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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gelöst, wie ich sagte: noch als Rätsel. Aber wartet nur, Sir; die Sonne wird kommen, ganz gewiß. Dann muß der Vorhang vom Bild fallen, und das Geheimnis wird für Euch zur Offenbarung werden, denn jede wahre Kunst ist göttlicher Natur.“
    „Das sagt Ihr so bestimmt?“ schaltete er ein.
    „Ja“, antwortete ich. „Ich kenne unseren John. Die ganze Jacht ist, sozusagen, ein Buch mit sieben Siegeln. Und das Bild ist sicher nicht das geringste dieser Siegel. Oder vergleiche ich die Jacht mit einem Gedicht, so erscheint mir das Bild sogar als die schönste und tiefste seiner Strophen. Glaubt Ihr, daß er, der Dichter, uns die Erklärung vorenthalten wird?“
    „Nein. Aber alles das, was Ihr mir da sagt, hat mich nicht klüger gemacht, als ich vorher war. Ich fühle mich im Gegenteil nur noch verworrener. Bitte, laßt mir Zeit; ich habe nachzudenken!“
    Er legte sich in die Lehne zurück und fiel in andauerndes Schweigen. Auch als wir oben in Kota Radscha angekommen waren und am Kratong aus dem Wagen stiegen, bezahlte er den Kutscher, ohne ein weiteres Wort zu sagen, und zog sich sogleich in sein Zimmer zurück.
    Raffley kam erst zur Zeit der Dämmerung von seinem Spazierritt heim und teilte uns dann beim Abendessen mit, daß der Mijnheer zwar ein Holländer sei, aber dennoch ein Gentleman durch und durch. Sogar wetten habe er wollen, sei aber natürlich abgewiesen worden. Übrigens scheine sich da oben in den Bergen etwas Kriegerisches vorzubereiten, um die Malaien endlich einmal gründlich zu Räson zu bringen. Der Mijnheer habe ihm einige Züge von Grausamkeit erzählt, die man allerdings nicht in Schutz nehmen dürfe.
    Da fiel ihm der Governor sofort in die Rede, um die Malaien zu verteidigen. Er tat dies in der ihm eigenen Weise, die ihn verführte, wiederholt über das Ziel hinauszuschießen, und kam dabei immer wieder auf seinen ‚Freund, den Heidenpriester‘ zurück, wie er ihn nannte. John ließ ihn vollständig aussprechen und antwortete aber dann:
    „Alles, was Ihr sagt, in Ehren, dear Uncle; aber ich bitte, laßt Euch von Eurem guten Willen nicht verführen, weiter zu gehen, als Ihr dürft. Ihr könnt doch unmöglich behaupten wollen, daß diese Rasse auf gleicher Bildungsstufe mit der unserigen stehe! Und Ideale sucht man doch nicht unten, sondern oben. Ihr kennt meine Ansicht über die Menschenrechte zur Genüge; aber nicht das Gefühl allein, sondern auch der Verstand hat zu Worte zu kommen. Sollen Kinder mitbestimmen dürfen, auf welche Weise sie zu erziehen sind? Habt sie lieb; hebt sie empor und macht sie zu Männern! Sind sie das geworden, so mögen sie mit raten und mit tun; eher aber nicht! Es ist stets gefährlich, den Unmündigen eine Macht zu gewähren, deren Ausübung klar und überlegt denkende Köpfe verlangt!“
    „Well! Zugegeben!“ gestand der Governor ein.
    „Gut, so sind wir einig! Ihr rühmt das Verhalten der Malaien gegen Waller. Ja, sie haben ihm verziehen, ihn nicht bestraft; aber sind sie nicht um so grausamer gegen seine unschuldige Tochter gewesen, welche von ihnen unter so peinlichen Umständen hinüber nach Penang gebracht wurde? Wie hätte sich diese ganze Angelegenheit wohl gestaltet, wenn der Priester nicht ein so hochdenkender Mann gewesen und unser Tsi nicht ganz zufälligerweise dazugekommen wäre? Nur das richtige Maß, das richtige Maß bitte ich!“
    Da wurde der Uncle für einige Zeit still; dann sagte er in rührender Aufrichtigkeit:
    „Kinder, mir scheint, ich werde immer törichter anstatt klüger. Was früher für mich schwarz gewesen ist, das möchte ich nun gleich vollständig weiß erscheinen lassen. Und was ich bisher verachtet habe, das will ich jetzt im Handumdrehen bewundern lassen. Ich sehe, ich bin auch noch ein Kind, wenn auch ein ziemlich altes. Habt mich also lieb; hebt mich, und macht mich zum Mann! Das war es ja, was Ihr sagtet, lieber John. Wie Ihr das anfangt, das ist Eure Sache. Ich verschwinde!“
    Er wollte fort.
    „Halt!“ rief da John. „Habe Euch noch mitzuteilen, daß der Mijnheer unsere Jacht gern einmal sehen will. Ich schlug ihm für morgen eine Spazierfahrt vor, und er hat angenommen. Die Wagen nach dem Hafen sind für sechs Uhr früh bestellt. Ihr macht doch mit?“
    „Selbstverständlich! Kinder fahren immer gern spazieren. Gute Nacht!“
    Wir waren infolgedessen am nächsten Tage nicht in Kota Radscha und kehrten erst am Abend heim. Da brachte Tsi uns die frohe Botschaft, daß er überzeugt sei, den Missionar retten

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