305 - Nach Millionen von Jahren
kreisförmigen Platz.
Matt erinnerte sich, dass die Platten des Areals geborsten waren, doch inzwischen hatte man sie durch schimmernde Perlmuttflächen ersetzt. Noch bei seinem letzten Besuch hatten gravitätisch wiegende Unterwasserwälder die Fläche beherrscht. Nun war der Platz nahezu leer und erinnerte bei der Annäherung der Qualle von oben an einen Flugplatz, auf dem sie landen konnten.
Scharen von Silberfischen huschten auseinander, als sie über der Fläche vor dem Hauptgebäude hielten und ausstiegen.
Matt betrachtete die Gebäude, die zum Kraftwerk gehörten. Als er damals die Stadt aus dem Dunkel geholt hatte, waren die bionetischen Bauten von einem Wald aus Blaualgen überwuchert gewesen. Dazu kamen ganze Schilfteppiche, die weite Teile der Sektion bedeckten.
Inzwischen bot sich ihm ein anderes Bild. Während er bislang nur ein einziges Gebäude gekannt hatte – das Nebengebäude mit dem Notschalter – entdeckte er nun weitere Bereiche der Anlage. Teils mussten sie unter Sand und Sediment gelegen haben. Bläuliche Außenhüllen leuchteten im Licht neu angebrachter Mikroben.
»Es hat sich einiges verändert, seitdem ich das letzte Mal hier war«, sagte Matt zu Quart’ol.
Der Scheitelkamm seines Freundes schwoll stolz an. »Wir haben viel Arbeit und Zeit investiert.«
Gemeinsam schwammen sie auf eine Eingangsröhre zu, die zum Hauptgebäude der Anlage führte. Während Quart’ol eine Stromsperre deaktivierte, die allzu neugierige Fische vorm Einschwimmen hindern sollte, sah Matt sich weiter um. Der exotische Bau ließ ihn an den Mars denken und für einen Augenblick wanderten seine Gedanken zu Chandra und seinen Freunden auf dem roten Planeten. Trotzdem blieb er wachsam. Obwohl große Teile des unterseeischen Waldes entfernt worden waren, gab es noch immer Gefahren, die ganz in der Nähe lauern konnten.
Quart’ol führte ihn zu einem kugelförmigen Raum, in dem mehrere Überwachungsgeräte standen. Interessiert betrachtete Matt die bionetischen Sichtschirme. Er erkannte gleich mehrere Fehlermeldungen.
Gilam’esh saß in einer Art Sessel an der größten Konsole. »Ich verstehe es einfach nicht«, klackte er leise und wie zu sich selbst. »Noch vor wenigen Zyklen war alles im grünen Bereich. Es ist, als ob jemand an den Geräten herumgespielt hätte.«
Matt schwamm näher. »Wäre das denn möglich?«
Der Hydree sah auf und nickte ihm und Quart’ol zur Begrüßung flüchtig zu. »Ja, das wäre möglich. Wir lassen das Kraftwerk nicht bewachen. Im Grunde kann sich jeder hier Zugang verschaffen. Bislang hat sich aber keiner für das Werk interessiert. Warum auch? Die Funktionen laufen vollautomatisch ab, Personal ist nicht nötig, und es hat niemand einen Grund, an seiner eigenen Versorgung herumzumanipulieren.«
»Und trotzdem hat es jemand getan.« Quart’ol legte den Kopf schief. »Ich kann zwar die alten Zeichen nicht so gut lesen wie ihr beiden, aber eins erkenne ich sofort: Es wurden Einstellungen verändert, und zwar von jemandem, der sich nicht damit auskannte.«
»Oder«, sagte Matt langsam, »er wollte den Anschein erwecken, als sei er ein Laie.« Er warf Gilam’esh einen Blick zu und fragte sich, wo E’fah sich aufhielt. Warum half sie Gilam’esh nicht? Auch sie kannte sich mit dem Kraftwerk aus.
Was, wenn sie es manipuliert hatte, um Xij zu schaden? Ohne Energie würde Xij sterben. Der Gedanke ließ Matt erstarren. Ob er mit seinen Freunden über seinen Verdacht sprechen sollte? Lieber nicht. Einen Streit mit Gilam’esh zu provozieren, war nicht ratsam. Im Moment zählte die Reparatur. Alles andere musste warten.
Den Kopf leicht schüttelnd, schwang er sich neben Gilam’esh auf einen freien Sitz. Die Unterfläche passte sich seinem Körper automatisch an. Allerdings fiel es Matt schwerer als den Unterwasserbewohnern, tatsächlich sitzen zu bleiben.
»Konntest du bereits Korrekturen vornehmen?«, wechselte er das Thema.
Gilam’esh rief einige Daten auf, die sowohl auf seinem Bionetikschirm als auch auf dem vor Matt zu sehen waren. »Das konnte ich. Aber das Hauptproblem ist das überkritische Wasser. Ein Teil des Kraftwerks nutzt dieses Potenzial, aber in den Röhren ist es ausgegangen. Durch die Umstellungen hat es sich abgekühlt und verflüssigt. Ich weiß nicht, wie man es in seinen Ursprungszustand zurückversetzen könnte, ohne das gesamte Werk abzuschalten. Noch laufen zwei Kammern, aber auch die sehen schlecht aus. In spätestens zwei Phasen haben wir ein
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