dann noch extra durchpeitschen zu lassen, zum Schweigen bringen konnte.
    Wir hatten gestern aus Sicherheitsrücksichten die zweite Hälfte der Fische nicht gebraten; darum brannten wir uns jetzt ein Feuer an, um aus dem versäumten Abendmahl ein Frühstück zu machen. Fletcher bekam auch seinen Teil. Während des Essens wollte Hammerdull die Fragen aussprechen, welche er bis jetzt still auf dem Herzen gehabt hatte. Ich winkte ihm, zu schweigen, denn Fletcher durfte nichts hören. Als dieser dann gegessen hatte, bekam er den Knebel wieder und wurde samt seinem Pferd eine genügende Strecke fortgeschafft und dort wieder festgebunden. Dann ließ sich aber der Dicke nicht länger halten, denn seine Neugierde war zu groß, und er erkundigte sich:
    „Warum soll der Alte nicht hier bleiben, Mr. Shatterhand? Warum steckt Ihr ihn dort in die Büsche?“
    „Weil sein Sohn, wenn er hier vielleicht aussteigt, ihn nicht sehen darf, denn er würde gegen uns rebellieren, während er wahrscheinlich so lange ruhig bleibt, als er nicht weiß, was wir mit seinem Vater vorhaben.“
    „Well, das ist klug; ich begreife es. Aber ich habe noch hundert Fragen, die – – –“
    „Die Ihr viel besser für Euch behaltet“, unterbrach ich ihn. „Nehmt Eure Angeln und versucht, ob es hier Fische gibt. Wenn Winnetou kommt, werden er und seine Begleiter Hunger haben. Ich will Euch währenddessen kurz folgendes sagen: Die Pa-Utes werden uns natürlich verfolgen, zu Land und zu Wasser. Da sie in der Dunkelheit unsere Spuren nicht sehen konnten, mußten sie bis Tagesanbruch warten, und haben die Nacht dazu benutzt, auch Flöße zu bauen. Auch sind während dieser Zeit die beiden Toten begraben worden, damit beim ersten Morgenschein ihrem Aufbruch nichts im Wege stand. Ihr könnt Euch also leicht berechnen, welchen Vorsprung wir vor ihnen haben.“
    „Den werden sie nicht einholen!“
    „Nein; aber um sie zu reizen, werden wir sie möglichst nahe an uns herankommen lassen, damit sie die Unvorsichtigkeit begehen, uns in den Cañon zu folgen.“
    „Werden die Navajos schon dort sein?“
    „Jetzt noch nicht; auch wir können ihn erst heut gegen Abend erreichen, und bis dahin ist Nitsas-Kar mit seinen Kriegern sicher dort. Das ist alles, was uns für jetzt zu wissen nötig ist.“
    „Aber Ihr habt doch nicht mit Winnetou darüber gesprochen. Vielleicht hat er einen ganz andern Plan als Ihr?“
    „Nein. Ich kenne ihn, und er kennt mich. Und nun seht, daß wir Fleisch bekommen!“
    Hammerdull und Holbers waren heute wieder glücklich. Sie machten in kurzer Zeit einen guten Fang und hörten eben auf, als wir von weitem das Floß kommen sahen. Die Fische kamen sofort über das Feuer, damit die Hungrigen nicht lange auf das Essen zu warten brauchten. Winnetou stand hochaufgerichtet vorn auf dem Floß und blickte mit Spannung zu uns her. Als er den alten Fletcher nicht sah, nickte er mir befriedigt zu und lenkte das Fahrzeug an das Ufer, wo es angebunden wurde. Der Duft der gebratenen Fische zog die acht Männer so an, daß sie einige Augenblicke später kauend am Feuer saßen.
    Jetzt am Tag konnte ich die Gesichter sehen. Die vier Kerls, welche zu Old Cursing-Dry gehörten, hatten keine vertrauenerweckenden Gesichter, und die Art und Weise, wie sie sprachen und sich benahmen, legte kein gutes Zeugnis für sie ab. Winnetou führte mich abseits, um das Nötige mit mir zu besprechen. Wir machten es kurz und waren eben damit fertig, als der junge Fletcher uns zurief:
    „Was gibt's für Heimlichkeiten dort? Habt ihr etwa ein böses Gewissen, daß wir nicht hören dürfen, was ihr redet?“
    Da antwortete ihm Dick Hammerdull:
    „Ihr scheint nicht zu wissen, mit wem Ihr sprecht, Mr. Fletcher. Old Shatterhand und Winnetou sind nicht gewöhnt, in einem solchen Ton angeschossen zu werden!“
    „So? Soll ich mich etwa mit schönen Komplimenten dafür bei ihnen bedanken, daß sie mir das Maul nicht vergönnen?“
    „Ob Maul oder ob nicht Maul, das bleibt sich vollständig gleich; aber Ihr riskiert sehr stark, daß Ihr auf das Eurige geschlagen

Weitere Kostenlose Bücher