302 - Wo der Wahnsinn regiert
selbst aus dem Barbarendorf geholt, wenn sie bereit waren, so weit zu gehen? Gab es diese Abkommen mit den verschiedenen Barbarenclans der Umgebung und den umliegenden Dörfern tatsächlich? Bei dem Versuch, das Lügengeflecht des falschen Königs zu durchdringen, bekam er Kopfschmerzen. Er konnte nicht erschließen, was Wahrheit und was Lüge war.
Stefaan zwang ihn, den Panzer bis zum Schloss hinaufzufahren. Matt befürchtete, der Panzer könnte kippen oder die steile Steigung samt der engen Kurve nicht bewältigen, doch PROTO rollte tapfer über das löchrige Pflaster und zerdrückte dabei links und rechts die Botanik der Böschung. Die Barrikade wurde zur Seite geschafft und nach wenigen Minuten konnten sie den wie ausgestorben wirkenden Weg zum Tor befahren. Auch der Schlosshof wirkte verlassen.
Matt sah zu Xij, die nach Einnahme einer weiteren Pille inzwischen wieder ein bisschen besser aussah und zumindest nicht mehr zitterte. Hana war noch immer ohne Bewusstsein; der Schlag mit dem Kampfstock hatte sie schwer erwischt. Hoffentlich trug sie keine Gehirnerschütterung davon.
Matt presste die Zähne aufeinander. In der Gewalt dieser Verbrecher zu sein war schlimm genug, aber PROTO durfte Rudowigu nicht in die Hände fallen. Der Panzer war ein zu großer Machtfaktor, besonders in den Händen eines skrupellosen Mörders.
Als sie PROTO verließen, verriegelte Matt den Zugang manuell, ehe seine Feinde ihn daran hindern könnte. Es gab ein dumpfes Geräusch. Die Einstiege waren nun durch einen Code verschlossen, den nur er kannte.
»Hey!« Stefaan nahm das Lasergewehr hoch. »Hände weg!«
Matt wich zurück und konnte sich ein grimmiges Lächeln nicht verkneifen. Der Panzer war versiegelt. Ohne seine Hilfe würde ihn niemand öffnen können. Das verschaffte ihm immerhin ein Druckmittel.
Er sah sich erstaunt um, als mehrere Türen sich öffneten und eine kleine Armee auf den Schlosshof strömte.
Xij hob eine Augenbraue. »Ein solcher Empfang wäre doch nicht nötig gewesen«, sagte sie mit schwacher Stimme.
Matt fragte sich, ob die Bewaffneten sich generell im Hintergrund hielten, wenn Neuankömmlinge eintrafen, um die wahre Stärke Swaansteins geheim zu halten.
»Nein!«, hallte ein Schrei über den Innenhof. Hana war erwacht und wehrte sich dagegen, von zwei Männern über den Platz getragen zu werden, kam aber nicht gegen die beiden an. Ihre Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden. »Ich will nicht zu ihm zurück!« Hana schluchzte. »Er ist ein Monster! Ein Monster!« Wie Stefaan sprach sie sehr gut Deutsch.
Matts mieses Gefühl wurde noch stärker, als sie in den Thronsaal gebracht wurden. Rudowigu erhob sich von seinem Sitz und klatschte vor Freude in die Hände, als er ihrer ansichtig wurde. Sein Blick richtete sich auf Hana und er sagte etwas auf Japanisch.
»Piig!«, schrie Hana. »Elende Wisaau! Du hast es unterschrieben! Du durftest mich nicht aus dem Dorf entführen!«
Der König antwortete, und Matt konnte sich denken, was er sagte: Nicht er habe sie geholt, sondern zwei Fremde: Matt und Xij.
Xij legte den Kopf schief. »Ich lasse mich nicht gern als Handlanger bezeichnen«, merkte sie an.
»Reden Sie gefälligst so, dass ich es verstehen kann!«, forderte Matt ungehalten. Er hatte genug von den ganzen Versteckspielen und wollte endlich wissen, was hier ablief.
Der König zögerte. »Habt ihr die Kugel eingesetzt?«, fragte er in gebrochenem Deutsch. Seine japanische Muttersprache sorgte für einen starken Akzent. Er konnte weder das ›l‹ noch das ›w‹ aussprechen.
Matt schüttelte den Kopf. »Nein.«
Der König ließ sich wieder auf seinen Thron sinken. Die Swaans fixierten die Gruppe vor den Thronstufen und schienen nur auf einen Befehl ihres Herren zu warten.
»Das ist bedauerlich«, seufzte Rudowigu. »Sehr bedauerlich. Diese Barbaren hätten eine Lektion verdient gehabt.«
Matt spürte tiefe Verachtung und legte sie auch in seine Antwort. »Aus einer Lektion lernt man. Aber wie sollen Tote lernen?«
»Tote?« Der König sah ihn unschuldig an.
»Spielen Sie nicht den Unwissenden«, fuhr Matt ihn an. »Sie haben uns tödliche Viren mitgegeben, die das ganze Dorf ausrotten sollten!«
Hana schluchzte auf und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Rudowigus Züge dagegen schienen einzufrieren. »Wie kannst du das wissen?«
Matt schwieg und starrte ihn nur an.
Xij schnippte mit den Fingern und sofort richteten sich weitere Waffen auf sie. Insgesamt standen acht Männer um
Weitere Kostenlose Bücher