307 - Späte Vergeltung
hieb sie blitzschnell auf den Schließknopf. Die Plastik-Stahl-Platte kam federnd zum Stillstand und fuhr dann wieder hoch.
»He, was soll das?«, rief Huul.
»Tut mir echt leid, Männer«, antwortete Xij, während der Spalt immer kleiner wurde, »aber ich habe umdisponiert, was den Gefangenen angeht. Trotzdem danke für eure Hilfe!« Die Rampe schlug zu und schnitt die lästerlichen Flüche ab, die von draußen hereinklangen.
Xij schleifte den Gefangenen, der allmählich wieder zu sich kam, rücksichtslos nach vorne ins Cockpit und legte ihn hinter den Beifahrersitz, während draußen die Celtics mit ihren Waffen auf PROTOs Oberfläche herumhämmerten. Es war purer Aktionismus und das wussten sie wohl auch.
Die junge Frau grinste zufrieden. Ihr Plan war in allen Einzelheiten aufgegangen. Sie hatte Chan schon von Anfang an für sich alleine gewollt. Jed Stuart und die Celtics waren willkommene Erfüllungshilfen gewesen.
Xij Hamlet startete den Panzer. Die Motoren, durch Trilithiumkristalle gespeist, fuhren summend hoch. Die junge Frau setzte zurück. Ein paar der Celtics mussten zur Seite springen, sonst wären sie überrollt worden.
»Merdu!«, presste Huul hervor, als der Panzer ein paar kleinere Bäume umbrach und den schmalen Zugangsweg zur Burg hinunter rollte. Wütend warf er sein Schwert zu Boden.
***
Kurz zuvor:
Die lauten Schüsse weckten die Burgbewohner auf. Der kleine Leonard Pellam begann in seiner Wiege, die im Nebenzimmer stand, zu weinen.
»Was ist los?«, fragte Myrial fast panisch, während sie aufstand, um den Kleinen zu beruhigen.
Rulfan war längst aus dem Bett gesprungen und stieg in Windeseile in seine Hosen. Er schnappte sich sein Schwert und rannte nach draußen. Dort traf er auf kopflos umherrennende Exekutoren.
»Was geht hier vor?«, brüllte er den Nächstbesten an.
»Meister Chan ist entführt worden, Herr«, antwortete der Exekutor düster. »Wir haben Tote zu beklagen, mindestens vier. Unseren Anführer Cleemens hat’s auch erwischt. Wir jagen die Entführer. Die sind in den Südturm verschwunden, aber wir finden sie dort nicht.«
Rulfan jubelte innerlich. »Verdammt«, gab er ebenso düster zurück, ohne natürlich auch nur ein Sterbenswörtchen über den Geheimgang zu verraten. »Das ist ein Affront nicht nur gegen meinen Freund Chan, sondern auch gegen mich. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um die Entführer dingfest zu machen.«
Ob Matt etwas damit zu tun hat?
Der gedanklich Gewürdigte kam ebenfalls aus dem Haus gestürzt. Er hielt seinen Driller in der Hand. Auch Matt grinste kurz, als er von den Vorfällen hörte, allerdings nicht nur innerlich. Rulfan übernahm das Kommando über die ohne Führung hilflos wirkenden Exekutoren und schickte sie da und dorthin. Beschäftigungstherapie nannte er es Matt gegenüber.
Eine Stunde später gab es erste Neuigkeiten. Man hatte entdeckt, dass der Amphibienpanzer verschwunden war. An der Stelle, wo er gestanden hatte, fand man einen Fetzen von Chans edlem Nachtgewand.
»Dann steckt Xij hinter der Entführung«, schlussfolgerte der Mann aus der Vergangenheit. »Neben mir selbst ist sie die Einzige hier, die PROTO fahren kann.«
»Aber warum sollte Xij ausgerechnet Chan entführen wollen?«, fragte Rulfan. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
Matt zuckte mit den Schultern. »Ich werde versuchen, Funkkontakt mit ihr aufzunehmen.«
Er versuchte es mit Steintriebs Hilfe, doch ohne Erfolg. Vielleicht wollte sie sich auch einfach nicht melden.
Als Rulfan erneut in den Burghof trat, hatte sich dort ein Dutzend Exekutoren versammelt. Anscheinend war die Stimmung umgeschlagen, denn sie musterten ihn nun ablehnend bis feindselig. Ihre Reihen öffneten sich. Rulfans Blick fiel auf...
Scharf sog er die Luft ein. Er glaubte einen Moment, sein Herz müsse stehen bleiben. Das war doch... Nein, kein Zweifel möglich. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
»Ninian«, murmelte er und legte seine Hand auf den Schwertgriff.
»Ich bin in meiner Funktion als neue Chefexekutorin der Reenschas hier«, krächzte sie forsch, vermied es dabei aber, ihm länger in die Augen zu blicken. »Leg dein Schwert nieder, Rulfan. Du und die anderen Burgbewohner seid meine Gefangenen, bis ich weiß, was hier eigentlich vorgeht.«
Als er in die Mündungen der auf ihn gerichteten Waffen blickte, warf Rulfan sein Schwert zähneknirschend zu Boden. Kurze Zeit später hatten die Exekutoren alle Einheimischen im Hof zusammengetrieben und umringt. Jetzt,
Weitere Kostenlose Bücher