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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Dann setzten sie ihre Pferde in Galopp; wir taten dasselbe. Der Fluß trat hier zwischen engere Ufer, wodurch seine Schnelligkeit so vermehrt wurde, daß Winnetou uns auch jetzt parallel bleiben konnte.
    Die Felsen stiegen höher und höher an und traten bald so nahe zusammen, daß zwischen ihnen und dem Wasser ein kaum fünf Meter breiter Weg blieb, der nach und nach sogar noch schmaler wurde. Der Eingang zum Cañon war da. Ein scharf forschender Blick zur Seite empor zeigte mir, daß die eine Abteilung der Navajos ihren Posten besetzt hielt. Es ging im Galopp weiter, immer zwischen himmelhoch scheinenden Felsenwänden neben dem Wasser hin, über Risse und Steinbrocken hinweg, in Dreivierteldunkelheit, bis es plötzlich wieder hell vor uns wurde, weil die natürlichen Mauern sich jäh abwärts senkten.
    Da legte sich uns ein Felsenwirrwarr in den Weg, hinter dessen Blöcken die Gestalten der andern Navajos-Abteilung auftauchten. Wir hielten an, um abzusteigen und unsere Pferde durch die engen Zwischenräume zu leiten. Der Häuptling selbst bewillkommnete uns, und ich übergab ihm den alten Fletcher mit der Weisung, ihn ja sehr scharf bewachen zu lassen. Gleich darauf ließ Winnetou sein Floß auf eine schiefe Ebene des Ufers treiben und kam mit seinen Leuten herbei zu uns. Das ging freilich viel schneller, als ich es erzählen kann, und da sahen wir auch schon hoch oben in der Röhre, welche der Cañon zu bilden schien, die Flöße und Reiter der Pa-Utes erscheinen; sie befanden sich in der Falle.
    Ich legte den weittragenden Bärentöter an und schoß zwei Pferde nieder. Die Schüsse donnerten zwischen den Felsenwänden wie Kanonenschüsse. Die Navajos sprangen aus ihren Verstecken hervor; auf allen Kanten, Riffen und Vorsprüngen waren sie zu sehen, die ihre Gewehre schußfertig hielten. Als das die Reiter der Pa-Utes bemerkten, parierten sie ihre Pferde und winkten ihren Leuten auf den Flößen zu, schnell an das Ufer anzulegen, was sofort geschah, obgleich es nicht leicht auszuführen war. Nun fielen auf beiden Seiten Schüsse, die bei uns keinen Schaden anrichteten. Die Feinde sahen ein, daß sie bei uns nicht durchkommen konnten, und wendeten sich zurück; als sie verschwunden waren, kamen die leeren Flöße an uns vorüber geschwommen. Nun warteten wir, doch nicht lange, da kamen die Utes wieder, doch ohne sich in die Schußweite an uns zu wagen. Sie waren von unserer oberen Abteilung abgewiesen worden und mußten einsehen, daß sie sich in unserer Gewalt befanden, denn während wir Raum hatten, uns auszubreiten, so daß jeder von uns schießen konnte, waren sie auf einem so schmalen Weg eingeengt, daß nur die Vordersten sich ihrer Gewehre bedienen durften, wenn verhütet werden sollte, daß einer den andern verletze. Und lange in dieser gefährlichen Enge eingeschlossen bleiben, vielleicht gar über Nacht? Daran zu denken wäre Blödsinn gewesen. Wir waren also überzeugt, nicht lange auf den Erfolg warten zu müssen.
    Dies zeigte sich als richtig, denn schon nach einiger Zeit kam einer von ihnen auf uns zugeschritten, der als Zeichen der Friedfertigkeit ein Tuch oder dergleichen in der Hand schwang. Wir ließen ihn herankommen und er sagte uns, daß sein Häuptling mit unserm Anführer sprechen wolle. Wir erteilten ihm den Bescheid, daß Pats avat zu uns kommen und volle Sicherheit seiner Person haben solle.
    Was wir erwartet hatten, das geschah: Der Häuptling der Pa-Utes schenkte unserm Versprechen Glauben und stellte sich bei uns ein. Die Verhandlung wurde in echt indianischer Langsamkeit geführt, so daß es darüber Abend wurde und ein Feuer angebrannt werden mußte. Der Häuptling der Navajos verlangte Frieden und fünfzig Gewehre; der Anführer der Pa-Utes wollte Frieden halten, aber keine Gewehre geben, denn es sei ihm sein Sohn und ein Krieger erschossen worden. Da legte sich Winnetou ins Mittel, und die Folge seiner Vorstellung war, daß Pats avat die Gewehre gab und den Mörder seines Sohnes ausgeliefert erhielt. Als dieses Einvernehmen erzielt war, wurde es von beiden Seiten mit dem Kalumet beraucht, und der Pa-Ute kehrte zu seinen Leuten zurück, um ihnen den Vertrag mitzuteilen. Daß er, der Angreifer, so gut weggekommen war, hatte er nur der Humanität Winnetous zu verdanken.
    Nun wurde ein Bote zu unserer oberen Abteilung gesandt, worauf alle Navajos sich vom Cañon nach dem hohen Ufer zogen; die Pa-Utes folgten ihnen. Dort wurde Lager gemacht, und es interessierte mich ganz besonders, daß

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