31 - Und Friede auf Erden
aber auch dieser fehlte. Er war seit seinem Triumphzug nicht in den Kratong zurückgekehrt. Das brachte uns auf die richtige Spur. Wir gingen vor die Festung hinaus und fragten den Posten, der an dem Punkt der Außenlinie stand, wo die Malaien vorüber gemußt hatten. Richtig! Der Uncle war hierhergekommen und hatte da auf sie gewartet. Man hatte die Sänfte niedergestellt, um Omar aussteigen und seine Früchte verteilen zu lassen. Dann war man weitergegangen, der Araber mit den Malaien und hinterdrein der Governor mit dem Priester. Wir beschlossen, ihnen zu folgen.
Nachdem wir ungefähr eine halbe Stunde gegangen waren, sahen wir die beiden Vermißten kommen. Omar hatte sein weites, faltenreiches Oberkleid ausgezogen und etwas hineingewickelt, was er auf dem Rücken trug, einen großen, runden Pack. Der Uncle lachte uns schon von weitem vergnügt entgegen.
„Sorge gehabt um mich?“ fragte er, als er uns erreichte. „Bin immer unentbehrlich; das weiß ich ja!“
„Richtig! Ungeheure Angst um dich!“ stimmte ihm der Neffe scherzend bei. „Aber da fällt mir jetzt nachträglich ein, daß der Priester gar nicht nach dir fragte, als er sich von uns verabschiedete. Wußte er, daß du ein Stück mit ihm gehen würdest?“
„Nein. Als ich von Euch fortging, traf ich ihn, grad als er von dem Mijnheer kam, der aber nicht daheim gewesen war. Da nahm er Abschied von mir und ging dann zu Euch. Habt die Güte und lacht mich nicht aus, wenn ich Euch später einmal aufrichtig gestehe, daß – daß – nun, daß ich ihn in meine Arme genommen und geküßt habe, fast wie einen Bruder! Dabei sah ich, daß seine Augen naß wurden, und das, das kann ich nicht ersehen; das geht mir in das Herz! Da lief ich fort, spornstreichs fort, hinaus, den Weg entlang, den er dann gehen mußte, und wartete auf ihn. Da kamen sie. Sie brachten hier diesen Mohammedaner getragen, der aber ein Heide geworden zu sein scheint, denn wenn er seinen Sihdi nicht hier hätte, so wäre er mit ihnen in alle Berge gelaufen und niemals wiedergekommen. Der Priester freute sich, mich noch einmal zu sehen. Wir haben uns bei den Händen gefaßt und gar nicht wieder losgelassen. Wir haben wieder und immer wieder Abschied voneinander genommen und sind aber trotzdem weiter und immer weiter miteinander gelaufen! Bis er endlich stehenblieb und mir versicherte, daß Ihr in Sorge um mich sein würdet. Da – da – na, da mußte es denn notgedrungen geschehen! Und es ist geschehen! Aber ich sage Euch: Wenn mir wieder einmal so ein Heide kommt, so gebe ich mich lieber gleich gar nicht mit ihm ab! Denn wenn er wieder geht, dann, dann – wie drücke ich mich doch nur richtig aus? Dann – dann fühlt man, daß er gar kein Heide ist, daß man ihn liebgewonnen hat, daß man ihn braucht, ja, daß man mit ihm in alle Berge laufen möchte, grad wie der Sejjid Omar da, der mein Ko-su in seinen Kaftan gepackt und auf den Rücken genommen hat!“
„Das ist Ko-su? Diese große, große Menge?“ fragte John, beinahe lachend.
„Was denn sonst? Die Malaien haben ja alle mitpflücken müssen, unterwegs, wo solches stand! Und ich auch, und der Priester auch, indem wir Abschied nahmen und aber immer wieder neues fanden! Jetzt aber kommt! Wir müssen heim! Es ist viel Gras und anderes Kraut dabei. Das muß ausgelesen werden, sortiert, und Ihr helft mit!“
Wir kehrten also nach dem Kratong zurück, um zuerst zu Mittag zu speisen. Dann ließ der Governor uns keine Ruhe; wir mußten uns zu ihm in sein Zimmer setzen und ihm helfen, das Ko-su zu sortieren. Das hieß eigentlich: Wir hatten diese Heilpflanzen aus einem ganzen, großen Haufen von Gras und Unkraut auszusuchen. Der Uncle entwickelte bei dieser Arbeit eine sehr anerkennenswerte Geduld, denn es war ihm wirklich Gewissenssache, sich selbst zu erziehen. Raffley aber sprang schon nach kurzer Zeit von seinem Stuhl auf und rief lachend aus:
„Zwei englische Lords, mit der Herzogskrone am Stammbaum, als Kräutergewölbelehrlinge die Dornen von den Disteln scheidend! Ist das die Gleichstellung aller Menschen, welche Euch am Herzen liegt, dear Governor? Spendet eine kleine Kupfermünze daran, so macht Euch für diesen Lohn jeder Malaie diese Arbeit viel besser und viel schneller, als wir es können. Einen so jähen und so tiefen Stoß von meiner Würde herab verlangt die ‚Shen‘ wohl nicht. Ich reiße aus!“
Er schüttelte sich den anhaftenden Wurzelschmutz von den Kleidern und lief fort. Der Uncle aber sah ihm mit
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