304 - Allein gegen alle
Hydritin tat, was er verlangte. Ihr Blick wurde für einen Augenblick starr, als sie in die Fülle der Bilder und Informationen eintauchte, die das bionetische Mosaikmaterial abgab.
»Gilam’esh’gad!«, keuchte sie schließlich. »Sie sind beide in Gilam’esh’gad.«
Ohne Vorwarnung drosch Matt ihr den Schockstab auf den Schädel. Bewusstlos sank die Hydritin zu Boden. Eine Platzwunde blühte auf ihrer Stirn auf.
»Wehe, du hast mich angelogen!«, klackte er leise und schwamm zum Ausgang.
Er wusste, dass die geheime Stadt der Hydriten an der tiefsten Stelle des Marianengrabens lag. Zu tief für jedes Tauchboot aus irdischer Produktion. Was er nun auf jeden Fall brauchte, war eine Transportqualle.
Wenn sich diese Stadt nicht grundlegend von anderen unterschied, waren immer genügend der bionetischen Transportmittel als Rettungsboote am höchsten Punkt des Kuppeldachs geparkt. Aber so einfach, hinzuschwimmen und sich eine zu nehmen, würde man es ihm nicht machen. Als er aufsah, wurde er gewahr, dass sich eine Phalanx aus fünf Wachhydriten im Halbkreis über ihm aufgebaut hatte.
Na endlich! Gegenwehr!
Er checkte noch einmal den Schockstab, dann fixierte er seinen ersten Gegner.
Es sollte nicht bei dem einen bleiben.
Weniger als fünf Minuten später lenkte er die erbeutete Transportqualle durch einen Nebel blutigen Wassers, vorbei an den zerfetzten Körpern von zwei Dutzend toten Hydriten.
Keine Gnade!, dachte Gustavo. Es tat gut, zurück zu sein...
***
Es kam Xij zwar etwas zynisch vor zu sagen, sie habe geschlafen wie eine Tote, aber das kam der Wahrheit doch ziemlich nahe.
Nach den Untersuchungen durch die Ärzte der Grotta Gigante und der notwendigen Sedierung, damit sie die Lungenendoskopie hatten durchführen können, war sie völlig entkräftet weggedöst und erst wieder erwacht, als man sie aus dem Schlaf rüttelte.
Für einen Moment wusste sie nicht, wo sie war, dann sah sie über sich gebeugt das gerötete Gesicht einer Frau, das von wilden schwarzen Locken umgeben war, und erinnerte sich.
»Vanna«, murmelte sie schlaftrunken. »Was ist denn los? Gibt es schon Frühstück?«
Die Meeresbiologin bedachte sie mit einem lauernden Blick. »Wo ist Matthew Drax?«, fragte sie kühl.
Xij richtete sich auf und streckte sich. »Woher soll ich das wissen? Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, saß er noch im Amphibienpanzer und ließ sich von dir anschmachten... Prinzessin .«
Ein bisschen Spott hatte sie schon verdient. Wer so offensichtlich flirtete, und das auch noch mit einem Mann, an dem Xij grundsätzlich ein gewisses Interesse hatte, musste damit rechnen, den einen oder anderen Spruch von ihr gesteckt zu bekommen.
Außerdem war sie immer noch müde, hungrig und hatte sowieso schlechte Laune. Bevor sie eingeschlafen war, hatte man ihr noch die Ergebnisse ihrer Untersuchung mitgeteilt – was nicht dazu beigetragen hatte, ihre Laune zu heben.
»Er ist verschwunden.« Vanna verzog keine Miene. Wenn sie Xijs Stichelei registriert hatte, dann überging sie sie. »Er hätte vor dreißig Minuten zu einem Treffen in der Ratskuppel sein sollen, ist aber nicht erschienen. Vielleicht weißt du, was er vorhat; immerhin wollte er vorher bei dir vorbeischauen.«
»Ich habe geschlafen«, murmelte Xij, nun auch besorgt. »Ist er denn nicht irgendwo in der Grotta?«
Vanna lachte kurz und humorlos auf. »Wie der Name schon sagt: Die GrottaGigante ist ziemlich groß. Inzwischen suchen schon zahlreiche Leute nach ihm, bislang ohne Ergebnis.«
Matt sollte sich abgesetzt haben, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen? Das passte nun eher zu Xij selbst; bei dem überaus korrekten Matthew Drax war es eher ungewöhnlich. »Habt ihr schon im Panzer nachgesehen?«
»Wir haben geklopft und gerufen, aber niemand hat reagiert. Hinein können wir nicht ohne den Code.«
»Ich kenne ihn.« Xij schwang die Beine über den Bettrand. »Gib mir meine Kleider, dann sehe ich nach.«
Zehn Minuten später war es Gewissheit: Auch an Bord von PROTO befand sich der Mann aus der Vergangenheit nicht. Nach und nach meldeten sich die Suchtrupps per Funkgerät. Es gab keine Spur von Matt Drax – bis jemand das Fehlen des Kampfanzugs bemerkte. Dafür lag die Kleidung des Fremden neben dem jetzt leeren Sockel.
Vanna wurde erst bleich und lief dann rot an, als sie es erfuhr. Dann rückte sie mit der Sprache heraus: dass sie Matt den Tauchanzug gezeigt hatte und wie interessiert er daran gewesen war. Nie hätte sie damit
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