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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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christlichen Namen Marie? Wie zu dem beinahe verwandtschaftlichen Verhältnisse zu dem berühmten Boersführer? Ihrem vorteilhaften Äußeren nach mußte sie einem ausgezeichneten Stamm angehören; vielleicht war sie eine Amatomba oder eine Lagoanerin. Wer war die kranke Mutter? Das Mädchen sah nicht aus, als ob es eine kaffrarische Erziehung genossen habe.
    Diese Gedanken und Betrachtungen wurden durch eine hinter uns rufende Stimme unterbrochen. Ich wandte mich um. Hart an den Hufen unserer Pferde trabte der dicke Brabanter, doch ohne Reiter. Der letztere lag eine kleine Strecke weiter zurück, streckte Arme und Beine kerzengrad in die Luft und schrie aus Leibeskräften:
    „Mynheer, halt – Mynheer, wart'! Oh, oh – au, oh! Quimbo hab' nicht mehr Pferd, und Pferd hab' nicht mehr Quimbo! Oh, au! Pferd lauf, und Quimbo kann nicht mehr lauf und nicht mehr reit'; Quimbo hab' nicht mehr Arm und nicht mehr Bein, Quimbo lieg' an der Erd und bin tot!“
    Ich mußte lachen, und auch Kees Uys stimmte ein. Das Mädchen aber kehrte zu dem verunglückten Stammverwandten zurück, warf sich vom Pony und bog sich zu ihm nieder.
    „Du heißest Quimbo? Hast du dir Schaden getan?“ fragte sie ihn.
    „Ja, Quimbo heiß' Quimbo; aber nicht Quimbo hab' Quimbo Schaden getan, sondern Pferd hab' Schaden getan Quimbo.“
    „Was tut dir weh? Wo schmerzt es dich? Im Rücken?“
    „Nur Rücken soll schmerz' Quimbo? Oh, oh, der ganz' Quimbo tu' Quimbo weh. Quimbo bin nicht mehr am Leben; Quimbo bin tot!“
    Auch ich stieg vom Pferd, um zu sehen, ob er sich Schaden getan habe; ich konnte trotz der sorgfältigsten Untersuchung nicht das geringste finden, und dennoch verweigerte er, sich zu erheben. Er brüllte unter meiner forschenden Hand und versicherte ohne Aufhören, daß er vollständig tot sei. Da stieg auch Uys ab und zog sein Messer hervor.
    „Quimbo ist wirklich tot“, meinte er gelassen. „Und wenn Ihr es nicht glaubt, Mynheer, so werde ich es Euch beweisen. Ich schneide ihn auf, und dann könnt Ihr hineinsehen, ob er noch Leben hat.“
    Er bog sich nieder, faßte den Kaffer bei der Kehle und setzte das Messer an; im nächsten Augenblick war Quimbo aufgesprungen und schlug einen fürchterlichen Salto mortale zur Seite hinüber.
    „Oh, nicht schneid' Quimbo! Quimbo bin wirklich tot, aber Quimbo kann doch wieder reit' auf Pferd!“
    „So steig auf, und nimm dich in acht, daß du nicht wieder herabfällst!“
    Der von den Toten Erstandene suchte die Gegenstände zusammen, welche ihm entfallen waren, und kletterte wieder auf das Pferd.
    „Reit' Mynheer wieder schnell?“ fragte er ängstlich.
    Ich nickte.
    „Oh, dann bind' Quimbo fest“, bat er; „sonst werd' Quimbo zweimal tot!“
    „Dann schneide ich dich wirklich auf!“ versicherte Uys mit drohender Miene und stieg ebenso wie ich und Mietje wieder auf. „Übrigens ist unser Weg kein weiter mehr. In einer halben Stunde haben wir unser Ziel erreicht, und dann, Mynheer, könnt Ihr ja zeigen, daß Ihr ein wenig mehr versteht als Nachbar Zelmst, der Kräutersucher.“ – – –
    Nach einem halbstündigen Ritt hielten wir vor einem Tal, welches sich in einer Breite von wohl anderthalb englischen Meilen zwischen zwei Höhen hinzog, die zu den westlichen Ausläufern des Randgebirges gehörten. Ein breiter Bach schlängelte sich längs seiner Sohle von einer Seite zur andern und bildete die Ursache der üppigen Vegetation, durch welche sich dieser verborgene Winkel der Vorberge vor den Strecken auszeichnete, welche ich während der letzten Tage durchstreift hatte. Überall erblickte das Auge weidende Rinder, Schafe und Ziegen. Ein ausgedehntes Gehöft, umgeben von einem baumreichen Garten, an den sich unmittelbar reichbestandene Getreidefelder schlossen, lag inmitten des Tals.
    „Da sind wir!“ sprach Kees Uys. „Wie gefällt Euch dieser Platz?“
    „Besser als mancher andere, den ich bisher gesehen habe. Wie heißt der Besitzer desselben?“
    „Es ist Neef Jan, ein ganzer Junge, sage ich Euch. Nach einem wackeren Afrikander, als er ist, könnt Ihr lange suchen, obgleich er erst zweiundzwanzig Jahre zählt. Schade, daß er sich auf der Leopardenjagd befindet, die ihn stets einige Tage vom Haus hält, sonst könntet Ihr ihn persönlich kennenlernen.“
    Er nannte ihn bloß Neef Jan, ohne seinen Familiennamen zu sagen. Die holländische Sitte, daß, auch ohne in Blutsverwandtschaft miteinander zu stehen, ältere Bekannte jüngere mit Neef anreden und von diesen mit

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