Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Pferde; sie gehörten jedenfalls den Engländern, weil ja die Kaffern den Marsch zu Fuß gemacht hatten. Wir hätten den Überfall sofort unternehmen können, aber einerseits sträubte sich unser Gefühl, einen schlafenden Feind zu töten, und andererseits gelüstete es uns, den selbstgefälligen Briten zu einem kleinen Dementi zu verhelfen.
    Sowohl sie als auch die Kaffern hatten sich zur Ruhe gelegt und sich dabei so sicher gefühlt, daß nicht einmal eine Wache ausgestellt worden war. Wir schritten auf der Sohle der Kluft dem Feuer zu. Einer der Zulus erhob sich und stieß einen lauten Ruf aus, worauf sich die andern sofort emporrichteten und zu den Waffen griffen. Die Engländer hatten sich etwas abseits von den Kaffern gelagert. Ich trat zu ihnen und grüßte.
    „Good evening, Lieutenant Klintok! Darf man Euch ein wenig stören?“
    Auch er hatte zu der Büchse gegriffen und stand in einer Haltung vor mir, der man die Ungewißheit anmerkte, ob er uns als Freunde oder Feinde behandeln solle.
    „Ihr kennt mich? Wer seid Ihr? Wo kommt Ihr her, und was wollt Ihr hier?“
    „Das ist fast zu viel auf einmal gefragt, Sir! Ich komme, um Euch von einem gewissen Sir Gilbert Grey zu grüßen.“
    „Von Grey?“ fragte er schnell. „Wo ist er?“
    „Er ist Gefangener der Boers und befindet sich in guten Händen.“
    „Gefangen? Und Ihr kommt von ihm? So gehört Ihr zu den Holländern?“
    „Ein wenig, Sir; ich selbst hatte ja das Vergnügen, mich seiner Person zu bemächtigen.“
    Sofort stellte er sich mit den beiden andern so, daß uns der Rückweg abgeschnitten war.
    „Dann nehme ich euch gefangen!“
    „Dagegen haben wir nicht das geringste, denn so können wir am leichtesten sehen, auf welch ehrenhafte Weise von Euch der Vertrag gehalten wird, die Kaffern nicht mit Waffen zu unterstützen.“
    Er horchte auf.
    „Ihr faselt“, antwortete er. „Legt eure Gewehre ab!“
    „Das können wir tun, wenn es Euch Vergnügen macht!“ Ich legte meine Büchse, die ich wegen meiner Verwundung doch nur schwer gebrauchen konnte, zur Erde. Jan und Somi taten das gleiche. „Ihr macht uns dafür vielleicht das Vergnügen, Euch nach der Groote-Kloof begleiten und die Boers in der Mausefalle sehen zu können!“
    „Ihr habt gehorcht!“ rief er drohend, indem er einen Schritt näher trat.
    „Natürlich! Wir mußten doch wissen, wer die Leute sind, denen wir unsern Besuch machen wollten. Ich hatte Euch etwas zu bringen und wollte sehen, ob ich den Adressaten richtig gefunden hätte.“
    „Was?“
    „Diese drei Papiere, die wir bei Eurem Sir Gilbert Grey gefunden haben.“
    Ich griff in die Tasche und reichte sie ihm entgegen.
    „Ihr habt sie gelesen?“
    „Allerdings. Die Abfassung des Briefes ist nicht sehr geistreich. Will vielleicht der Verfasser Patent auf seine Erfindung nehmen?“
    „Schweigt, Mann! Ich sehe noch Messer und Pistole bei Euch. Legt vollends ab!“
    „Auch das tun wir vielleicht; doch erlaubt vorher, Euch meine Begleiter vorzustellen! Dieser junge Mynheer, der beinahe noch einmal so lang ist als Ihr, wird von uns der Boer van het Roer genannt, und –“
    „Jan van Helmers!“ rief er erstaunt.
    „Ja, mit dem Ihr wenig Federlesens machen wollt. Und dieser Mann hier ist nicht so sicher verschollen, wie Euer Keulenstück verschwunden ist. Sein Name lautet Somi.“
    „Somi!“
    „Ja, der neue Zulukönig, wenn Ihr es erlaubt!“
    Der Lieutenant schien vollständig verblüfft zu sein. Er konnte sich jedenfalls die unbesorgte Art und Weise, in welcher wir drei inmitten eines so übermächtigen Feindes erschienen, nicht erklären. Doch faßte er sich bald und befahl den Kaffern:
    „Bindet sie!“
    „Oho, Sir Mac Klintok! Ihr seid gewiß noch sehr unerfahren, sonst könntet Ihr Euch leicht denken, daß wir nicht ohne den nötigen Schutz an Eurem Feuer erscheinen!“
    Ich wollte ihn fassen, trotzdem ich nur den einen Arm schmerzlos gebrauchen konnte, kam aber zu spät, denn Jan ergriff noch vor mir zugleich ihn und seinen Kameraden bei der Brust, legte sie mit unwiderstehlicher Gewalt nebeneinander zur Erde und preßte ihnen mit seinen gewaltigen Fäusten die Lungen so zusammen, daß sie sich nicht zu rühren vermochten. In demselben Augenblick hatte auch Somi den dritten niedergerissen, und von oben krachten wie in einem einzigen Schuß alle Büchsen, daß das Echo von den benachbarten Höhen donnernd wiederhallte. Im nächsten Moment erfolgte eine nochmalige Salve, und ohne daß ich mich umzusehen

Weitere Kostenlose Bücher