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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Untersuchung der Wagen ging. Es waren ihrer fünfzehn, jeder von acht starken Ochsen gezogen. Sie enthielten außer allerdings veralteten Gewehren einen großen Vorrat an Blei, Pulver und Patronen.
    Wir mußten den müden Zugtieren Ruhe gewähren; sie wurden getränkt und geweidet, und während dieser Zeit berieten wir über das, was nun geschehen sollte. Nach dem, was ich von den Engländern erlauscht hatte, schien es nicht geraten, den Kerspaß zu ersteigen; der Transport mußte seinen Weg über den Kleipaß nehmen. Ferner schien es notwendig, das Boersheer jenseits des Gebirges so schleunig wie möglich über den heimtückischen Plan der Feinde in Kenntnis zu setzen, und so wurde beschlossen, daß einige von uns voranreiten sollten, dies zu tun. Man wählte Jan, Uys und mich; die beiden ersteren, weil Uys mit seinem Adjutanten die Führung der Boers übernehmen sollte, und mich, weil ich aufrichtig erklärte, daß mir nichts verhaßter sei, als ein langsames Reiten à la Ochsenschritt.
    Wir brachen sofort auf. Quimbo blieb natürlich bei mir. Er hatte als Belohnung seines Mutes und seiner Umsicht eine Flinte erhalten und ritt nun so stolz hinter uns her wie ein Knappe des Mittelalters, der für seine Tapferkeit zum Ritter geschlagen wurde.
    Ich hatte die Pässe des nordamerikanischen Felsengebirges und diejenigen der Cordilleren kennen gelernt; der Kleipaß konnte sich ihnen an Wildheit der Szenerie vollständig zur Seite stellen. Zwischen steilen, himmelanstrebenden Felsen ritten wir bald bergauf, bald steil bergab, und ich mußte gestehen, daß dieser beschwerliche Ritt mich infolge meiner Verwundung mehr angriff, als es sonst der Fall gewesen wäre.
    Wir hatten die Höhe des Gebirges erreicht, ohne ein feindliches Wesen zu bemerken, hielten uns aber bei jeder Krümmung des Weges auf einen Angriff gefaßt.
    „Werden wir stark genug sein, einen Posten zu bewältigen?“ fragte ich.
    „Je nach Umständen“, antwortete Uys. „Hier muß nicht nur die Zahl der Feinde, sondern auch das Terrain berücksichtigt werden.“
    „Feinde gibt es hier“, sagte Jan leise, indem er sein Pferd anhielt und nach einem dunklen Gegenstande zeigte, welcher an einer Felsenecke, um die sich der Weg scharf bog, am Boden lag. „Bleibt halten! Ich werde rekognoszieren.“
    Er stieg vom Pferd und schritt nach der Ecke, um den Gegenstand zu betrachten. Dann bog er den Kopf vor, um hinter die Kante zu blicken. Eine Gebärde der Überraschung sagte mir, daß er etwas Auffälliges bemerke, dann winkte er uns zu sich heran. Als wir näher kamen, erkannten wir in dem Gegenstand einen Karoß. Jedenfalls hatte hier eine Wache gestanden und in der Hitze den Mantel abgelegt.
    Hinter der Felsenkante wurde der enge Pfad breiter und bildete zwischen der senkrecht ansteigenden Steinwand rechts und dem zu einer schwarzen Tiefe abfallenden Abgrund links eine Art Rondell, in dessen Mitte zwölf Zulus Platz genommen hatten. Ihnen war jedenfalls die Bewachung dieses wichtigen Postens anvertraut, der selbst von einer so geringen Zahl gegen ein ganzes Heer verteidigt werden konnte, da der Pfad zu beiden Seiten um eine scharfe Felsenkante führte, welche nur einem einzigen Mann Raum bot, auf den Platz zu kommen. Nun hatte gewiß auch an jeder Kante ein Posten gestanden, wie ja der Pelzmantel deutlich bewies; aber den beiden Männern war wohl die Zeit zu lang geworden, und so hatten sie sich zu den andern begeben, um sich mit ihnen zu unterhalten.
    Jan stieg wieder auf sein Pferd.
    „Ich reite voran und sprenge mitten zwischen ihnen hindurch bis zur andern Ecke; Ihr bleibt hier zurück, um keinen fliehen zu lassen, und Mynheer Uys folgt mir mit Quimbo!“
    Ich nickte, stieg ab und nahm mein Gewehr zur Hand, welches ich trotz meiner Wunde regieren konnte, weil ich, mich niederkniend, es auf einem kleinen Vorstein der Kante zu legen vermochte. Kaum hatte ich diese Stellung eingenommen, so sprengten die drei Männer vorwärts: Jan mitten unter die Kaffern hinein, wodurch er gleich einige von ihnen kampfunfähig machte. Uys hielt kurz vor ihnen und feuerte zweimal; der tapfere Quimbo tat dasselbe; meine Schüsse krachten, und diejenigen Jans folgten ihnen; einige Kolbenschläge vollendeten das Werk: wir waren Herren des Platzes.
    Die Leichen wurden in den Abgrund geworfen; dann setzten wir unseren Weg fort. Wir waren ihm wohl kaum eine Stunde lang gefolgt, so wurden wir durch einen Ruf Quimbos, welcher es sich nicht nehmen ließ, voranzureiten, aufmerksam

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