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307 - Späte Vergeltung

307 - Späte Vergeltung

Titel: 307 - Späte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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da sie angeleitet wurden, erwiesen sie sich wieder als äußerst effektiv.
    »Neiiin!«, schrie Ayrin gequält auf, als sie die rothaarige Killerin mit dem Flügelschwert so plötzlich wieder vor sich sah. Ninian hatte nicht nur ihren geliebten Mann Pellam, sondern auch ihren Sohn Anges und ihre Tochter Biffy nebst drei Bediensteten auf dem Gewissen. Aber so etwas wie ein Gewissen besaß sie wahrscheinlich gar nicht.
    Die alte Frau zitterte und riss die Augen auf, während sie kaum noch Luft zu bekommen schien. Myrial und ihr Bruder Arteer, den die schweren Wunden immer noch schmerzten, die Ninian ihm beigebracht hatte, kümmerten sich um sie.
    Rulfan ballte die Hände zu Fäusten, als er die Angst in den Augen der Burgbewohner sah. In denen Turners bemerkte er hingegen Hass. Er legte dem Jungen beruhigend die Hand auf die Schulter, damit er nicht etwa auf dumme Gedanken kam. Dann wechselte er einen stummen Blick mit Matt. Im Moment konnten sie nichts tun. Die Exekutoren trieben sie alle zusammen in den Großen Saal im zweiten Stockwerk des Haupthauses. Der kleine Leonard Pellam, den Myrial immerhin bei sich behalten durfte, weinte herzzerreißend.
    Ruhelos ging Ninian durch die Räume der Burg. Sie wollte wissen, wie Rulfan lebte, der Mann, der sie in den letzten Monaten nicht losgelassen und der sie bis in ihre Albträume verfolgt hatte. Vor allem dorthin. Möglicherweise fand sie ja doch ein Zeichen, das ihn als Aynjel auswies. Sie hätte es sich so sehr gewünscht, auch wenn sie im Grunde ihres Herzens nicht mehr daran glaubte.
    Ninian war in Meeraka geboren und schon als kleines Mädchen von Sklavenhändlern entführt worden. Eine alte Frau, die bei den Händlern gewesen war, hatte ihr aus Mitleid ein Bild gegeben, das einen Mann mit langen weißen Haaren und roten Augen zeigte. Er hielt ein Flammenschwert. [6] Der Mann sei Ninians persönlicher Aynjel, der sie immer beschütze, hatte die Alte gesagt. Und eines Tages werde Ninian ihrem Aynjel von Angesicht zu Angesicht begegnen.
    Das Bild und die Worte hatten Ninian in all den fürchterlichen Jahren, in denen sie zur gnadenlosen Killerin ausgebildet und dann auch eingesetzt worden war, aufrechterhalten. Wenn sie irgendwann ihrem Aynjel begegnete, würde sie in seine Dienste treten und ein traumhaftes Leben an seiner Seite haben.
    In Meeraka war sie einer Frau namens Aruula über den Weg gelaufen, die sogar den Namen ihres Aynjels gewusst hatte: Rulfan. Er sei in Britana zu finden, hatte sie gesagt. Also hatte sich Ninian gewaltsam ihres Herrn entledigt und war nach Euree gereist.
    Vor mehr als eineinhalb Sommern war sie, damals noch als Exekutorin in Alastars Diensten, in den Highlands Rulfan ganz unverhofft begegnet. Er hatte dem Bild ihres Aynjels tatsächlich aufs Haar entsprochen, sodass sie sicher gewesen war, ihr Lebenstraum habe sich nun erfüllt. Aber Rulfan hatte ihre Dienste abgelehnt.
    Er wollte mich doch nur prüfen, ob ich seiner würdig bin...
    Das jedenfalls hatte Ninian damals gedacht. Wegen ihm hatte sie sogar den kompletten Freesa-Clan ausgelöscht, bis ihr klar geworden war, was sie wirklich tun musste, um Rulfan als ihren Aynjel zu gewinnen: die Frau an seiner Seite töten, denn noch war er als deren Aynjel an diese Myrial gebunden und nicht frei für Ninian.
    Es war zu einem Massaker auf Canduly Castle gekommen, in dessen Verlauf Ninian auch Rulfan verletzt hatte. Sein Blut hatte sie ihrer Illusionen beraubt.
    Aynjels bluteten nicht!
    Voller Entsetzen war sie geflohen und hatte das Bild zurückgelassen. [7] Später hatte sie sich dann immer wieder gefragt, ob nicht auch Rulfans vermeintliches Blut eine Prüfung für sie gewesen war. Eine Glaubensprüfung. Die größte. Die sie dann nicht bestanden hätte.
    Aber diese Annahme war im Laufe der letzten Zeit immer mehr ins Wanken geraten, denn sie hatte mit vielen Leuten über Aynjels gesprochen, auch mit Priestern und Schamanen. Niemand war je einem Aynjel begegnet, die meisten hatten sogar noch nie von ihnen gehört.
    War sie also all die Jahre einem Märchen aufgesessen, das die alte Frau ihr erzählt hatte? Wie aber hatte Rulfan dann dem Bild ihres Aynjels so ähnlich sein können?
    In ihrem tiefsten Inneren sehnte sie sich nach wie vor nach der Geborgenheit und dem Schutz ihres persönlichen Aynjels. Aber hatte sie diesen Schutz überhaupt noch verdient, jetzt, da sie bei ihrer überstürzten Flucht aus Canduly Castle dessen Bild verloren hatte?
    Es dauerte etwas, bis Ninian den Mut fand,

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