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314 - Exodus

314 - Exodus

Titel: 314 - Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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Schultern. Ishi hätte es kaum geschafft, Esteles zu halten, doch der hörte plötzlich auf, sich gegen ihren Griff zu wehren. Wie ein nasser Sack hing er in ihren Armen.
    »Lass mich los, du Stück Dreck«, verlangte er mit kalter Stimme. »Du mischst dich in Sachen ein, die dich nichts angehen. Merkst du denn nicht, dass du nur noch nervst?«
    Ishi ließ los, blinzelte neue Tränen fort. Eine Weile verharrten sie alle wie erstarrt, als hätte jemand die Zeit angehalten. Keiner rührte sich. Dann drehte sich Esteles um und ging davon. Die anderen beiden Männer setzten sich wieder an den Tisch, als wäre nichts geschehen. Aus Angelis’ Nase tropfte Blut auf die Tischplatte. Es kümmerte ihn nicht.
    Ishi griff wieder zu dem Behälter aus Metall. Sie steckte sich den Zipfel in den Mund und begann zu saugen.
    ***
    Im Flächenräumer
    » Lasst uns die letzten Stunden mit Meditation verbringen.«
    Der Satz hallte in Matts Gedanken nach wie ein unliebsames Echo, als er neben Xij durch die Anlage ging. Spürte Vogler den Streiter? Wusste er aufgrund seiner besonderen geistigen Begabungen mehr als er und seine Freunde? Gerne hätte er gewusst, wie nah die kosmische Entität inzwischen war, doch sowohl die Mondstation als auch die AKINA blieben stumm, als wäre dort oben keiner mehr am Leben.
    Xij sah ihn fragend an. »Du hast da eine steile Falte auf der Stirn. Denkst du an den Mond?«
    Er lächelte schwach. »Du scheinst mich zu lesen wie ein offenes Buch.« Zu seiner Überraschung errötete sie leicht.
    »Na, ja. Wir kennen uns nun schon eine Weile.« Sie sah ihn auf eine Weise an, die Matt nachdenklich machte. Wollte sie mehr von ihm, als er ihr geben konnte? Das Thema war ihm unangenehm, er wechselte es. »Wie geht es dir eigentlich mit Gilam’esh?«
    Schon vor einigen Wochen hatte er Xij gefragt, ob es für sie auszuhalten war, mit Gilam’esh so eng zusammenzuarbeiten. Obwohl sich die beiden in Gilam’esh’gad ausgesprochen hatten, blieb ihre Vorgeschichte schwierig. Im Gegensatz zu Gilam’esh und Matt konnte sich Xij kaum mehr an den Mars erinnern. Für sie gab es nur wenige verschwommene Bilder und Eindrücke, die ihr aus dieser ersten Zeit ihrer Existenz als Manil’bud erhalten geblieben waren.
    »Er weicht mir aus. Ich glaube, er fühlt sich schlecht, weil er so viel mit mir zusammen ist und E’fah nicht bei sich hat. Aber wir kommen schon klar.«
    »Schön.« Matt hatte dem nichts hinzuzufügen. Er dachte an Aruula. An ihre letzte Begegnung. Sie hasste ihn und wünschte ihm den Tod. Auch an Rulfan musste er denken. An all die Freunde, die irgendwo dort draußen ausharrten und wussten oder zumindest ahnten, dass es jeden Moment vorbei sein konnte.
    Lasst uns die letzten Stunden mit Meditation verbringen.
    So unsinnig es auch erschien, Matt spürte tief in sich instinktiv, dass Vogler die Wahrheit sagte. Die letzten Stunden vor der Ankunft des Streiters brachen an.
    ***
    »So geil«, murmelte Steintrieb. »Wenn ich nur all meine Bücher da hätte! Ich würd’s so gern vergleichen.« Seine Begeisterung galt der gut zwei Meter durchmessenden Zeitblase, die sich langsam neben ihm herbewegte. Ihre Hülle wirkte wie von Myriaden winziger Diamantsplitter besetzt. Steintrieb hatte den Arm ausgestreckt und berührte die im Diodenlicht funkelnde Schicht mit einer Hand.
    »Pass auf!«, warnte Quart’ol. »Steck deine Finger nicht zu tief in die Blase, sonst zieht es dich hinein!«
    »Atlantis«, murmelte Steintrieb, als hätte er Quart’ol gar nicht gehört. »Das muss Atlantis sein. So komische Häuser und Leute kann’s nur da gegeben ham. Nur ein Schritt und ich wär drin. Mittendrin. Tekknik bis zum Abwinken.«
    Quart’ol wünschte sich, er wäre nur ein winziges Quäntchen so euphorisch wie Meinhart Steintrieb. Inzwischen fühlte er sich mehr und mehr wie sein depressiver Schüler und Freund Mer’ol. Er kannte sich selbst nicht mehr.
    Der Gedanke, vielleicht bald durch eine solche Zeitblase zu gehen, erleichterte ihn, denn er spürte entsetzliche Angst vor dem Streiter und dem, was mit ihm kam. Wenn Matt und die anderen recht hatten, würde er die Erde zu einer toten, im All treibenden Murmel machen.
    Seine Angst erschien ihm voll und ganz berechtigt. Gleichzeitig schämte er sich entsetzlich, überhaupt an eine Flucht zu denken. Bel’ar konnte nicht fliehen. Sie saß in Gilam’esh’gad fest und würde dort sterben, wenn die Meere verdampften.
    Der Gedanke daran ließ ihm übel werden. Warum nur hatte er

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