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314 - Exodus

314 - Exodus

Titel: 314 - Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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beruhigen Sie sich, Ishi. Was ist bei Ihnen passiert? Haben Sie noch Kontakt zur AKINA?«
    »Sie sind tot! Alle tot! Ich bin die Letzte! Wir müssen alle sterben!«
    Hinter sich sah Matt Quart’ol und Gilam’esh nervös auf ihren Sitzen hin und her rutschen. Xij stand auf und trat zu ihnen. Er musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. »Bitte schildern Sie Ihr Problem, Ishi.«
    »Die Wolke... die Wolke... Violett...«
    »Die Wolke?« Meinte Ishi Ramirez den Streiter? »Welche Wolke?«
    Sie begann zu schreien. »Er kommt! Hören Sie das? Er kommt!« Einen Moment schwieg die Frau. Matt hörte in der angespannten Stille eine andere Stimme, die weiter entfernt klang. Er brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass eine akustische Verbindung auf der Mondbasis offen war, um die sich Ramirez nicht kümmerte. Sie nahm sie nicht entgegen! Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schock.
    »Hier AKINA, Dexter Wang spricht. Warum bei allen Sandteufeln redet kein Arsch mit mir? Mein Bruder ist sehr ungehalten.«
    »Die AKINA«, flüsterte Matt entsetzt. Er sah zu Takeo und Steintrieb. »Sie versucht sich zu melden und die Mondstation geht nicht dran. Sie müssen da oben alle unzurechnungsfähig sein.« Durchgedreht. Wahnsinnig. Die Worte überschlugen sich in seinen Gedanken.
    »Nein!« Ein Schrei durchbrach die Stille. Ishi Ramirez schrie um ihr Leben. Ein Mann lachte rau. Die Stimme war neu. Sie mischte sich mit den Schreien. Beides entfernte sich und wurde leiser.
    Im Hintergrund redete Dexter Wang weiter, vergeblich auf eine Annahme der Verbindung wartend. »Hier AKINA! Mein Bruder will Antworten! Geht dran, ihr Pisser!«
    Matthew Drax hatte Tränen in den Augen. Selten hatte er sich so hilflos gefühlt. Wenn er wenigstens mit der AKINA hätte sprechen können, aber dazu fehlte ihm technisch jede Möglichkeit, wenn die Mondstation sich nicht zwischenschaltete. »Matthew Drax an Ishi Ramirez...« Seine Stimme brach. Die Schreie verstummten.
    Am liebsten wäre Matt fortgelaufen, hätte sich eingegraben, ganz tief unter Schnee und Eis. Er kämpfte gegen ein Schluchzen an, das seine Kehle würgte. Im Raum war es unnatürlich still. Quart’ol und Gilam’esh hatten sich von ihm abgewandt, die Köpfe zwischen den Armen verborgen, als würde sie das schützen. Xij stand wie erstarrt am Tisch. Steintrieb war unnatürlich weiß im Gesicht. Seine Augen glänzten feucht, die Hände lagen an seinem Hals, als müsse er sich jeden Augenblick übergeben. Nur der Androide sah aus wie immer. Als Fels in der Brandung ragte Miki Takeo vor der Koordinatormulde auf. Er unterbrach die Verbindung. Die tobende Stimme Dexter Wangs wurde mitten in einer Schimpftirade unterbrochen.
    »Das war’s dann wohl mit der Mondstation«, sagte Xij erschüttert in das Schweigen. »Die haben sich gegenseitig umgebracht. Da lebt höchstens noch einer, und der ist ein Mörder.«
    Matt drehte sich langsam um. Die Last auf seinen Schultern wog Zentner. Seine Hände zitterten, es kostete ihn Mühe, auf den Beinen zu bleiben. »Ich fürchte, du hast recht.« Was er noch dachte, sagte er nicht. Die Mondstation lag vierhunderttausend Kilometer dichter am Streiter. Die kosmische Entität kam mit jeder Stunde näher. Mit ihr reiste der Wahnsinn. Das, was auf dem Mond geschehen war, würde sich schon bald wiederholen. Bei ihnen. Im Flächenräumer.
    ***
    Mondstation, wenige Minuten zuvor
    Ishi Ramirez betrat den Versorgungsraum. Das lange Wandern durch die Gänge hatte sie durstig gemacht. Dabei versuchte sie sich zu erinnern, was sie eigentlich tun wollte. Sie hatte eine vage Vorstellung davon, dass es nicht immer so gewesen war wie in den letzten Tagen. Sie und andere hatten Aufgaben gehabt. Jeder war wie ein Rad in einem Getriebe gewesen. Aber dann ging alles schief. Es gab ein Gerät, das kaputt ging. Ein Gerät zum Kontakt mit anderen. Einen Augenblick sah Ishi in ihrer Vorstellung eine blaue Kugel, verziert von weißen Wirbeln. Danach drängte sich ihr eine rote Kugel auf. Seltsam. Was bedeutete das?
    Sie ging zu einem der Schränke und holte eine Flasche heraus. Rötliches Glas kam zum Vorschein. Sie betrachtete das Gefäß und überlegte, wie sie an das Wasser darin herankam. Ihre Blicke glitten über die Ablage, suchten nach der Schere. Nein. Die Schere war nicht da. Mit ihr würde es auch nicht gehen.
    Das Gerät , sprangen ihre Gedanken wieder zu ihrem eigentlichen Thema, das Funkgerät ging kaputt. Oder besser – einer hat es kaputtgemacht. Esteles. Ja, sicher er.

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