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303 - Tod einer Königin

303 - Tod einer Königin

Titel: 303 - Tod einer Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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ausgestreckten Arm Tumaaras folgen – ein großes Zelt ragte dreihundert Schritte entfernt auf einem von Trümmern freigeräumten Platz auf. Das Zelt war aus rot gefärbtem und mit gelben Zeichen verziertem Stoff.
    »Bei Wudan!«, entfuhr es Aruula. »Was für eine prachtvolle Behausung! Wer wohnt darin?«
    Tumaara sprang ins Gestrüpp auf der Trümmerhalde, lief auf deren anderer Seite die Serpentinen hinunter und winkte Aruula hinter sich her. Die folgte ihr, bis kaum noch ein halber Speerwurf sie von dem Prachtzelt trennte.
    Plötzlich traten drei Kriegerinnen und ein junger Mann aus einer Maueröffnung am Wegrand: Juneeda kam ihnen lächelnd entgegen. »Für dich, Aruula!«, sagte die Priesterin und deutete hinter sich auf das Zelt. »Wir haben dir eine Stätte errichten lassen, die deiner würdig ist. Darin magst du über deine Zukunft nachdenken – und über die deines Volkes, das dich zu seiner Königin berufen hat.«
    Aruula blieb stehen; ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, als sie begriff. »Ich habe mir Bedenkzeit erbeten!«, zischte sie. »Bedenkzeit, die ich allein verbringen wollte!«
    »Wir lassen dich bald allein, keine Sorge.« Die Priesterin lächelte noch immer. Aruula musste nicht lauschen , um ihre Gedanken zu erfahren, sie las sie in ihren schönen Zügen: Juneeda war überzeugt davon, dass Aruula und sonst niemand das Volk der Dreizehn Inseln künftig als Königin führen würde. »Noch heute verlassen wir Kalskroona, Aruula. Nur Orlaando lassen wir bei dir und deinem Zelt zurück.«
    Die Priesterin wandte sich nach dem Mann um, der zwischen den beiden Kriegerinnen hinter ihr stand, fasste ihn am Arm und zog ihn neben sich. Er war groß und gut gebaut, und er hatte höchstens fünfundzwanzig Winter gesehen. Sein blondes Haar war lang, seine blauen Augen leuchteten, seine vollen Lippen verzogen sich zu einem siegesgewissen Lächeln. Aruula erfasste sofort, dass er zu der Sorte von Kerlen gehörte, die keine Selbstzweifel kannten.
    »Orlaando hat mir gestanden, dass er dich seit langem bewundert.« Juneeda trat nahe zu Aruula und senkte die Stimme. »Und ich habe ihn gebeten dafür zu sorgen, dass dir die einsamen Nächte nicht gar zu lang werden.«
    Stumm sah Aruula ihrer Priesterin ins Gesicht. Sie wusste zunächst nicht, was sie sagen tun sollte. Juneedas plumpe Versuche, ihre Entscheidung zu beeinflussen, machten sie einfach nur sprachlos.
    »Komm mit mir, Aruula.« Juneeda griff nach Aruulas Hand. »Ich will dabei sein, wenn du das Zelt betrittst. Danach werden wir dich und Orlaando allein lassen.« Sie wollte Aruula mit sich ziehen. »Und sei nur ganz beruhigt – Orlaando wird dich nicht stören. Er weiß, wie er sich zu verhalten...«
    Aruula entzog Juneeda ihre Hand. Kalte Wut stieg in ihr hoch, doch sie wusste sich zu beherrschen, schließlich stand sie nicht irgendjemandem gegenüber, sondern der Priesterin der Dreizehn Inseln.
    »Ich bin eine freie Kriegerin, Juneeda«, sagte sie mit gepresster und dennoch vor Zorn bebender Stimme. »Und ich werde frei entscheiden, ob ich Königin werde oder nicht! Dazu brauche ich weder ein Prachtzelt noch einen Liebhaber.«
    Grußlos machte sie kehrt und lief zwischen die Ruinen.
    ***
    Keinen seiner Jäger konnte Prankoz noch einmal dazu bringen, sich mit Lanze und Bogen dem verletzten Untier zu stellen – brüllend und in großen Sprüngen tobte es entlang der Eisenbrüstung auf sie zu. Orguudoos Dämon hatte das Seil mit dem Kranhaken gekappt, der Izeekepir war frei. Und weil er weder ihn noch das Weib erwischen konnte, ging er auf Prankoz und die Jäger los.
    Prankoz gab es auf, auf seine Leute einzudreschen und nach ihnen zu treten. Er machte kehrt und rannte hinter den schnellsten seiner Männer her zur Wendeltreppe; das Gros der anderen folgte. Was hätte es auch für einen Sinn gehabt, gegen eine rasende Bestie zu kämpfen, die nur ein gezielter Pfeilschuss oder Lanzenstoß durch das Auge und tief genug ins Hirn hinein hätte töten können? Die dicke Haut unter ihrem Fell war praktisch undurchdringbar.
    Vier seiner Jäger hasteten vor dem Zweiten Kriegsmeister durch das Tor, das aus dem Kellergewölbe hinauf in die untere Ebene der Ringfestung führte. Auf der letzten Treppenstufe blieb Prankoz stehen und sah zurück.
    Die Bestie sprang bereits die unteren Treppenstufen herauf und hatte schon einen seiner Jäger erwischt. Die Spitze des Krankhakens ragte ihr aus dem blutigen Schnauzenfell, Blut und Schleim troffen ihr aus den Lefzen.

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