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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zündeten sie am Feuer an und entfernten uns dann in so eiligem Lauf, daß wir nach kaum einer Minute wieder auf dem Floß standen.
    Wir banden es los und ließen es abwärts gleiten, doch nicht im freien Wasser, weil wir es da nicht so, wie es nötig war, in unserer Gewalt gehabt hätten, sondern indem wir es hart am Ufer hielten und mit den Rudern langsam vorwärts stießen.
    Es wurde vor uns heller; schon sahen wir die Lagerfeuer und im Schein derselben die Halbinsel liegen. Da erhob sich plötzlich auch links im Wald eine Glut, welche die Aufmerksamkeit der Pa-Utes auf sich zog. Wir hörten ihre Rufe und sahen viele nach dem Grabmal eilen.
    „Es geht los!“ sagte Winnetou. „Die Waffen bereit zum etwaigen Widerstand, und die Messer heraus, um die Fesseln der Gefangenen im Nu zu zerschneiden!“
    Da klang vom Wald her der laute, schrille Schreckensruf:
    „Neav äkve, neav äkve – der Häuptling ist tot, der Häuptling ist tot!“
    Da sprangen alle, die zurückgeblieben waren, von den Feuern auf und rannten in den Wald. Wir sahen es ganz deutlich, daß auch zwei Rote von der Halbinsel an das Ufer kamen und waldeinwärts liefen.
    „Schnell an die vier Ruder und nach der Insel, schnell!“ gebot ich. „Holbers bleibt auf dem Floß, um es festzuhalten!“
    Das Floß schoß mit der Schnelligkeit eines Bootes auf die Halbinsel zu. Als es anstieß, sprangen Winnetou, Hammerdull und ich an das Land. Es stand doch ein dritter Wächter da, welcher zurückgeblieben war. Er kehrte uns den Rücken zu, weil er nach dem Wald blickte. Als er das Geräusch hörte, welches wir nicht vermeiden konnten, drehte er sich um. Uns sehen, einen durchdringenden Hilferuf ausstoßen und sein Gewehr auf Winnetou anschlagen, das war eins. Ich sprang hinzu und griff nach dem Gewehr. Ich konnte zwar nicht verhüten, daß der Schuß krachte, doch ging die Kugel fehl. Ihm die Waffe aus der Hand reißen, umdrehen und den Kolben auf den Kopf schlagen, daß der Mann zusammenbrach, war das Werk des nächsten Augenblicks. Dann mit dem Messer zu den Gefangenen. Nach kaum einer Minute waren alle acht frei und auf dem Floß. Wir sprangen nach, griffen zu den Rudern und lenkten zunächst nach dem andern Ufer hinüber.
    Das war alles viel schneller gegangen und viel glücklicher abgelaufen als wir vorher gedacht hatten, und doch war es schon die höchste Zeit, daß wir fortkamen, denn der Schuß und der Hilferuf waren gehört worden, und die Roten kamen zurückgerannt, um die Ursache zu erfahren. Sie sahen uns, denn wir glitten soeben durch den hellsten Feuerschein, und erhoben ein wütendes Geheul. Winnetous gewaltige Stimme aber übertönte selbst dieses Geschrei:
    „Pats avat, der Häuptling der Pa-Utes, ist nicht tot; er wird wieder aufwachen, denn Old Shatterhand hat ihn nur betäubt. Und hier steht Winnetou, der Häuptling der Apachen. Wir haben die weißen Gefangenen frei gemacht, und keine tausend Pa-Utes werden sie uns wieder abnehmen können. Howgh!“
    Auf diese Worte verdoppelte sich das Geheul, und es krachten viele Schüsse, ohne uns aber zu treffen, denn der Feuerschein lag schon hinter uns, und wir schwammen im Dunkeln, wo wir kein Ziel mehr boten. Noch lange aber hörten wir die Stimmen der Feinde, welche wie dumme Knaben am Ufer hinter uns herrannten, ohne daß es für sie die Möglichkeit gab, uns einzuholen.
    Die aus der Gefangenschaft befreiten und vom wahrscheinlichen Tod erretteten Männer hatten aus den Worten des Apachen entnommen, wer wir waren. Sie wollten sich in Ausrufen der Freude und des Dankes ergehen, doch brachte Winnetou sie schnell zum Schweigen, indem er sagte:
    „Still! Noch sind wir nicht in Sicherheit! Und wer weiß, ob alle von euch sich freuen dürfen, daß sie den Pa-Utes entkommen sind. Nur kurze Zeit vergeht, so steht uns ein Gericht bevor, welches einen sehr ernsten Ausgang nehmen wird. Howgh!“
    Winnetou stand wie vorher am vorderen Steuer und lenkte das Floß nach dem rechten Ufer, denn wir waren in der Nähe der Stelle angekommen, wohin wir Fletcher und unsere Pferde geschafft hatten. Die acht Befreiten glaubten, hier aussteigen zu dürfen, doch Winnetou bedeutete sie:
    „Bleibt sitzen! Wir fahren weiter.“
    „Warum legt ihr denn hier an, wenn wir nicht an das Land sollen?“ fragte einer in vorwitzigem Ton.
    „Weil wir hier unsere Pferde haben.“
    „Und wir haben keine! Donnerwetter! Hattet ihr denn keine Zeit oder keine Lust, unsere Pferde auch loszumachen? Auch fehlen uns unsere Waffen.

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