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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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brauchte, wußte ich, daß jetzt keiner der Kaffern mehr am Leben sei.
    Eine einzige Minute hatte hingereicht, die Situation vollständig umzudrehen. Die Kluft füllte sich mit den Boers, und nun wurde mit den Engländern das getan, was sie mit uns hatten vornehmen wollen: sie wurden, da sie sich trotz aller Erfolglosigkeit zu wehren versuchten, gebunden. Für den Rest der Nacht nahmen wir an ihrer Stelle an dem Feuer Platz.
    Da wir jetzt sicher wußten, daß der Transport noch nicht angekommen sei, war ein Ausspähen unnötig. Als der Morgen graute, legten wir die Leichen zusammen und bedeckten sie mit Strauchwerk und Steinen, und da wir vom Ausgang der Schlucht den ganzen Westen überblicken konnten, so beschlossen wir, hier zu bleiben, und ließen unsere Pferde von der andern Seite des Berges herüberkommen.
    Es war Somi anzusehen, daß er mit dieser Anordnung nichts weniger als zufrieden war; er mochte eine Entdeckung seines Geheimnisses befürchten, doch waren die Boers zu sehr mit ihren kriegerischen Angelegenheiten beschäftigt, als daß sie sich besonders mit geologischen Betrachtungen hätten befassen können. Der Häuptling benutzte die jetzige Muße, mir Kräuter für meine Wunde zu suchen, und wirklich blieb ich in der Folge von jedem Fieber frei, und die tiefen Krallenrisse heilten wider Erwarten schnell und gut.
    Quimbo hatte schon während unseres Marsches durch sein gedrücktes, einsilbiges Wesen meine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Als er jetzt still in meiner Nähe saß, fragte ich ihn, was ihm fehle.
    „Quimbo bin traurig“, antwortete er. „Quimbo werd' nicht mehr lach' und sing'.“
    „Warum?“
    „Quimbo bin bös, bin zornig auf Jan, sehr viel groß' Rach' und Zorn!“
    „Was hat dir denn der gute Jan getan?“
    „Jan gut? Oh, oh, Mynheer, Jan bin schlecht, bin schlimm! Jan nehm' Quimbo Mietje; Quimbo hör' all', was Somi sag' und was Jan sag'. Mietje bin Tochter von Somi und werd' nicht Frau von Quimbo, sondern Frau von bös' schlecht' Jan. Oh, oh!“
    Er fuhr sich zornig mit allen zehn Fingern in die Frisur. Als er aber deren verwüsteten Zustand fühlte, erhielt sein Gedankengang eine neue Richtung.
    „Mietje nicht will sein Frau von Quimbo, weil Quimbo nicht mehr bin schön! Strauß hab' nehm' Quimbo schön' Haar, aber Jan hat doch noch viel mehr nicht schön Haar. Oh, oh, Haar von Quimbo wachs' wieder, und dann wein' Mietje, daß nicht worden ist Frau von Quimbo. Und dann lach' Quimbo aus Mietje und nehm' ein ander gut' schön' Frau!“
    Ich mußte ihn seinen tragikomischen Rachegedanken überlassen, da meine Aufmerksamkeit auf einen dunklen Punkt gelenkt wurde, welcher draußen auf der Ebene sichtbar zu werden begann. Ich stieg etwas höher empor und nahm mein Doppelglas zur Hand. Mit Hilfe desselben gewahrte ich eine lange Schlange von Reitern und Wagen; welche sich dem Berg näherten. Die durch mich aufmerksam gemachten Boers ließen das Glas von Hand zu Hand gehen und erkannten den erwarteten Transport. Eine kurze Beratung führte zu dem Ergebnis, daß wir unsichtbar bleiben wollten, bis die Karawane sich einen Halteplatz ausgesucht habe.
    Wir begaben uns in die Schlucht zurück und beobachteten den Zug von hier aus im Verborgenen. Er näherte sich höchst langsam, da die sehr schwerfälligen Karren mit Ochsen bespannt waren, die übrigens von der langen und beschwerlichen Reise sehr angegriffen zu sein schienen.
    Erst gegen Mittag erreichten die Erwarteten den Fuß des Berges und zogen, ohne eine besondere Deckung zu suchen, mit den Wagen einen Kreis, innerhalb dessen die Reiter und Ochsentreiber Platz nahmen.
    „Jetzt ist's Zeit!“ meinte Jan. „Wir reiten hinab, brechen in die Wagenburg ein und schießen alles nieder!“
    Ich wehrte ab.
    „Dann liefen wir Gefahr, uns in die Luft zu sprengen; wie leicht könnte sich das Pulver während des Kampfes durch einen Schuß entzünden! Es ist eine große Unvorsichtigkeit von diesen Leuten, sich so in die Nähe der gefährlichen Wagen zu lagern. Um dies zu tun, muß sicher jede Art von Feuer und natürlich auch das Tabakrauchen bei ihnen verboten sein. Übrigens könnten wir zu Pferd wohl schwerlich in die Wagenburg eindringen, und dann dürften wir nur die Messer gebrauchen!“
    Da drängte sich Quimbo durch die Boers zu mir heran.
    „Mynheer nicht weiß, wie mach', aber Quimbo weiß!“
    „Nun?“
    „Quimbo geh zu Reiter und sag', Quimbo bin Zulu; dann bring Reiter zu Boers!“
    „Das geht nicht,

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