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303 - Tod einer Königin

303 - Tod einer Königin

Titel: 303 - Tod einer Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Königin Waleena starb an jenem Tag, Lusaanas Mutter. Und Aruulas Kindheit fand ein jähes Ende.
    Fast dreißig Winter war das her und der Tod war ihr ständiger Begleiter seitdem. Und ging nicht auch jetzt wieder etwas zu Ende? Sollte es wieder hier geschehen, am Strand und in den Ruinen von Kalskroona, dass ein neuer Lebensabschnitt für sie begann?
    Bald rauschte die Brandung aus dem Dunst, kurz darauf erkannte sie die Konturen der nahen Dünen, und schließlich berührte ihr Ruderblatt den Grund. Sie sprang ins Wasser, packte den Bootsrand, watete durch die Brandung an Land und zog das Boot hinter sich her an den Strand.
    Wieder rissen die Dunstschwaden auf und die Sonne schickte großzügige Strahlenbündel an den Strand. Aruula fasste ihr Schwert an der Klinge und stemmte es dem Licht entgegen. Der Kristall im Griff leuchtete auf.
    Damals war sie ein Kind gewesen, damals konnte sie eine solche Klinge kaum eine Handbreite weit vom Boden hochheben. Heute war sie eine erfahrene Kriegerin und seit langem gewohnt, das Schwert zu führen; und sie führte es wie kaum eine Zweite.
    »Ich werde kämpfen, Wudan«, flüsterte sie. »Was immer diese Tage auch an Neuem und Bedrohlichem bringen werden – ich werde kämpfen.«
    Sie schob das Schwert in die Rückenkralle, lud sich den Felltornister und die Decken auf die Schultern und machte sich auf den Weg in die Ruinenstadt.
    Verblasste Traumbilder zogen durch ihr Bewusstsein: zwei Flüsse, zwei Brücken, eine Mauer und die greise Göttersprecherin. Aruula hatte nicht wirklich ein Ziel; vage Empfindungen lenkten ihre Schritte über die Dünen und danach zur Südwestseite des Ruinenwaldes. Selten erschien ihr Wudans Auge im Traum, doch wenn die greise Göttersprecherin auftauchte, war es noch nie Zufall gewesen und hatte noch jedes Mal Folgen gehabt.
    Je weiter die Küste hinter Aruula zurückblieb, desto mehr lichtete sich der Dunst. Bald strahlte die Mittagssonne über ihr am Himmel. Ihr schönes Licht flirrte in den Laubkronen der uralten Baumriesen, die hier zwischen den Ruinen der zerfallenen Steinhütten wuchsen und sie stellenweise wie ein grünes, rauschendes Dach bedeckten. Aruula stieg über farnbewachsene Steinhalden, wanderte an von Kletterpflanzen überwucherten Fassaden vorbei und sprang über moosbedeckte Mauerreste.
    Sie ging den Weg, den sie damals als kleines Mädchen hatte gehen müssen, gefesselt, verwaist und verzweifelt. Und bald stand sie am Rand einer kleinen Lichtung, die von Wänden aus wuchernden Brabeelenhecken, Efeuranken und Haselnussbüschen eingefriedet war. Hier hatten damals die Menschenräuber ihr Lager aufgeschlagen, hier hatten die Mörder ihrer Mutter und ihrer Königin sie in einem dunklen Zelt gefangen gehalten, bevor sie ihre unstete Wanderung fortgesetzt hatten.
    Irgendwann war Aruula verkauft worden, an den Häuptling Sorban, der eine Lauscherin für seine Horde suchte. Wie alle Frauen der Dreizehn Inseln verfügte auch Aruula über diese Gabe, und so wechselte sie den Besitzer.
    Damit begann ihr langer Weg quer durch Euree, über den Kalten Sund, durch Ruinenstädte und Wälder und am Großen Fluss entlang bis ins Eisgebirge tief im Süden; der lange Weg zu Maddrax.
    Bitterkeit stieg in ihr hoch. Mehr noch als Bitterkeit: Hass.
    Sie spürte es und erschrak: War es denn möglich, jemanden zu hassen, den man derart geliebt hatte? Ja , dachte sie bei sich selbst, wenn der Geliebte einen so schroff zurückweist und von sich stößt, wie Maddrax es mit mir getan hat, dann kann Liebe sich in Hass verwandeln.
    Aruula wandte sich ab. Nein, hier wollte sie nicht bleiben! Sie wanderte weiter.
    Zwei Stunden später, schon tief im Zentrum des Ruinenwaldes, entdeckte sie auf einer Mauerkrone eine menschliche Gestalt – eine Kriegerin. Haltung, Gestik und der kräftige Körperbau kamen Aruula vertraut vor, und als sie sich der Mauer und der Frau näherte, erkannte sie Tumaara.
    Vor dem halb zerfallenen Gemäuer blieb sie stehen und blickte zu Tumaara hinauf. »Was tust du hier? Bist du allein?«
    »Komm hoch zu mir, Aruula!« Die andere deutete auf eine Halde seitlich der Mauer, wo sich ein Serpentinenweg durch das Gestrüpp zur Kuppe der überwucherten Trümmerhalde wand. »Ich will dir etwas zeigen!«
    Aruula stieg zu ihr hinauf. Aus Tumaaras ausweichender Antwort schloss sie, dass sich noch weitere Kriegerinnen hier in der Ruinenstadt aufhielten. Jagten sie? Suchten sie nach den Verschollenen?
    Oben angekommen, ließ sie ihren Blick dem

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