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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ihr da meinen inneren Menschen so wenig kennen, daß Ihr nicht wißt, warum ich mich bisher gescheut habe, das zwischen John und seiner Familie aufgetauchte Gespenst in Augenschein zu nehmen?“
    „Sagt mir die Gründe, weshalb die ‚Yin‘ für Euch ein Gespenst ist; dann will ich Euch antworten. Ich kenne nur ihr Bild, nicht aber sie selbst. Ebenso ist es mir vollständig unbekannt, in welchem Verhältnis sie zu John, zu Euch und zu Eurer Familie steht. Es ist also weder für mein äußeres noch für mein inneres Auge das vorhanden, was Ihr vorauszusetzen scheint. Und aber dennoch könnte ich Euch eine Antwort geben, und zwar die richtige, wenn Ihr mich dazu drängtet.“
    „Nun, welche?“
    „Soll ich? Wirklich?“
    „Ja. Ich bitte!“
    „Nun also: Ihr fürchtet Euch!“
    „Fürchten?“ fuhr er fort. „Wo wäre der Mensch, der mich schon einmal furchtsam gesehen hätte! Es ist ein großer, ein ungeheurer Irrtum von Euch, zu meinen, daß ich – – –“
    Er unterbrach sich mitten in seinem Satz. Wahrscheinlich verhinderte ihn der Blick, mit dem ich ihn betrachtete, weiterzusprechen. Er ließ den Kopf sinken und dachte nach. Dann, eben als wir aus der Hauptstraße schon nach dem Hafen einbogen, sagte er:
    „Ehrlichkeit, nur Ehrlichkeit! Gegen sich selbst und gegen andere! Es muß heraus: Ihr habt recht, Charley. Ich habe mich gefürchtet. Vor wem oder was, das braucht hier nicht erörtert zu werden; aber ich habe Furcht gehabt; das ist richtig! Und warum bin ich jetzt nicht allein gefahren? Warum habe ich Euch mitgenommen? Furcht, nichts als Furcht! Aber das ist nun nicht zu ändern, denn wir sind schon da!“
    Der Wagen hielt an der Landebrücke, und wir nahmen ein Boot, um uns nach der Jacht rudern zu lassen. An Bord angekommen, fanden wir nur Bill mit zwei Matrosen und der weiblichen Bedienung anwesend. Tom war an das Land gegangen, um Proviant einzukaufen, und die andern Hands hatten Urlaub genommen, um den Bewohnern des Hafenortes etwas ‚vorzureiten‘ und dafür sehr wahrscheinlich ausgelacht zu werden. Für Seeleute dieses Stiles ist nämlich das Reiten selbst dann das schönste und beste aller Vergnügen, wenn man alle hundert Schritt zehnmal auf der einen Seite vom Pferde rutscht, um sich auf der andern Seite höchst ritterlich wieder aufzuschwingen.
    Der Uncle tat so, als ob wir gekommen seien, uns noch mit einigen notwendigen, aber vergessenen Kleinigkeiten zu versehen, und diese Gelegenheit ergreifen wollten, den Nachmittagstee hier an Bord zu trinken. Daß er die Absicht habe, Raffleys Kajüte zu betreten, sollte niemand wissen. Er behandelte diese Affäre so wichtig und so schwer, als ob sie eine höchst bedeutende Staatsaffäre sei.
    Die Chinesin ging in die Küche, um den Tee zu bereiten. Bill wurde mit den beiden Matrosen in den Packraum geschickt, um da irgend etwas zu suchen, was sich gar nicht dort befand. So waren wir also ganz allein auf dem Deck und gingen nach der Kajüte.
    „Warum das alles so heimlich?“ fragte ich. „Es würde ja gar nicht auffallen, wenn wir es ganz offen täten?“
    „Weil John unbedingt zu glauben hat, daß es mir gar nicht einfällt, auch nur einen einzigen Blick auf das Bild zu werfen. Die Tür ist natürlich verschlossen, aber ich weiß, wie man sie auch ohne Schlüssel öffnen kann. Er hat davon gesprochen.“
    Er drehte den Drücker auf und dann in besonderer Weise wieder zu; es gelang. Wir traten ein. Er blieb zunächst vorn stehen und schaute sich in einer Weise um, als ob er sich in dem Heiligtum einer ihm nicht bloß fremden, sondern auch unsympathischen Verehrung befinde. Hierauf näherte er sich langsam, Schritt um Schritt, beinahe ängstlich, dem Bild und sah es lange, lange an. Dann ging er, ohne ein Wort zu sagen, zum Eingang zurück, wo ich stehengeblieben war, schob mich hinaus, schlug die Tür hinter sich zu, holte tief, tief Atem und sagte, als er sah, daß man soeben den Tee servierte:
    „Trinkt ihn allein, Sir! Mir ist aller Appetit vergangen. Ich habe jetzt mehr, viel mehr zu verdauen als Tee mit Toast!“
    Ich setzte mich also an den Tisch und ließ es mir schmecken. Er aber ging gesenkten Kopfes und mit langen Schritten auf dem Deck hin und her. Grad als ich fertig war, kam Bill mit den beiden Matrosen nach oben und meldete, daß alles Suchen vergeblich gewesen sei. Nun ließen wir uns an das Land setzen und stiegen wieder in den Wagen, um heimzufahren. Er gab dem malaischen Kutscher den Befehl, dies nicht direkt, sondern

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