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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von dem Augenblick des Übereinkommens an von keiner Seite ein Mißtrauen mehr vorhanden war.
    Die beiden Parteien lagerten einander nahe gegenüber. Für Pats avat war es äußerst schwierig, diejenigen seiner Krieger zu bestimmen, welche ihre Gewehre herzugeben hatten, und es dauerte fast bis Mitternacht, ehe sie gebracht wurden und er auch kam, um den Mörder ausgeliefert zu erhalten. Es versteht sich ganz von selbst, daß er auch alles den acht Weißen abgenommene Eigentum zurückzugeben hatte. Er brachte diese Sachen, auch die Pferde, gleichzeitig mit den Gewehren, und es stellte sich heraus, daß keiner der Gegenstände fehlte. Mit ihm war auch der Pa-Ute gekommen, welcher mit den beiden Ermordeten vorangeritten war und den fliehenden Mörder gesehen hatte.
    Natürlich mußte Old Cursing-Dry, ehe er ausgeliefert werden konnte, des Mordes überführt werden. Es wurde darum eine Jury zusammengesetzt, welche aus den beiden Häuptlingen, Winnetou, Dick Hammerdull und mir bestand.
    Fletcher war so isoliert gehalten worden, daß ihn sein Sohn bis jetzt noch nicht gesehen hatte; nun aber, als er gefesselt an unser Feuer gebracht wurde, sah der junge den alten und drängte sich wutschnaubend zu uns, um unter wilden Flüchen die Freiheit seines Vaters zu verlangen. Es gab einen Auftritt, den ich nicht beschreiben mag und dem man nur dadurch ein Ende bereiten konnte, daß Fletcher jun. auch gebunden wurde und einen Wächter bekam.
    Nun bildete sich ein weiter Kreis von Zuhörern um uns. Ehe das Verhör begann, welches Winnetou leitete, wurden dem Angeklagten nach altem Savannenbrauch die Fesseln abgenommen; an eine Flucht war ja nicht zu denken. Der Zeuge erkannte in ihm sofort denjenigen, den er hatte fliehen sehen, und als ihm hierauf Fletchers Pferd vorgeführt wurde, erklärte er mit aller Bestimmtheit, daß es dasjenige sei, auf welchem der Mörder gesessen habe. Der Beweis war erbracht. Als nun Fletcher das Wort zu seiner Verteidigung erhielt, konnte er nichts vorbringen als Flüche und Verwünschungen, welche in den bereits zweimal ausgesprochenen Worten endeten, daß er erblinden und zerschmettert sein wolle, wenn er der Mörder sei. Da er das Wort vor der Jury hatte, mußten wir ihn aussprechen lassen; es war aber kaum anzuhören. Dazu sein Aussehen! Sein Gesicht glich eher dem eines wütenden Tieres als einem menschlichen!
    Pats avat, der Bruder des Ermordeten, saß mir gegenüber. Er hatte sein Gewehr neben sich liegen; ein Messer, der Tomahawk und eine alte, doppelläufige Pistole steckten in seinem Gürtel, an welchem auch der lederne Pulverbeutel hing. Wahrscheinlich nur um etwas zu tun, wobei er seinen Grimm, seine Aufregung verbergen könne, zog er die Pistole und begann sie zu laden; ich achtete nicht darauf, denn meine Aufmerksamkeit war auf Old Cursing-Dry gerichtet, welcher grad jetzt seine letzte Lästerung hervorstieß. Hierauf wiederholte Winnetou die Punkte der Anklage; für die Verteidigung hat sich kein Punkt ergeben, und nun mußten wir das Urteil fällen. Als es einstimmig auf schuldig lautete, stand der Apache auf und sagte:
    „So hat also dieses gerechte Savannengericht erkannt, daß Old Cursing-Dry die beiden Krieger der Pa-Utes ermordet hat, und da wir versprochen haben, den Mörder auszuliefern, so sei er hiermit dem Häuptling der Pa-Utes übergeben, der mit ihm tun mag, was ihm gefällt. Howgh!“
    Da erhob sich auch Pats avat. Die Pistole in der linken Hand, streckte er die rechte nach dem Mörder aus und rief:
    „Dieses weiße Raubtier gehört von jetzt an mir. Er wird gleich jetzt an den Pfahl gebunden und so gemartert werden, daß er drei Tage und drei Nächte lang vor Schmerz brüllen soll, ohne sterben zu können, denn er hat nicht nur den Doppelmord begangen, sondern ist der Quäler und Mörder noch vieler anderer roten Männer. Howgh!“
    Fletcher stand kurze Zeit bewegungslos und starr; dann zischte er den Häuptling an:
    „Ich sterben? Am Marterpfahl? Obgleich ich erblinden will, wenn ich es gewesen bin? Roter … Hund! Gibt es keine Rettung mehr für mich, dann sollst du auch zum Teufel fahren! Paß auf!“
    Er entriß dem Häuptling die Pistole, richtete sie auf ihn und drückte ab; im nächsten Augenblick hielt er sie sich an die Schläfe und drückte wieder ab. Die beiden Schüsse ertönten fast wie einer so schnell hintereinander. Man sah kaum, daß der Häuptling beim ersten Schuß zur Seite sprang und beim zweiten die Hand nach der Pistole ausstreckte. Wir fuhren

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