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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denkt.“
    „Ihr sucht jemand?“
    „Was man eigentlich unter Suchen versteht, nein; aber ich traf in Zeeland eine Familie, welche Verwandte in Transvaal besitzt, von denen seit langer Zeit keine Kunde in die Heimat gedrungen ist, und wurde gebeten, mich gelegentlich nach denselben zu erkundigen.“
    „Wie heißen diese Verwandten hier?“
    „Van Helmers.“
    „Hm, ich habe Tausende von Boers unter meinem Kommando gehabt und kenne die meisten beim Namen; es waren einige Helmers unter ihnen. Könnt Ihr mir nicht vielleicht etwas Näheres angeben?“
    „Ich weiß nur, daß sie vor den Engländern über die Drachenberge in das Transvaal gestiegen sind.“
    „Und aus Zeeland stammen sie?“
    „Ja, wie ich bereits sagte, der Großoheim von ihnen ging nach dem Kap; es können von demselben also Kinder und Enkel vorhanden sein.“
    „Was war dieser Großoheim?“
    „Schiffer.“
    „Und hieß Lucas van Helmers?“
    „Allerdings“, rief ich überrascht, „Ihr kennt die Familie, Mynheer?“
    „Ich habe von diesem Lucas einiges gehört. Seine Verwandten – hm, er ist längst tot, und ich muß mich besinnen“, antwortete er mit einem eigentümlichen Zwinkern seines Auges.
    Sein ernstes Gesicht nahm einen leis-schelmischen Ausdruck an, der mich schließen ließ, daß er von den Betreffenden mehr wisse, als er mir sagen wollte. Was hatte er für Gründe zu dieser Zurückhaltung?
    Da plötzlich hielt er sein Pferd an, und auch ich parierte das meinige. Der aus Lagern grob geschichteten Sandsteines gebildete Boden war stellenweise von dunklen Massen eruptiven Gesteines unterbrochen; diese Felsenlager hinderten uns, weit zu sehen, doch dämpften sie den Schall nicht, welcher uns den Hufschlag eines uns schnell entgegenkommenden Pferdes zutrug.
    „Wer kommt?“ fragte er, das Roer von der Schulter nehmend.
    Auch ich hatte sofort mein Gewehr ergriffen, doch senkten wir beide zu gleicher Zeit die Waffen: ein leichtes Pony trabte um die Felsenecke, und auf ihm saß eine Mädchengestalt, deren Erscheinung auch unter andern Verhältnissen meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen hätte.
    Sie trug einen leichten, roten Rock, dessen Mieder gürtelartig nur die Hälfte der Taille umschloß; über die eine Schulter war nach der andern Hüfte herüber ein Wildkatzenfell geschlungen, und das lockige, tief schwarze Haar quoll in dichter Fülle unter einem aus bunten Federn hergestellten Mützchen hervor. Arme und Füße waren bloß, und die dunkle Farbe derselben ließ in der Reiterin ein Kaffernmädchen vermuten. Ein Blick in das Gesicht machte diese Vermutung zur Gewißheit, wenn auch die Bildung desselben nicht die scharfe Prägung zeigte, welche man bei Individuen gewöhnlichen Schlages beobachtet.
    Als sie uns erblickte, riß sie die Zügel an sich und legte die kleine Hand an den Messergriff, welcher unter dem Katzenfell hervorsah, doch ging ihre Besorgnis schnell in ein Lächeln über, und sichtlich freudig überrascht rief sie:
    „Kees Uys! Ihr wollt zu uns?“
    „Ja, mein Mietje (Mariechen). Ist die Mutter daheim?“
    „Ja.“
    „Und Jan?“
    „Nein. Er sucht einen Leoparden.“
    „Und du? Wo willst du hin, Mädchen?“
    „Hinüber zu Nachbar Zelmst. Ich habe Eile. Mutter ist krank, und Zelmst soll ihr helfen.“
    „Kind, du kommst vor nachts nicht hinüber, und der Weg ist gefährlich.“
    Sie lächelte leichthin.
    „Ich fürchte mich nicht, Baas Uys, das wißt Ihr ja, und Mutter ist diesmal so schlimm, daß der Nachbar kommen muß.“
    „Ist Nachbar Zelmst ein Arzt?“ fragte ich.
    „Er ist ein Boer, der einiges von den Kräutern versteht“, antwortete mir Kees Uys.
    „So kann Mietje wieder umkehren; ich werde der Mutter zu helfen versuchen.“
    Das Mädchen blickte erfreut zu mir herüber.
    „So seid Ihr ein Offizier von der Gezondheid?“ fragte sie.
    „Ich bin auch Arzt und habe meine Reiseapotheke bei mir“, antwortete ich.
    „Das ist ja ein außerordentlich glücklicher Umstand, Mynheer“, meinte Uys. „Kehr um, Mietje, und sei froh, denn ich weiß die Zeit gar nicht mehr, seit welcher hier in den Randbergen ein Arzt gesehen wurde. Kommt, Mynheer, wir wollen etwas scharf zureiten! Ihr müßt nämlich wissen, daß Mietje es nicht liebt, ihr Pony zu langweilen!“
    Wir ließen nun die Pferde ausgreifen, und ich bemerkte bald, daß Mietje ihr Tier ausgezeichnet zu behandeln verstand. Ein ungewöhnliches Interesse erwachte in mir für die fremdartige Reiterin. Wie kam die Kafferin zu dem

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