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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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jetzt zusammen. Ich heiße Kees (Abkürzung von Cornelius) Uys.“
    Ich blickte ihn höchst überrascht an, denn diese Bekanntschaft war eine sehr ehrenvolle für mich. Das also war der Sohn des berühmten Boernführers, welcher im Verein mit Potpieter und Pretorius die berühmte Schlacht bei Pieter-Maritzburg gegen die Kaffern gewonnen hatte! Ich konnte meine Freude nicht zurückhalten und nannte ihm auch meinen Namen, der ihm allerdings ein vollständig unbekannter sein mußte.
    „Ihr könnt es mir glauben, Mynheer Uys“, versicherte ich ihm, „daß mir nichts Lieberes passieren konnte, als dieses Zusammentreffen mit Euch!“
    „Ihr habt von mir wohl in der Kapstadt gehört?“
    „Viel, aber bereits vorher in der Heimat.“
    „So kennt man uns auch dort?“ fragte er mit einem leichten Anflug von Stolz in den treuen, ehrlichen Zügen.
    „Gewiß!“
    „Und wie spricht man dort? Mit wem hält man es? Mit uns oder den Engländern?“
    „Ich bin kein Politikus, Mynheer, aber ich kann Euch aufrichtig sagen, daß Ihr unserer Sympathie vollständig sicher seid. Ich bin während meiner weiten Reisen vielfältig mit den Söhnen Englands zusammengetroffen und habe da manche Freundschaft geschlossen, welche wohl für das ganze Leben andauern wird; doch hier muß man den einzelnen vom Ganzen wohl unterscheiden. Ich habe kein persönliches Interesse an den hiesigen Verhältnissen, doch gestehe ich, daß ich ohne Zaudern zur Büchse greifen würde, wenn Ihr, so lange ich an Eurer Seite bin, derselben gegen einen Eurer Feinde bedürftet.“
    Er reichte mir noch einmal die Hand herüber.
    „Ich danke Euch, Mynheer! Ich werde wohl nicht in der Lage sein, diese Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, aber es tut wohl, so freundliche Worte von einem Mann zu hören, welcher aus der Ferne betrachtet hat und also wohl ein richtigeres Urteil besitzt als derjenige, welcher die Verhältnisse vom Standpunkte seines Vorteiles aus ansieht.“
    Er ritt in sich versunken neben mir. Dann richtete er sich plötzlich auf und meinte:
    „Ich will Euch einmal ein großes weltgeschichtliches Gesetz sagen, auf welches mich das eigene Grübeln und Sinnen gebracht hat. Es heißt: die Seeherrschaft – und also auch die Herrschaft über die Kolonien – geht der Küste entlang. Blickt in die Geschichte zurück, so werdet Ihr finden, daß ich vielleicht recht habe. Phönizien, Griechenland, Rom, Karthago, Spanien, Portugal, auch vorher Venedig und Genua, die Barbareskenstaaten nur nebenbei erwähnt, Frankreich, Niederland – England lösten einander in der Seeherrschaft ab. Habe ich nicht recht?“
    „Ich kann nicht bestreiten, daß ich dieses Gesetz, mit einigen Motivierungen natürlich, beinahe anerkennen möchte.“
    „Denkt darüber nach, und Ihr werdet gleicher Meinung mit mir werden! Holland hat der See mehr abgerungen als jedes andere Land, aber daß es sich diesem Gesetz auch zu fügen hat, ist bereits längst entschieden – England hat ihm die Herrschaft abgerungen; in Europa, in Indien, hier am Kap. Und nun ist unser Schicksal leicht zu erkennen: wir kämpfen hier für die mit unserem Blut errungenen Güter, aber sie werden uns endlich doch genommen werden. England wird das Kap beherrschen, vorher aber werden wir uns verteidigen und sterben, wie die Männer und Helden. Die Taten, welche hier geschehen, werden nicht besungen, ja wohl kaum besprochen werden, denn sie werden in zu weiter Ferne von der Heimat geschehen; aber unsere Söhne und Enkel werden, wenn man sie vertreibt, immer weiter nach dem Norden gehen und unser Andenken bewahren, bis sie selbst dem Geschick erliegen, welches wir erlitten. Jedes irdische Geschöpf hat eine Berechtigung, zu sein und zu leben; jede Pflanze, jedes Tier, jeder Mensch, jedes Volk und jede Nation darf nach der eigentümlichen Weise, die ihm gegeben ist, sich entwickeln, damit am Baum der Menschheit verschiedene Blüten treiben und verschiedene Früchte reifen, je nach dem Boden, dem sie entstammen, und dem Himmel, der sich darüber breitet. Verdrängt ein Volk das andere von seinem Boden, begibt es sich unter den Himmel eines anderen, um es zu vertilgen, so hat es selbst seine ursprünglichen Wurzeln verloren und kann sich nicht von neuem in die Erde gründen; die Sonne brennt ihm in der Fremde zu heiß, oder es wehen ihm die Winde zu kühl – es erkrankt, es ermattet, es unterliegt; es muß den Tod der Vertriebenen mit seinem eigenen Leben bezahlen. Dies geschieht so wahr, als jede

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