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317 - Die letzten Stunden von Sodom

317 - Die letzten Stunden von Sodom

Titel: 317 - Die letzten Stunden von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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und schloss die Augen.
    Während eine heiße Feuerlohe über sie hinweg strich, wurde Matt bewusst, dass die Stadtmauer keinen halben Kilometer von ihnen entfernt war. Er konnte nur hoffen, dass die Gasblase, die sich hier in die Speisekammer der Asseln entleerte, keine direkte Verbindung zu denen besaß, die sich unter der Stadt befanden. Ansonsten hatte Xij soeben die biblische Vernichtung über Sodom gebracht.
    Nachdem ein Schauer aus Sand und Gesteinssplittern über sie abgeregnet war, hob Matt vorsichtig den Kopf. Links und rechts von ihnen brannten die Büsche. Der Höhleneingang war schwarz verrußt. Und zwischen ihm und ihnen lagen mehrere reglose, teils brennende Klumpen am Boden, die einmal lebende Leichen gewesen waren. Von den Asseln war keine Spur mehr zu entdecken.
    Erleichtert stemmte Matt sich in die Höhe. Neben ihm kamen auch Xij und Grao auf die Beine; den beiden war nichts passiert.
    Immer noch etwas benommen von dem Gas, wankte Matt am Felsmassiv vorbei. Er meinte Xij rufen zu hören, konnte ihre Worte durch das Dröhnen in seinen Ohren aber nicht verstehen. Er hielt auch nicht inne oder drehte sich zu ihr um. Nur ein Gedanken beherrschte ihn. Und er atmete erleichtert auf, als er die letzten Felsen umrundet hatte und einen Blick auf die Stadt werfen konnte.
    Sodom lag still und friedlich da. Nun ja, still und friedlich nur von hier aus betrachtet. Aber es gab keine Anzeichen von Feuer oder gar Explosionen. Die Sprengung der Höhle war ohne Folgen geblieben.
    ***
    Die Sterne glitzerten kalt über dem Jordanland und dem Toten Meer.
    Auf der Dachterrasse des Palastes brannten tausend Kerzen. In durchsichtige Seide bekleidetes Personal huschte zwischen Topfpalmen umher und bewirtete die Gästeschar – König Orloks adelige Freunde sowie minderrangige Angehörige der Königsfamilie. Matt schätzte die Gesellschaft auf mindestens hundert Köpfe.
    Laut Enoch war die Abendtafel aber nur die Ouvertüre für die nach Mitternacht stattfindende Orgie. Bis dahin wollte Matt auf jeden Fall von hier verschwunden sein und Xij mitgenommen haben. Ob man ihnen vielleicht ein Gelübde abkaufte, das ihnen die Paarung nach Mitternacht verbot?
    Melchior war noch nicht da. Dies schien Xij zu gefallen, die sich seit Betreten der Dachterrasse mit Rottenführer Noel unterhielt. Da Noel Xij ebenfalls für einen Jungen hielt, war er für ihre Reize nicht empfänglich. Matt war beruhigt. Schließlich packte er Xijs Arm und zog sie ins Zentrum der lukullischen Lustbarkeiten.
    Prinzessin Orphea war umgeben von grell geschminkten, mit Gold behängten Gestalten, die nicht einwandfrei erkennen ließen, welchem Geschlecht sie angehörten. Sie hieß ihre Retter überschwänglich und mit schwerer Zunge willkommen und stellte Maddrax ihre engsten Freunde, Freundinnen, Vettern, Basen sowie ihre »Seherin« vor. Letztere erweckte den Eindruck, dass sie auch mit dem sodomitischen Rotwein eng befreundet war. Als ihr Blick auf Grao fiel, furchte sich ihre Stirn, und Matt fragte sich, ob es so etwas wie Seherinnen wirklich gab. Er nahm aber an, dass die Dame im astrologischen Gewerbe tätig und keine frühe Telepathin war. Als die Prinzessin mit der Vorstellung fertig war, ließen die Anwesenden Matt und seine Gefährten auf Aramäisch hochleben und prosteten ihnen mit goldenen Kelchen zu.
    König Orlok, zu dem Matthew anschließend geleitet wurde, war ein etwa vierzig Jahre alter, eierköpfiger Leptosom [4] mit Ziegenbart. Ein Lorbeerkranz verschönte seinen haarlosen Schädel. Natürlich wusste er von den Schrecken des vergangenen Tages, weswegen auch er sich bei den »Männern aus Engelland« bedankte, die der fremden Pest auf der Spur waren.
    »Eins beschäftigt mich aber an der Sache«, sagte er. »Ihr habt meinem Bruder und Hauptmann die Hintergründe des Fluchs erläutert, der unsere Stadt heimsucht.« Er runzelte die Stirn. »Doch mir ist nicht ganz klar, was Magier – Druiden habt ihr sie genannt, richtig? – aus einem fernen Land gegen meine schöne Stadt haben könnten, dass sie diese Brut auf uns hetzen.«
    Xij übersetzte, und Matt spann sich in Sekundenschnelle eine Erklärung zurecht: »Sicher kannten die bösen Druiden weder euer Land, noch eure prächtige Stadt, mein König«, ließ er Xij dolmetschen. »Die Brut muss sich von ganz allein von Engelland aus ihren Weg durch die Erdkugel gegraben haben.«
    Der König brach in Gelächter aus, und erst nach Xijs Erklärung begriff Matt, was für einen Bock er geschossen

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