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303 - Tod einer Königin

303 - Tod einer Königin

Titel: 303 - Tod einer Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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vor sich her. »Und wirklich – in dem, was er tut, kann Rulfan manchmal ziemlich hart sein. Oder sagen wir lieber: hartnäckig. Er verfolgt sein Ziel, bis er es erreicht hat. Aber nicht stur, sondern auf kluge und sehr besonnene Weise. Doch er kann sich tief einfühlen, tiefer als manche Frauen. Ich habe ihn oft lachen sehen, doch ich sah ihn auch weinen.«
    Sie stieg ins Boot, legte das Schwert ab, setzte sich auf die Ruderbank und griff sich die Ruderblätter. Die Holme hängte sie in die Dollen. Dann begann sie zu rudern. »Bis bald, Juefaan! Pass auf dich auf!«
    »Und du denke nicht zu viel nach!«, rief er. »Man bekommt nicht oft die Gelegenheit, eine Königin zu werden!«
    Seine altkluge Art amüsierte sie. »Ich werde es mir zu Herzen nehmen.« Sie musste lachen.
    Das Boot glitt durch die Brandung. Juefaan blieb stehen und sah ihr nach. Als sie gerade noch in Rufweite war, formte er die Hände zu einem Trichter und rief: »Wirst du mich eines Tages zu meinem Vater bringen?«
    »Das werde ich tun, Juefaan!«, rief Aruula.
    »Versprich es mir!«
    »Ich verspreche es!«
    Er rief ihr noch irgendetwas zu, doch Aruula konnte ihn nicht mehr verstehen. Irgendwann gab er es auf, nahm die Hände vom Mund und winkte nur noch.
    Mit kräftigen Zügen trieb Aruula das Boot auf das Meer hinaus; Juefaans Gestalt verschwamm mehr und mehr mit der felsigen Bucht.
    ***
    Grao’sil’aana stand am hinteren Ende seines Käfigs und hielt sich am oberen Gitter fest. Längst hatte er aufgegeben, seine Gestalt verändern zu wollen. Es gelang ihm nicht, er war zu schwach, Punkt.
    Der Izeekepir steckte seinen Schädel in die Käfigzelle, riss den Rachen auf, brüllte und fauchte. Ein Hauch von Fäulnis wehte Grao’sil’aana an. Es war ihm egal. Etwas in ihm hatte aufgegeben, und diese ungewohnte Resignation lähmte nicht nur seinen Willen, sondern auch seinen Körper. Doch was sollte er dagegen tun?
    Die Bestie versuchte eine Zeitlang, sich zu ihm in den Käfig zu zwängen, doch der war zu eng für ihren massigen Leib. Schließlich fuhr sie die Krallen der ausgestreckten Pranke aus und schlug nach ihrer Beute. Auch das ließ Grao’sil’aana eigenartig kalt; so kalt, dass er sich ernsthafte Sorgen um seine Zukunft zu machen begann. Geriet seine Existenz nun doch an ihr Ende? Jetzt, wo er schon geglaubt hatte, eine Nische in der Welt der Primärrassenvertreter gefunden zu haben? Er dachte an seine Gattungsgenossen, die diese Welt mit dem Wandler verlassen hatten.
    Der Izeekepir brüllte, schlug von innen und außen gegen das Käfiggitter, streckte wieder und wieder seine Pranke nach der reglos wartenden Beute aus. Der Gitterkasten erzitterte, schwankte einmal sogar bedenklich hin und her. Grao’sil’aana alias Hermon hatte Mühe, sich festzuhalten.
    Merkwürdig gleichgültig kam der Daa’mure in Menschengestalt sich vor. Eine Folge der Erschöpfung womöglich? Das Gift, die heftigen Eindrücke, die aufgewühlten Empfindungen – ja, vor allem die. Selten hatte er in so kurzer Zeit so viel auf einmal gefühlt: Sorge um Bahafaa, Angst um Evaluuna, Ekel vor den Jägern, Empörung über ihre Grausamkeit.
    Zu viele Gefühle für ein Wesen, dem starke Gefühle fremd waren und das die Welt nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit zu betrachten pflegte.
    Und dann die bösen Nachrichten von den Dreizehn Inseln – die Königin der Kriegerinnen war tot und die neue Herrscherin hieß Aruula. Auch das berührte ihn eigenartig heftig, der Name der neuen Königin fast noch mehr als der Tod alten. Warum nur? Er konnte es sich nicht erklären.
    Warum auch immer: Er musste damit aufhören! Grao versuchte den Gestank und das Gebrüll der Bestie zu ignorieren und dabei so intensiv wie nur möglich an sein Volk zu denken, an seinen Heimatplaneten Daa’mur und an die Glutseen und Vulkane dort. Das tat ihm gut, das fachte seinen Lebenswillen neu an...
    Tiefer zwängte sich die Bestie in den Käfigkasten hinein, streckte gierig die Pranke aus. In Gedanken tat Grao’sil’aana etwas, das er lange nicht getan hatte: Er rief seinen Gott an, Sol’daa’muran, und schloss mit dem Leben ab.
    Eine Kralle des Izeekepirs bohrte sich in Hermons Hose, die wie dessen ganze Kleidung aus den winzigen Schuppen seiner Echsenhaut nur nachgebildet war. Ehe Grao recht wusste, was er tat, packte der Daa’mure die Pranke des Izeekepirs und hielt sie fest.
    Verwundert betrachtete er seine eigene, zupackende rechte Hand im schmutzigweißen Fell und seinen eigenen Arm,

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