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303 - Tod einer Königin

303 - Tod einer Königin

Titel: 303 - Tod einer Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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und nach legten sich Rufe, Stimmengewirr und Getuschel. »Ich frage euch: Ist irgendeine unter euch hier, die Bedenken gegen die Berufung Aruulas zur Königin des Volkes der Dreizehn Inseln hat?«
    Aruula starrte auf die Steinplatten zwischen ihren Knien. Keine aus der Menge der Kriegerinnen meldete sich. In ihrer Brust aber sträubte sich alles.
    »Du hast gehört, was die Große Ratsversammlung der Kriegerinnen beschlossen hat«, erklärte Juneeda, und aller Augen richteten sich auf Aruula. »Sie beruft dich zur Nachfolgerin Lusaanas. Du sollst künftig unsere Königin sein!«
    Stille. Keinen Fingerbreit hob Aruula den Blick, bewegte keine Hand, blieb stumm.
    »Warum schweigst du, Aruula?«, fragte Juneeda. »Alle hier warten auf dein Wort. Nimmst du die Berufung an?«
    Aruula hob den Kopf, stand auf, blickte nach allen Seiten und richtete schließlich das Wort an die Priesterin. »Ich kann sie nicht annehmen.« Getuschel erhob sich wieder, überall erstaunte Blicke, hier und da auch entrüstete. »Du weißt, dass ich meine Heimat und mein Volk liebe, Juneeda.« Aruula wandte sich an die anderen. »Und ihr alle wisst, dass ich bereit bin, mein Leben für euch zu geben. Ich habe es oft genug bewiesen. Doch eure Königin sein?« Sie schüttelte den Kopf. »Viel zu oft zieht es mich hinaus in die Ferne, viel zu oft locken mich eigene Pläne. Wie könnte ich den Rest meiner Tage einzig und allein auf den Inseln und eingebunden in die Pflichten einer Königin verbringen?« Sie machte eine Geste der Ratlosigkeit. »Dazu kommt, dass ich erst vor wenigen Tagen meinen...« Sie unterbrach sich, suchte nach Worten, schluckte und fuhr fort: »… dass ich meinen Liebesgefährten Maddrax verloren habe.«
    Schrecken stand plötzlich in vielen Gesichtern. »Maddrax ist tot?«, entfuhr es einer jungen Kriegerin.
    »Nein.« Aruula ließ sich wieder auf dem Kissen nieder und kreuzte die Beine. »Oder doch – für mich. Für mich ist er gestorben.« Sie senkte wieder den Blick und schwieg.
    Erneut herrschte eine Zeitlang Stille, betretene diesmal und von häufigem Getuschel und Geräusper unterbrochen. Schließlich erhob eine der alten Kriegerinnen zu Juneedas Linken die Stimme. »Das ist nicht das, was ich hören wollte, bei Wudan!«, empörte sie sich. »Wir berufen eine Königin und die ziert sich? Unmöglich!«
    Beifälliges Gemurmel wurde laut. »Wen die Kriegerinnen zu ihrer Königin berufen, hat dem Ruf Folge zu leisten«, erklärte Dykestraa.
    Das Gemurmel schwoll zu einem Chor von Rufern an, die gleicher Meinung waren. »Ich will nichts wissen von eigenen Plänen und Zweifeln!«, polterte die Greisin zur Linken der Priesterin. »Die Ratsversammlung der Kriegerinnen beruft, und die berufene Kriegerin sagt ›ja‹ und sonst gar nichts!«
    »So war es schon zu Zeiten der Erzmütter!«, rief eine andere, und so ging es fort. Dutzende meldeten sich zu Wort – die einen tadelten Aruula hart wegen ihrer Weigerung, die anderen baten und flehten. Aruula hatte das Gefühl zu schrumpfen.
    Nach einer Weile, als die erste Verblüffung und die erste Empörung sich gelegt hatten, stand Juneeda, die Priesterin, wieder auf. »Jede andere hätte weit strengeren Tadel ertragen müssen, Aruula. Es gibt kaum eine Entschuldigung für deine Zurückweisung des Ratswillens. Wir wollen deine unbedachten Worte jedoch deiner Demut zurechnen und deinem Schmerz über die Trennung von Maddrax. An der Milde allerdings, mit der man dir hier deinen Eigensinn nachsieht, lies um Wudans willen ab, wie einhellig und wie dringend wir dich als unsere Königin ausrufen wollen. Also noch einmal: Nimmst du die Berufung an?«
    Zweihundert Augenpaare hefteten sich an Aruulas Gesicht. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie räusperte sich, atmete tief durch. »Eure Entschlossenheit, ausgerechnet mich zur Königin zu machen, ehrt mich«, sagte sie endlich. »Und sie überwältigt mich. Darum seid bitte nachsichtig, wenn ich um ein paar Tage Bedenkzeit bitte.«
    ***
    »Drei Weiber!« Der Erste Kriegsmeister verzog seine wulstigen Lippen zu einem Feixen. »Und keinen Mann verloren!« Er legte Prankoz die schwere Pranke auf die Schulter und wandte sich an die, die hinter ihm standen – sieben Rottenmeister. »Alle mal herhören!«
    Der Erste Kriegsmeister war drei Köpfe größer als Prankoz und mindestens doppelt so schwer. Er hieß Zlatkuk und hatte sechs Finger an jeder Hand.
    »Hiermit ernenne ich den Rottenmeister Prankoz zu meinem Stellvertreter!« Prankoz hatte

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