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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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werdet!“
    „Möchte den sehen, der den Mut hätte, dies zu wagen! Daß ihr uns befreit habt, ist ganz Nebensache, denn das war eure … Pflicht und Schuldigkeit, und wir sind euch keinen Dank dafür schuldig. Ich will jetzt unbedingt wissen, wo mein … ist!“
    Es war geradezu empörend, das Wort zu hören, welches er anstatt ‚Vater‘ gebrauchte. Dick antwortete:
    „Wenn Ihr mit diesem schönen Ausdruck Euren Vater meint, so will ich Euch sagen, daß dieser schon vor uns auf dem Weg zu den Navajos ist. Nicht wahr, Pitt Holbers, altes Coon?“
    „Ja, lieber Dick“, nickte dieser, „wenn er vor uns ist, kann er nicht hinter uns sein.“
    „Well, wenn das so ist, so bin ich einstweilen zufriedengestellt“, erklärte Fletcher. „Hoffentlich gehen uns die … Utes in die Falle; dann aber sollen sie …“
    Es folgte wieder eine Flut von Verwünschungen, die nicht wiederzugeben ist, und er knüpfte daran die Erzählung einiger Erlebnisse, aus denen mehr als zur Genüge hervorging, daß die beiden Fletchers gewohnt waren, jeden Indianer als ein Wesen zu betrachten, welches ‚ausgelöscht‘ werden müsse. Wie viele rote Männer mochten sie auf ihrem Gewissen haben!
    Weil wir den Vorsprung, den wir vor unsern Verfolgern hatten, möglichst verringern wollten, blieben wir volle vier Stunden am Sitsu-to beisammen; dann fuhr Winnetou mit seinen sieben Männern wieder ab. Wir anderen sorgten dafür, daß die Pa-Utes bei ihrer Ankunft schon von weitem sehen konnten, daß das Floß hier angelegt hatte und auch von uns Reitern da Rast gehalten worden war; dann verließen auch wir den Ort, nachdem wir selbstverständlich Old Cursing-Dry aus seinem Versteck geholt hatten. Wir nahmen ihm unterwegs den Knebel wieder ab, und wenn er es auch nicht wagte, uns selbst zu verlästern, so bekamen wir doch fast unausgesetzt Ausdrücke von ihm zu hören, wie ich sie noch aus keinem Mund vernommen hatte. Besonders beschwor er wieder und immer wieder, daß er nicht Mörder der beiden Pa-Utes sei.
    Unsere Richtung führte uns oft an den Fluß und wieder von ihm ab, bis wir am Spätnachmittage seinem Ufer endgültig zu folgen hatten. Hinter uns lag eine weite, felsige Ebene, links der Strom, und vor uns stiegen allmählich Höhen auf, welche weit vorn senkrechte Wände bildeten, zwischen denen der Rio San Juan verschwand. Das war der Cañon, in dem wir die Pa-Utes fangen wollten. Ob sie aber hineingehen würden, das war die Frage.
    Um sie dazu zu bewegen, hatte ich mich mit dem Apachen verabredet, hier halten zu bleiben, bis sie uns sehen konnten; er wollte auf dem Floß dasselbe tun. Wir stiegen also ab und warteten. Es war kaum eine Viertelstunde vergangen, als wir einen Reiter am Fluß aufwärts kommen sahen. Es war ein Navajo, welcher uns meldete, daß seine Krieger angekommen seien und sich so aufgestellt hätten, wie es von Winnetou befohlen worden war. Dann entfernte er sich wieder, um Nitsas-Kar zu sagen, daß er uns getroffen habe.
    Kurze Zeit später sahen wir unser Floß kommen. Ich gab Winnetou den verabredeten Wink, worauf er am Ufer anlegte, um ebenso wie wir zu warten. Der Fluß bildete aufwärts eine schnurgerade Linie, und Winnetou konnte also das Kommen seiner Verfolger fast ebensoweit bemerken, wie wir die Ankunft der unserigen. Dick Hammerdull warf die Frage auf, ob die Pa-Utes sich überhaupt auf unsere Verfolgung gemacht hätten, da deutete Pitt Holbers in die Ferne und sagte:
    „Schau hinter dich, alter Dick; da wirst du sehen, daß Mr. Shatterhand jetzt wie gewöhnlich recht hat.“
    Ja, sie kamen! Ein großer Reitertrupp, wohl zweihundert Mann stark! Wir blieben noch immer halten. Als wir von ihnen auch gesehen wurden, hielten sie an. Da wurden unsere Augen nach dem Fluß abgelenkt, denn auf diesem waren weit oben vier, fünf Flöße zu bemerken. Winnetou sah sie auch und ruderte vom Ufer ab, um sich ihnen zu zeigen. Sie entdeckten ihn und steigerten sofort ihre Schnelligkeit, während zu gleicher Zeit der Reitertrupp sich hinter uns in rasche Bewegung setzte. Es hatte allen Anschein, als ob unser Plan gelingen sollte.
    Wir ritten weiter, und zwar so, daß wir mit Winnetou immer parallel blieben. Zuweilen hinter uns blickend, gewahrten wir nach einiger Zeit, daß die Reiter die Stelle erreichten, an welcher wir gehalten hatten, und von da aus ihre Flöße und auch das Floß Winnetous sahen. Hören konnten wir es nicht, aber die hoch erhobenen Arme belehrten uns, daß sie ein Triumphgeheul ausstießen.

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