314 - Exodus
ausreichend zu pflegen. Seine Haut wirkte grünlich und rissig, die Haare strähnig. Unter den Augen lagen dunkle Schatten.
Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah mit Spott in den Zügen zu ihnen herüber. »Warum noch kleine Erfolge feiern? Was soll das alles? Warum kämpfen wir noch? Die Zukunft ist unausweichlich verloren. Mich kotzt diese ganze Augenwischerei an! Ihr kotzt mich alle an! Besonders du!« Sein Finger zeigte anklagend auf Matt.
Matthew sah, wie Clarice neben ihm erstarrte und es offensichtlich nicht fassen konnte, wie Vogler sich benahm. Sie sprach seinen Namen so leise aus, dass nur ein Hauch über ihre Lippen kam. »Vogler...«
Matt dagegen stand auf. Er hatte damit gerechnet, dass in der Zeit vor der Ankunft des Streiters einer von ihnen die Nerven verlieren könnte. Der Druck lastete auf allen. Er nahm Vogler sein Verhalten nicht einmal übel, auch wenn es ihn persönlich traf. »Deine Nerven liegen blank, Vogler. Du solltest dir von Clarice ein Beruhigungsmittel geben lassen.«
»Bist du jetzt auch noch Arzt geworden?«, gab Vogler ätzend zurück. »Ich sage euch, gebt euren blinden Aktionismus endlich auf! Der Streiter wird kommen! Sein Schatten frisst uns alle! Ich habe es gesehen. Lasst uns die letzten Stunden mit Meditation verbringen.«
Clarice stand ebenfalls auf. Sie wirkte deutlich gefasster, wenn auch eine verhärmte Linie um ihren Mund zeigte, wie betroffen sie war. »Matt hat recht. Komm mit mir, Vogler. Ich helfe dir.« Sie trat auf ihn zu und fasste ihn am Arm. »Und danach können wir meditieren«, sagte sie beschwichtigend.
Vogler überlegte einen Moment sichtlich, ob er auf das Angebot eingehen sollte. Er warf einen letzten zornigen Blick in die Runde, dann drehte er sich um und ließ sich von Clarice hinausführen.
Zu seinem eigenen Entsetzen merkte Matt, wie tief Voglers Worte ihn beeinflussten. Fast schien es ihm, als hätte der sonst so ausgeglichene Waldmensch Telepathie ausgeübt, und zwar nicht nur auf ihn. In der Runde sah er deutlich, wie die Stimmung kippte. Steintriebs eben noch zur Schau gestellte Begeisterung erlosch wie eine ausgeblasene Kerze. Besonders Quart’ol und Gilam’esh zeigten mit ihren schlaffen Scheitelkämmen deutlich ihre Zweifel und Ängste.
»Vielleicht stimmt ja, was er sagt.« Quart’ol hob den Blick nicht von der Tischplatte, als traute er sich nicht, die anderen anzusehen. »Vielleicht ist alles vorbei und wir machen uns nur etwas vor...«
Matt wollte energisch widersprechen, doch ihm fehlte die Kraft dazu. Es war, als hätte Voglers Auftritt ihm alle positive Energie entzogen.
»Jetzt kommt mal wieder aus euren Löchern, Leute!«, ertönte da Xij Hamlets Stimme. »Der Waldmensch hatte einen Nervenzusammenbruch, okee? Das soll uns aber nicht daran hindern, den Streiter in einen Felsklotz zu verwandeln, oder?«
Matt lächelte ihr erleichtert zu. Steintrieb grinste schwach. Auch die Hydriten hoben die Blicke. Quart’ol reckte sich zu seiner vollen Größe. »Aber vielleicht sollten wir auch an einen Plan B denken«, sagte er vorsichtig. »Ich meine, falls das Splitten des Schusses nicht klappt. Immerhin haben wir seit der Entstehung der neuen Zeitblasen einen Weg, den Flächenräumer im Notfall zu verlassen.«
Matt sah, wie die Augen von Steintrieb aufleuchteten. »Daran hab ich auch schon gedacht«, sagte er. »Ich könnt nämlich schwören, dass ich in einer der Kugeln Atlantis gesehen hab. Atlantis , versteht ihr? Da gibt’s Technik bis zum Abwinken, und Zeugs, das wir uns nichma vorstellen können. Denkt nur an den Zerstörer!«
Gerade an den dachte Matt nicht gern zurück, doch Quart’ols Vorschlag hatte etwas für sich. Vor allem, wenn sich die Stimmung noch weiter verschlechtern sollte, war über eine Evakuierung des Flächenräumers nachzudenken. Er räusperte sich. »Ihr habt recht. Wir sollten die vier Zeitportale als Option betrachten. Und jeder sollte sich darüber klarwerden, durch welches er im Notfall gehen würde.«
Er selbst dachte zwar nicht daran, zu fliehen, aber Voglers Verhalten war beunruhigend. Sollte der Marsianer Amok laufen, konnte es eine echte Alternative sein, ihn auch gegen seinen Willen in eine andere Zeit zu schicken.
Keiner sprach es bisher aus, aber Matt wusste, dass alle am Tisch dasselbe dachten wie er: Als gesuchter Saboteur bot sich der Waldmann vom Mars mit seinem Auftritt geradezu an. Vielleicht hatte der Streiter wegen seiner mentalen Begabung eine besondere Auswirkung auf
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