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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sprachen. Da hat er es gehört, denn er ist doch nicht immerfort bewußtlos gewesen.“
    „Das genügt; ich danke! Nun weiß ich, daß ich mich nicht irrte: Der neue Taucher ist nicht nur schon da, sondern auch schon an der Arbeit. Jetzt bin ich überzeugt, daß Ihr Vater nicht sterben, sondern leben bleiben wird.“
    „Oh, oh!“ rief da Tsi aus, indem er mich abermals ganz erstaunt fixierte. „Woher wollen Sie das wissen, Sie, der Nichtarzt und der Europäer!“
    „Ja, mein Freund, Sie sprachen allerdings die Meinung aus, daß man sich im Abendland nicht mit diesen hochwichtigen und hochinteressanten Fragen beschäftige, und obgleich hier unsere Freundin gegenwärtig ist, behaupte ich doch, daß ihr Vater für Sie bisher ein Kandidat des Todes war. Sie zeigten Hoffnung, um nicht zu betrüben. Jetzt plötzlich steht es anders. Bleiben wir bei Ihrem Bild: Der neue Taucher ist da, und er hat sein Werk bereits begonnen. Das würde er aber mit einer hinfälligen, gefährlich defekten Rüstung niemals wagen. Sie ist repariert worden, und zwar von Grund auf, leise, heimlich, ohne daß wir etwas davon bemerkten. Wenn Ihnen das, was ich sagte, als Rätsel erscheint, so bitte ich Sie: Glauben Sie an dieses Rätsel; es liegt in ihm die Wahrheit! Das, was Sie Geist und was Sie Seele nennen, besitzt mehr Macht über unsern Körper, als Sie denken. Mr. Waller bleibt am Leben und wird auch geistig stärker und gesünder, als er früher je gewesen ist! Und nun gehe ich und lasse Sie beide allein!“
    Ich wollte mich entfernen; sie hielten mich aber fest und drangen auf die Beantwortung ihrer Frage.
    „Na, so sei es denn; einmal kommt es doch an den Tag!“ gab ich schließlich zu. „Damals, als wir uns zum ersten Male sahen, dort oben auf dem Dschebel Mokattam, da sprachen Sie mit Ihrem Vater von mir, und er zeigte sich sehr zornig über Ihren Verkehr mit mir.“
    „Zornig?“ unterbrach sie mich. „Über den Verkehr mit Ihnen? Den gab es ja gar nicht!“
    „O doch! Wir verkehrten nicht persönlich, sondern seelisch miteinander, als Verfasser und als Leserin. Er aber war dagegen, und darum habe ich bis heut mit John Raffleys und seines Uncles Unterstützung meine Pseudonymität beibehalten. Nun aber mögen Sie erfahren, wie Sie so stückweise zu meinem Gedicht ‚Tragt Euer Evangelium hinaus‘ gekommen sind.“
    „Also doch, doch richtig!“ rief Tsi auf. „Dachte es mir!“
    „Ja, richtig! Also kommen Sie!“
    Ich hängte ihre Arme hüben und drüben bei mir ein und erzählte ihnen, indem wir miteinander fortspazierten, was sie wissen wollten. Ich machte es möglichst kurz, und als ich fertig war, hängte ich sie bei mir aus, dafür aber miteinander zusammen und fügte hinzu:
    „So; das war meine Beichte. Ich bitte um Ihre Absolution und mache mich hiermit aus dem Staub!“
    Bei den letzten Worten drehte ich mich um und lief davon, obgleich sie, hinter mir herkommend, mir zuriefen, daß ich nun erst recht verpflichtet sei, nicht auszureißen, sondern bei ihnen zu bleiben. – – –
    Über den Rest dieses Abends habe ich nur noch zu sagen, daß Tsi mich vor dem Schlafengehen in meinem Zimmer aufsuchte, um mir mitzuteilen, daß Mary ihm dasselbe wie mir mitgeteilt habe, und zwar noch viel ausführlicher, und daß er ganz derselben Meinung sei wie ich. Waller liege, seit er vor Abend die Augen geschlossen habe, in einem seltsam tiefen und gesunden Schlaf. Es sei, als habe ein Unsichtbarer seine Hände über ihn ausgebreitet und atme ihn mit dem Odem eines zweiten, vollständig neugeschenkten Lebens an. Er selbst, der Arzt, werfe nun alle Befürchtungen beiseite und erwarte nur noch Gutes.
    Wir saßen noch lange beieinander, vertraulicher als je. Er war so froh, von jetzt an mit mir über alles reden zu können, was ihn im Innern bewegte; und gleich das Thema, welches er für die heutige späte Abendstunde zur Sprache brachte, ließ ahnen, was für später an ähnlichen Gesprächsstoffen noch alles zu erwarten war. Es lautete: Es gibt keinen Tod. Das Leben kann uns weder gegeben noch genommen werden, denn es ist nicht in uns, sondern wir befinden uns in ihm. Und am allerfestesten hält es uns dann, wenn es das, was an uns zerstörbar ist, fallen läßt, den Leib!
    Am andern Morgen, als wir den Tee in gemeinschaftlichem Kreis genommen hatten, brachen wir nach Raffley-Castle auf. Es sollte geritten werden, natürlich erst von der Küste drüben aus. Pferde waren telefonisch bestellt worden. Nur für Waller gab es

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