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314 - Exodus

314 - Exodus

Titel: 314 - Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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ihn. Je näher die Entität kam, desto schlimmer konnte es werden.
    ***
    »Lass mich los!«, fuhr Vogler Clarice an. Sie zuckte unter dem Klang seiner Stimme zusammen. In seinen Worten lag eine Wut, die sie nie zuvor bei ihm gehört hatte. Sie kannte niemanden, der so gutmütig und geduldig wie ihr Gefährte war. Doch nun schien es, als wäre er ein anderer.
    »Was ist nur mit dir los?« Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück, um ein Beruhigungspflaster aus einem Medi-Kit zu holen. »Liegt es an den Träumen?«
    Voglers zorniger Blick veränderte sich. Er wurde nachdenklich. »Es... es ist der Schatten. Er senkt sich über uns alle. Über mein Volk. Die Sonne erlischt. Kein Vogel singt. Der Wald liegt in Dunkelheit, und bald wird alles rote Asche.«
    Clarices Hand mit dem Pflaster darin verhielt einen Moment in der Luft. Ihr Brustkorb fühlte sich an, als würde eine erhöhte Schwerkraft ihn zusammenpressen. Das Atmen wurde plötzlich zur Qual. »Dein Volk? Glaubst du wirklich, der Streiter hat...« Sie sprach nicht zu Ende. Wenn sie den Gedanken zuließ, dass der Streiter alles Leben von der Oberfläche des Mars getilgt hatte, dann würde sie genauso zusammenbrechen wie Vogler. Sie musste an das Gute glauben. An eine Rückkehr auf ihren geliebten Planeten. Ihr Mund wurde trocken.
    »Sie sind alle tot«, sagte Vogler mit einer Kälte, die Clarice frieren ließ. Sein Blick richtete sich auf etwas, das nicht in diesem Raum lag. »Alle gegangen. Nur Windtänzer dreht sich in den Schatten und lacht.« Er blinzelte, dann sah er Clarice mit einem Mal verändert an, zärtlich und panisch zugleich. »Versprich mir, dass du mich gehen lässt«, flüsterte er wie im Fieber. Er packte ihre Schultern. »Es ist zu spät. Windtänzer ruft. Folg mir nicht. Lass mich gehen. Ich... ich will dir nicht wehtun...« Seine Finger drückten zu, quetschten ihre Arme mit solcher Kraft an den Körper, dass ihr angst und bange wurde.
    Fast panisch hob Clarice das Pflaster zwischen seinen Armen hindurch und klebte es auf Voglers Hals. Sie standen in der eingerichteten Krankenkammer dicht vor den Mannschaftsräumen. Clarice fing Vogler auf, als das Mittel am Pflaster ihn zusammenklappen ließ. Unter seinem Gewicht ging sie in die Knie und ließ sich mit ihm sitzend auf die Liege sinken.
    Ob Vogler wie Grao eine Art Kontakt zum Streiter hatte? Vielleicht keinen direkten telepathischen Kontakt, aber doch ein intuitives Wissen, was das kosmische Wesen anrichtete. Oder wurde er zum Visionär, wie einige seines Volkes? Kannte er allein die Wahrheit?
    »Nein«, sagte sie laut, wohl wissend, dass Vogler sie nicht mehr hörte. Das Beruhigungsmittel ließ ihn tief und fest schlafen. Es unterdrückte jeden Traum. »Nein, der Mars ist nicht verloren. Und wir auch nicht.« Tief durchatmend legte sie Voglers Oberkörper auf dem Lager ab, stand auf und hob seine Beine und Füße auf die Liege. »Ich muss stark sein«, flüsterte sie, als sie die Angst spürte, die wie ein Monster in einer Ecke ihres Verstandes lauerte, um sich jederzeit auf sie zu stürzen. »Ich muss stark sein, für uns beide.«
    Sie brauchte gegen die Furcht eine Aufgabe, die sie ablenkte. Diese Aufgabe war Vogler. Clarice würde auf ihn aufpassen und ihn beschützen. Falls er wirklich Sabotage begangen hatte, durfte sie ihn nicht mehr allein lassen, auch wenn er darauf bestand.
    Sie spürte Tränen in den Augen, als sie sich neben ihn setzte, um seinen Schlaf zu bewachen. Ihre Hand strich über seine Wange, folgte der Linie des Kiefers. Wenn wenigstens die Mondstation sich wieder melden würde. Sie brauchte einen Hoffnungsfunken. Eine Nachricht vom Mars.
    Wie ein Kleinkind zog sie die Beine auf die Liege und umschlang ihre Knie mit den Armen. Ihr Kopf sank hinab. Gern hätte sie geweint, aber sie hatte sich das Weinen schon vor sehr langer Zeit abgewöhnt. Wann hört dieser Albtraum endlich auf?
    ***
    Mondstation
    Ishi Ramirez hob eine silberne Hülle aus dem Fach im Versorgungsraum, führte sie an den Mund und saugte. Metallisch . Das war das Wort, das ihr durch den Kopf ging. Wie ein Säugling nuckelte sie an der Verpackung. Irgendetwas stimmte nicht an der Art, wie sie das machte. Es kam kein Essen raus. Nichts zum Runterschlucken. Sie wusste, sie machte einen Fehler. Aber welchen?
    Mit der Packungsecke im Mund ging sie durch den Mannschaftsraum. Zwei Männer saßen am Tisch, mit leeren Blicken. Einer hatte eine Tasse vor sich, aus der irgendwann einmal Dampf gekommen war. Sie

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