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305 - Nach Millionen von Jahren

305 - Nach Millionen von Jahren

Titel: 305 - Nach Millionen von Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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Schultern. »Gilam’esh, was, bei allen schwarzen Löchern, beabsichtigst du zu tun?«
    Er begegnete ihrem Blick. In seinen Augen sah sie die eiskalte Entschlossenheit, für die sie ihn so liebte. Doch in diesem Moment wünschte sie, er wäre nicht der willensstarke Hydree mit einem Schädel aus Horn, den sie mental bereits als Junghydritin erwählt hatte.
    »Ich gehe in den Strahl.« Seine Stimme erlaubte keinen Widerspruch. Die Entscheidung hatte er bereits gefällt. Sie konnte nichts tun, als das Unabänderliche zu akzeptieren. Trotzdem versuchte sie ihn aufzuhalten. Ihr Magen revoltierte. Wenn er in den Strahl ging, würden furchtbare Dinge geschehen.
    »Tu das nicht. Das Tunnelfeld ist noch nicht weit genug entwickelt. Ja, du hast durch die Waffe der Ikairydree eine Möglichkeit gefunden, die Zeit selbst zu beeinflussen und die Strahlanlage erstaunlich schnell zu erbauen. Aber du darfst in diesem frühen Zustand auf keinen Fall deinen Körper in dieses Experiment einbringen! Es ist zu gefährlich.«
    Der Zeitstrahl generierte ein Feld um sich herum, das genauso wirkte wie die Waffe, die den Krieg beendet hatte: Wer sich länger als eine Sekunde darin aufhielt, alterte rapide. Gilam’esh würde verfallen wie der Hydree auf dem Datenkristall. Im schlimmsten Fall blieb nur Staub zurück.
    »Ich werde nicht meinen Körper benutzen.« Seine Hand berührte ihren Arm in einer beruhigenden Geste. »Ich werde meinen Geist schicken. Du weißt, dass ich die Gabe besitze, meinen Geist vom Körper zu lösen. Es wäre ignorant, diese außergewöhnliche Fähigkeit nicht zu nutzen. So kann ich mental in den Strahl gehen und nachsehen, ob die Justierung stimmt. Ich kann Ork’huz ergründen und dafür sorgen, dass unser Volk sicher in eine ferne Zukunft geleitet wird.«
    »Mosh’oyot wird das niemals erlauben!« Manil’bud wusste, dass sie auf verlorenem Posten kämpfte. Aber sie kam nicht gegen ihre Angst an. Mosh’oyot, der Hochrat von Dibr’dryn, der die Schirmherrschaft im »Projekt Tunnelfeld« besaß, wurde von Gilam’esh seit jeher ignoriert. Er würde auch dieses Mal einen Weg finden, seinen Dickhornschädel durchzusetzen, um zu tun, was er sich hineingesetzt hatte.
    »Dieser ignorante Hornkopf wird es erst spät erfahren. Zu spät. Wenn er eingreifen will, bin ich längst aus dem Strahl zurück. Ich weiß, dass ich ihn informieren muss. Aber ich bin nicht verpflichtet, ihm einen schnellen Boten zu senden.«
    Manil’bud schluckte. »Was sagt der Geist dazu? Matt, wie du ihn manchmal nennst?«
    »Er ist dagegen«, gab Gilam’esh zu. »Aber er hat mein ganzes Leben lang versucht, mich zu bremsen.«
    »Das ist nicht wahr. Nach allem, was du erzählt hast, schützte er oft genug dein Leben. Warum sollte es in diesem Fall anders sein?«
    Gilam’esh sog das Wasser in die Kiemen. »Ich muss es tun, Manil’bud. Für unser Volk. Willst du sie auf gut Glück durch den Strahl gehen lassen? Damit sie in einer frühen Urzeit von Ork’huz herausfallen, in der bestialische Tiere sie zerfleischen, ehe sie sich einen Stützpunkt auch nur einrichten können?«
    »Nein. Aber ich will, dass du dir mehr Zeit lässt! Der Strahl ist zu wenig erforscht. Du spielst mit einer Macht, die größer ist, als du erahnst.«
    »Vielleicht. Doch ich habe keine Zeit. Rotgrund stirbt. Schon bald werden die Meere zurückgehen. Es hat bereits begonnen. Der Sauerstoff nimmt ab, die Atmosphäre ist schwach. Krankheiten und Seuchen werden die Zahl der Hydree schon bald drastisch dezimieren. Solange kann ich nicht warten. Und das weißt du. Du willst es nur nicht wahrhaben.«
    Sie senkte den Kopf. Er hatte gewonnen. »Ich wünschte, ich könnte mit dir gehen. Doch die Gabe, den Körper zu verlassen, ist mir nicht gegeben.«
    Behutsam ergriff er ihre Hand und legte sie auf seine Brust. Der kräftige Herzschlag darin fühlte sich vertraut und gut an. »Du wirst auf ewig bei mir sein«, klackte er leise. »Bei allem, was ich tue. Ich kann gar nicht ohne dich in den Strahl gehen, denn du bist in mir.«
    Die dünne Membran ihrer Augen zuckte. »Dann geh. Aber versprich mir, auf dich aufzupassen. Ich möchte nicht allein zurückbleiben.« Es schmerzte sie, nicht mehr für ihn tun zu können bei seinem gefährlichen Unternehmen. Er schien es zu spüren, denn er drückte sie fest an sich, als wollte er sie trösten.
    »Du kannst meinen Körper beschützen. Das ist ein großer Dienst. Wenn ich in den Strahl gehe, möchte ich den Matt-Geist in mir mitnehmen.

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