303 - Tod einer Königin
Und eben jetzt packte sie den nächsten Jäger und riss ihm mit der Pranke erst die Kleider vom Leib und dann die Rückenhaut von den Knochen. Der Jäger schrie in höchster Not und Prankoz gefror das Blut in den Adern.
»Beeilt euch!«, blaffte er die anderen vier an, die noch hinter ihm die Stufen heraufstolperten. »Und verriegelt das Tor, wenn ihr draußen seid!«
Er spähte zum Kran. Orguudoos Gesandter beugte sich über das Weib. Wollte er es für sich allein? Gehörte es zu seinem Gefolge? Gleichgültig – diese Kreatur aus Orguudoos Feuerhölle verstand keinen Spaß und nahm es verflucht krumm, dass man ihn in die Arena hinuntergelassen hatte. Und wie sollte Prankoz ihm erklären, dass es ganz allein Zlatkuks Idee gewesen war, ihn zu testen?
Prankoz haderte mit Zlatkuk, weil der ihm den Auftrag erteilt hatte, die wahre Natur des Gefangenen zu ergründen. Fluchend fuhr er herum und stürmte durch das Tor aus dem Kellergewölbe. Er rannte, so schnell er konnte, überholte zwei seiner Jäger und folgte den anderen beiden in den ersten Innenhof.
Von fern hörte er schon das Heulen und Brüllen des Untiers. Was er nicht hörte, war das Schlagen der großen Kellertore, das Rasseln des Riegels. Stattdessen hallten Todesschreie aus dem äußeren Ringgebäude.
Es war den Jägern nicht gelungen, das Kellergewölbe zu verriegeln! Der Izeekepir drang in die obere Ebene der Ringfestung ein!
Alles Zlatkuks Schuld! Fast gönnte Prankoz dem Ersten Kriegsmeister die schmerzhafte Verletzung, die ihm das gefangene Weib beigebracht hatte.
Inmitten seiner Jäger rannte er auf das nächste Ringgebäude zu. In dessen Fassade öffnete sich eine Tür – und Zlatkuk schaukelte auf den Hof heraus. Er war sehr bleich und ging sehr breitbeinig. »Habt ihr dem Weib auch gründlich die Haut vom Leib geprügelt?«, fragte er. Eine Mischung aus Weinerlichkeit und Grimm verzerrte seine Züge.
Schlagartig erschlafften sie, und er verstummte und erstarrte. Prankoz fuhr herum. Der Izeekepir hinkte in den Innenhof. Den vom Kranhaken durchbohrten, blutigen Schädel warf er hin und her, als könne er so den Haken abschütteln.
»Bei Orguudoo«, flüsterte Zlatkuk. »Warum ist er hier...?« Und dann wollte überhaupt kein Wort mehr über seine Lippen kommen, denn hinter dem Izeekepir zeigte sich jetzt Orguudoos Dämon auf der Torschwelle.
»Ich hatte recht!«, zischte Prankoz und drängte sich am Ersten Kriegsmeister vorbei in das Ringgebäude. »Er ist ein Halbgott aus Orguudoos Feuerhölle. Hättest du mir doch geglaubt!«
Er ließ den Ersten Kriegsmeister stehen, winkte seine Jäger hinter sich her und rannte an Vorratskammern, Wakudaverschlägen und Reenaställen vorbei zu dem Kerker, in dem die gefangenen Weiber lagen. Sprach nicht alles dafür, dass dem Boten Orguudoos genauso viel an ihnen liegen musste wie an der Blonden? Dann würde er sie um jeden Preis retten wollen. Und sollte man das nicht ausnutzen? Prankoz zumindest war entschlossen dazu.
»Aufsperren!«, befahl er den Wächtern. Die wachhabenden Jäger entriegelten die Tür, Prankoz huschte in den Kerker. »Losbinden!« Apathisch und mit nur noch wenigen zerrissenen Kleidern an den geschundenen Leibern hingen die Gefangenen in ihren Fesseln. »Raus mit ihnen!«
Draußen, im Mittelgang des zweiten Gebäuderinges, rief der Erste Kriegsmeister um Hilfe, und von fern tönte schon das wütende Gebrüll des Izeekepirs. Die Jäger und Wächter banden die Frauen von den Wandringen los und schleppten sie aus dem Kerker. Alle drei waren sie kaum in der Lage, auf ihren eigenen Beinen zu stehen.
Prankoz rannte zum Mittelgang und spähte zurück: Der Erste Kriegsmeister humpelte breitbeinig heran. »Helft mir!«, schrie er und wandte immer wieder den Kopf. Nicht weit hinter ihm galoppierte das Untier – fauchend, brüllend und knurrend. »Helft mir, verflucht noch mal!« Zlatkuk kam nicht recht voran. Die schwere Quetschung, die ihm die Blonde zugefügt hatte, behinderte ihn.
Prankoz registrierte es mit einer gewissen Befriedigung, denn des Ersten Kriegsmeisters natürlicher Nachfolger würde selbstverständlich der Zweite Kriegsmeister sein. Vorausgesetzt, er selbst überlebte den Angriff des Izeekepirs und – was ihm weit schwieriger erschien – die Rache des Dämons.
»Giftpfeile!«, rief er. »Tödliche Dosis!« Er packte die Älteste der drei Frauen, hebelte ihr den Arm unter das Kinn und zog sie an sich wie einen Schild. Rückwärts näherte er sich mit ihr dem offenen
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