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305 - Nach Millionen von Jahren

305 - Nach Millionen von Jahren

Titel: 305 - Nach Millionen von Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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auf ihren Wangen. Er fragte sich, ob sie Gilam’eshs ständige Besuche wahrnahm und deshalb stabiler wurde. Schließlich konnten beide Hydree die Körper wechseln und besaßen eine mentale Begabung.
    Ob sie ihn auch bemerkte? Er trat näher an das Bett heran und blickte auf die gebrechliche Gestalt. Sie wirkte ein Stück zu lang für die Idealausfüllung der Schale, aber dafür umso schmaler.
    »Hörst du mich?«, flüsterte er.
    Xij gab kein Zeichen der Regung von sich. Mehrere Schläuche hingen in einer Reihe auf ihrer Körpermitte und verbanden sie mit der an der Decke befestigten Versorgungsmaschine. Sie lagen alle an Punkten, von denen Matt irgendwann einmal gehört hatte, es seien Chakren oder Energiezentren. Vier weitere lagen an Armen und Beinen. Zwei davon besaßen spitze Röhrenstacheln und führten unter einen grün schimmernden Anzug, der Xij wie ein hauchdünner Algenteppich umschloss. Die restlichen Schläuche saugten sich fest wie hungrige Welse.
    Zu hören schien sie ihn nicht. Ob Xij überhaupt etwas fühlte und dachte? Er seufzte leise. Sein Blick blieb an der grünschimmernden Maschine hängen, die wie ein Fischkadaver in ihrem Befestigungsnetz hing.
    Ein Klacken an der Schleuse ließ ihn herumfahren. Er rechnete mit Gilam’esh und erkannte erstaunt Dra’nis.
    »Ich... ich wollte nur fragen, ob ich dir etwas bringen soll. Begisiang-Salat mit Krabben, oder...« Der junge Hydrit verstummte verschämt.
    »Nein«, sagte Matt schnell. Er wusste es sehr zu schätzen, dass die vegetarisch lebenden Hydriten für ihn sogar Krabben zubereiteten. Schließlich konnten sie selbst weder Fisch noch Meeresfrüchte essen, ohne Gefahr zu laufen, durch ihre dann anschwellende Tantrondrüse aggressiv zu werden. Aber er hatte keinen Hunger. »Trotzdem danke. Es ist schön, dass du dich auf der Krankenstation nützlich machst.«
    Dra’nis schien ein Stückchen zu wachsen. Sein schiefer Rücken reckte sich in die Höhe. »Gerne. Du bist schließlich der, der die Seele meiner Stadt aus dem Dunkel holte. Ohne dich wäre Gilam’esh’gad nicht, was es heute ist. An manchen Zyklen ist mir...« Er verstummte unsicher.
    »Ja?«, fragte Matt nach.
    Dra’nis zog den Kopf ein, als wollte er ihn zwischen den krummen Schultern verbergen. »Als ob die alte Stadt singt«, flüsterte er. »Verrückt, nicht?«
    Matt schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Dra’nis richtete sich wieder auf. »Wenn ich etwas für dich tun kann...«
    »… lasse ich es dich wissen«, endete Matt den Satz.
    Mit linkischen Bewegungen entfernte sich der Junghydrit. Matt vergaß ihn, sobald er aus dem Krankenzimmer trat. Seine ganze Aufmerksamkeit galt Xij. Wie gern hätte er ihren Geist berühren können, um sie ins Leben zurückzurufen.
    ***
    Rotgrund, Vergangenheit
    Zum zehnten Mal ließ Gilam’esh den Datenkristall eine dreidimensionale Bildersequenz abstrahlen. Schemen verdichteten sich über dem Abspielgerät und generierten ein Szenarium mitten in der weitläufigen Wohnhöhle ihrer gemeinsamen Kavernenvilla.
    Manil’bud wurde ungeduldig. Angewidert blickte sie auf den Patrydree, der zusammen mit seiner Rotte gegen Ende der Kriegszeit eine Stadt der Ikairydree angegriffen hatte, um sich Frischfleisch zu besorgen. Diese schreckliche Tat wurde die letzte seines Lebens. Im Zeitraffer zeigte der Kristall, wie der Hydree zerfiel.
    Die Waffe der Ikarydree wirkte. Sie besaß die Macht, den Krieg zu beenden. Ihre abschreckende Wirkung hatte die Patrydree zu Aufgabe und Rückzug gezwungen. Manil’bud verstand nur zu gut, warum. Ihr Blick lag gebannt auf dem Schauspiel, das sich mitten im Raum abspielte.
    Der abgebildete Patrydree zuckte in Krämpfen. Grausam schnell alterten Schuppen und weiches Fleisch. Der Scheitelkamm sank ein, veränderte seine Farbe von einem schillernden Blaugrün zu einem matten Grau.
    »Was bringt es, den Kristall ständig zu bemühen?«, fragte sie unwirsch. »Du weißt, wie die Waffe der Ikairydree wirkt.«
    Gilam’esh drehte sich langsam zu ihr um. Seine ganze Konzentration lag auf den Bildern. Es fiel ihm sichtlich schwer, geistig zu ihr in diesen Raum zurückzukommen.
    »Ich...« Er zögerte. »Ich muss sehen, was im schlimmsten Fall geschieht.«
    Manil’bud erstarrte. Das Wasser schmeckte plötzlich nach Metall. Ihre Schuppen rieben knisternd gegeneinander, als sie sich in einem Schauer bewegten. »Im schlimmsten Fall? Was hast du vor?«
    Er schwieg. Sein Schweigen machte sie wahnsinnig. Sie schwamm zu ihm und packte seine

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