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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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du sie? Sie waren doch vorhin nicht da!“
    „Fu schenkte sie mir. Er hat sie mir sogar mit seiner eigenen Hand befestigt; denk dir! Und diese Quasten sind aus zwei Nüssen gemacht, von denen die eine Areka und die andere Betel heißt. Oder heißt die andere Areka und die eine Betel. Vielleicht heißen sie auch beide Areka und beide Betel; ich weiß das nicht mehr genau, denn es war sehr viel, was er mir sagte und was ich nicht vergessen darf! Es ist etwas daran.“
    „Ein Zeichen?“
    „Ja, und dieses Zeichen heißt ‚Shen‘. Das ist nämlich keine Frau und kein Mädchen, sondern es ist die Gesamtheit von allen, allen Menschen, die auf Erden endlich einmal Frieden haben wollen. Fu hat es mir erklärt; ich sagte aber auch etwas dazu, und darüber hatte er Freude.“
    „Was war das?“
    „Das war so: Jeder Mensch will glücklich werden; das ist falsch. Jeder Mensch soll glücklich machen; das ist richtig. Weil jedermann bisher das Glück für sich verlangte, konnte es kein Glück auf Erden geben. Hieraus folgt, daß wir zum Richtigen greifen müssen. Wie das zu machen ist, lehrt uns die ‚Shen‘. Ist das wahr oder falsch, Sihdi?“
    „Es ist wahr. Kam das aus deinem eigenen Kopf?“
    „Ja, und Fu gab mir recht. Er öffnete einen Schrank, in welchem viele, viele Arekanüsse sind, von allerlei Größe, Form und Farbe, und gab mir diese hier, indem er sie an meinem Fes befestigte. Dabei erklärte er mir sehr viel, was ich begriffen habe. Ich sage jetzt noch nichts, denn es hat in mir erst richtig festzuwachsen. Dann aber, wenn das geschehen ist, wirst du dich über mich freuen! Und als ich von ihm ging, trug er mir auf, dir zu sagen, daß in einer halben Stunde Wan-Fan sein wird. Ich will es Euch übersetzen. Dieses Wort bedeutet nämlich soviel wie Abendessen. Was Ihr bekommen werdet, das weiß ich nicht. Ich aber werde unten mit den Schreibern der ‚Shen‘ speisen, und da gibt es heut, wie ich erfahren habe, Wurzeln von Wasserlilien, Bambussprossen und Krebse, worauf gebratene Enten mit Lotossamen und Senfblättern folgen werden. Jetzt gehe ich. Sagen aber soll ich Euch noch, daß Ihr gleich so kommen sollt, wie Ihr seid. Es wir nichts weiter angezogen, weil Ihr hier zu Hause seid, sagte Fu!“
    Der Governor lachte herzlich und begab sich in sein Zimmer, um trotz alledem noch einige kleine Veränderungen in Beziehung auf seine Toilette zu treffen. Ich tat dasselbe. Dann gingen wir zur Tafel.
    Zur Tafel? Eigentlich nicht! Denn die Diener, welche auf uns warteten, brachten uns nicht nach einem Speisesaal oder Speisezimmer, sondern hinunter in den Garten, und zwar nach der Lieblingslaube unserer Yin. Kann ich vergessen, wen ich da erblickte? Nein!
    Wer meine Bücher gelesen hat, der kennt meine Freundin Marah Durimeh, die über hundertjährige Kurdin, das Bild der Menschheitsseele. So, grad so sah ich die chinesische Matrone, dunkel, ernst gekleidet, mit tiefen Falten im Gesicht, doch lieben, herzensguten Zügen, die Augen aus der tiefsten Seele strahlend und um den Mund ein Lächeln, wie es nur dieses eine gibt: das Lächeln wahrer Güte. So saß sie da, umleuchtet von duftenden Rosen, das weiße Haar schmetterlingsartig aufgesteckt, dann aber immer noch so lang, daß es ihr wie ein Schleier von den Schultern niederwallte.
    Das war Fus Mutter, die Ahne. Links von ihr seine Frau und rechts seine Tochter, die Schwester unsers Tsi. Außer Vater und Sohn kam Fang. Der Hafenmeister war geladen und dazu noch einige hervorragende Herren des Ortes. Als die letzte von allen stellte sich Mary Waller ein, die ihr Vater so lange beschäftigt hatte.
    Aus diesen Angaben ist zu ersehen, daß in diesem Haus die Frauen keineswegs eine beklagenswerte Stellung einnahmen, wie man sich in Europa von den chinesischen Frauen erzählt. Es wäre ganz im Gegenteil unmöglich gewesen, ihnen eine größere Rücksicht, Aufmerksamkeit und Ehrerbietung zu erweisen, als hier geschah. Es saß nicht jeder an einem besonderen Tischchen, auch hatte nicht jeder seinen besonderen Diener. Wir aßen genau so, wie man in Deutschland mit guten Bekannten speist. Nur die Kleidung und der Speisezettel waren anders, sonst weiter nichts.
    Ich sagte, bevor wir Platz nahmen, Fu ganz aufrichtig, daß ich wünsche, neben seiner Mutter zu sitzen. Er drückte mir dafür die Hand und führte mich zu ihr hin. Ich muß die Wahrheit sagen: Wir haben sehr wenig gegessen, aber einander gegenseitig so gern und so fleißig bedient, daß ich sie und hoffentlich sie

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