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303 - Tod einer Königin

303 - Tod einer Königin

Titel: 303 - Tod einer Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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das Gefühl zu wachsen. »Fortan darf er den Titel ›Zweiter Kriegsmeister‹ führen!« Der Erste Kriegsmeister Zlatkuk nahm die schwere Pranke von Prankoz’ Schulter, ergriff seine Rechte und drückte sie. »Gratuliere!«
    Obwohl der Händedruck des Ersten Kriegsmeisters gefürchtet war, verzog Prankoz keine Miene, konnte sogar sein stolzes Lächeln aufrechterhalten, brachte sogar ein »Danke« heraus.
    Mit einer Kopfbewegung deutete Zlatkuk auf den in einem Jagdnetz eingeschnürten Gefangenen zwischen sich und den Rottenmeistern. Der dickliche Mann war bewusstlos. »Allerdings frage ich mich, warum du den da nicht erschlagen hast.«
    »Weil ich mich Zweifel plagten, ob ich wirklich einen normalen Kerl totmache, wenn ich ihn erschlage.«
    »Hä?« Der Erste Kriegsmeister runzelte die Stirn und rümpfte die Nase. »Kapiert das einer hier?«, wandte er sich an die Rottenmeister. »Was soll er denn sonst sein als ein ganz gewöhnlicher Kerl?«
    »Vielleicht ein Gesandter Orguudoos.« Prankoz hatte die Stimme gesenkt. In einer Geste der Ratlosigkeit hob er die Schultern.
    Zlatkuks misstrauische Miene glättete sich, er feixte schon wieder. »Hört euch den an!« Er boxte Prankoz gegen die Brust, dass der frischgebackene Zweite Kriegsmeister Mühe hatte, standfest zu bleiben. »Kaum darf er sich ›Kriegsmeister‹ nennen, schon macht er übermütige Witze. Also raus mit der Sprache – warum lebt er noch?«
    »Er hat die dreifache Menge Pfeilgift abbekommen, die wir verwenden, um einen Wisaau-Eber zu töten«, erklärte Prankoz, »und das inzwischen zweimal.«
    Der Erste Kriegsmeister riss die Augen auf. »Ist das dein Ernst?«
    »Und nicht nur das.« Prankoz zog seinen Dolch aus dem Gurt, ging zu dem Bewusstlosen im Jagdnetz und beugte sich über ihn. Mit einer knappen, kräftige Bewegung hieb er ihm die Messerklinge zwei Fingerbreit tief in die Außenseite des Oberschenkels. Kein Blut floss aus der Wunde, dafür stieg Dampf aus ihr auf.
    Die Rottenmeister und der Erste Kriegsmeister traten erschreckt zurück. »Zur Feuerhölle mit dir!«, zischte Zlatkuk. »Ein Dämon? Sieht eher aus wie ein vollgefressener Weiberhändler. Warum schleppst du ihn zu uns in die Ringfestung? Als hätten wir nicht schon genug Schwierigkeiten!«
    »Hätte ich ihn liegen lassen, wäre er bald zu sich gekommen und hätte uns verfolgt und seine Gefährtinnen befreit«, sagte Prankoz. »Hätte ich ihn getötet, hätte Orguudoo mir vielleicht zehn Rächer auf den Hals geschickt. Er wäre also so oder so hier aufgetaucht. Da dachte ich, nimm ihn mit und lass den Ersten Kriegsmeister in dieser Sache eine Entscheidung treffen. Der hat einen größeren Kopf als du, der ist schlau.«
    Zlatkuk schaute süß-säuerlich aus dem roten Mantel, den er über seiner Fischlederkluft trug. Sein Haar war sehr lockig und sehr weiß, seine Augen standen extrem weit auseinander, was ihm das Aussehen eines fetten Koalabären verlieh.
    »Nicht schlecht, was du dir manchmal so zusammen denkst«, sagte er missmutig. Er schlurfte zu dem Gefangenen und begann ihn zu umkreisen. »Wirklich nicht schlecht.« Der im Netz eingeschnürte Kerl zuckte, die Stichwunde an seinem Oberschenkel schloss sich schon wieder. Noch immer war kein Blut zu sehen.
    Nach vier Runden blieb der Erste Kriegsmeister stehen und sah sich nach den Rottenmeistern um. »Wann ist der Izeekepir zuletzt gefüttert worden?«
    »Gestern«, sagte einer der Krieger. »Mit dem Weib, das im Kindbett gestorben ist.«
    »Also gut.« Der Erste Kriegsmeister rieb sich das Kinn und beäugte das Netz mit dem Gefangenen. »Sperrt diesen ulkigen Kerl in einen Käfig mit starkem Eisen, bringt ihn ins Kellergewölbe der Ringfestung und stellt ihn neben der Arena ab. In drei Tagen, wenn der Izeekepir wieder vor Heißhunger brüllt, lasst den Käfig in die Arena hinunter und öffnet den Verschlag. Dann werden wir ja sehen, wer oder was dieser Kerl ist und ob Orguudoo ihm beisteht.«
    ***
    Nach der Ratsversammlung lag Aruula wach und grübelte. Wie ein Schwarm Kolks über einem Stück Aas schwirrten ihr Gedanken, Bilder und Empfindungen durch das aufgewühlte Hirn.
    Mal kreisten ihre Gedanken um die Berufung zur Königin, mal um Maddrax. Mal sah sie den Leichnam Lusaanas sich in den Flammen krümmen, mal hörte sie die empörten Stimmen der Ältesten. Von einer Seite warf sie sich auf die andere und bereute, an Bord der Karavelle gegangen zu sein, die sie hierher gebracht hatte, verfluchte sogar den Tag, an dem sie

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