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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kaiser von China in eigener Person sei.
    „Schim Hu-tsin – Sie heißen Hu-tsin?“ fragte der Student.
    „Pi-tseu – das ist mein Name“, antwortete der Juwelier, welcher
sich von seiner Betroffenheit erholte und unter tiefen Verneigungen und
ehrerbietigen Handbewegungen die beiden einlud, näherzutreten.
    „Ich komme nicht, um etwas zu kaufen“, fuhr Methusalem fort. „Ich habe notwendig mit Ihnen zu sprechen.“
    „Sie – mit mir?“ fragte der Mann, dem es ein Rätsel war, was so
ein fremder Herr gerade mit ihm zu reden habe. „Ist es etwas Wichtiges?“
    „Sehr, nicht für mich, aber für Sie.“
    „Was?“
    „Es handelt sich um Ihr Leben.“
    „Um – mein – Leben? T'ien-na, o mein Himmel! Ist das möglich?“
    „Ja. Ich bin gekommen, um Sie vom Tod zu erretten.“
    „Weshalb sollte ich sterben? Sind Sie ein fremder Arzt? Bin ich krank?“
    „Nein. Sie sollen hingerichtet werden.“
    „Herr, ich bin kein Verbrecher!“
    „Das weiß ich; aber es kommt auch vor, daß Angeklagte unschuldig verurteilt werden.“
    „Angeklagte? Wessen will man mich anklagen? Was soll ich verbrochen haben?“
    „Sie sollen ein Götterbild geraubt haben.“
    Der Mann erbleichte und begann zu zittern. „Ein Götterbild!“ stieß
er hervor. „Das ist ein Verbrechen, welches mit dem schrecklichsten Tod
bestraft wird!“
    „Allerdings. Und von diesem Tod will ich sie erretten.“
    „Herr, man kann mich nicht verurteilen, denn ich habe die Tat nicht
begangen. Ich achte die Gesetze und bin mir niemals einer Schuld bewußt
gewesen, am allerwenigsten aber einer so gräßlichen.“
    „Aber man wird die Figur bei Ihnen finden.“
    „Bei – mir? Wo?“
    „Im Garten.“
    „Da mag man suchen!“
    „Ja, man wird suchen, und wenn man sie dort findet, sind Sie verloren.“
    „Das wäre ich allerdings; aber ich weiß gewiß, daß man nichts finden wird.“
    „Und ich weiß ebenso gewiß, daß man sie bei Ihnen ausgraben wird!“
    „Dann müßte sie ein andrer eingegraben haben!“
    „Ja, und das ist eben der Fall. Ein Feind von Ihnen will die Figur
stehlen und bei Ihnen vergraben lassen. Erstattet er dann Anzeige, so
wird sie bei Ihnen gefunden, und Sie werden als Dieb und Tempelschänder
zum Tod verurteilt.“
    Da schlug der Juwelier die Hände zusammen und rief im Ton des
Entsetzens: „Welch ein Unglück! Ich bin verloren; ich bin verloren!“
    „Schreien Sie nicht so! Sie sehen, welch eine Menge von Menschen vor
Ihrem Laden steht, um mich zu begaffen. Sie sind nicht verloren, denn
ich bin gekommen, Sie zu retten. Wir müssen die Angelegenheit mit allem
Bedacht besprechen.“
    „Ja – besprechen – mit allem Bedacht! Ich werde jemand
rufen, der einstweilen im Laden bleibt. Sie aber werden die Güte haben,
mich hinauf in mein Zimmer zu begleiten.“
    Er rief einen Namen durch eine Tür, welche im Hintergrund des Ladens
angebracht war. Ein junger Mann kam herein. Dann forderte er Methusalem
und Gottfried auf, ihm zu folgen.
    Es ging durch die erwähnte Tür nach einem kleinen Vorplatz, von
welchem aus eine Treppe zum Stock emporführte. Dort traten sie in eine
Stube, die der Arbeitsraum des Juweliers zu sein schien. In einer Ecke
war ein Brettchen angebracht, auf welchem eine kleine, dicke Figur des
Buddha saß. Vor derselben brannte ein Licht.
    Der Juwelier bot zwei Stühle an. Er selbst brauchte keinen. Die
Unruhe, welche ihn ergriffen hatte, erlaubte ihm nicht, sich zu setzen.
Gottfried zog seinen Stuhl hinter denjenigen des Studenten, welcher
sich würdevoll niederließ.
    „Schade, daß ich nicht jenug Chinesisch verstehe, um dem Jange
dieser Unterredung folgen zu können!“ sagte der erstere. „Ich möchte
doch zu jern wissen, wat er sagt.“
    „Du wirst es erfahren. Das versteht sich von selbst.“
    „Also ein Feind von mir will das tun, wovon Sie sprachen!“ sagte der Juwelier. „Wer mag das sein?“
    „Kennen Sie keinen Menschen, welcher Sie so sehr haßt, daß er eines so nichtswürdigen Anschlages fähig ist?“
    „Nur einen.“
    „Wer ist das?“
    „Wing-kan, mein Nachbar.“
    „Dieser ist es.“
    „Dieser? Wissen Sie das genau?“
    „Ja. Ich habe seine Unterredung mit dem Menschen, welcher den Diebstahl ausführen soll, belauscht.“
    „Wer ist dieser Dieb?“
    „Das weiß ich nicht. Ich kenne ihn nicht. Ich bin fremd, ein
Tao-tse-kue, erst heut hier angekommen. Wing-kan will sich rächen, weil
Sie ihn beleidigt haben.“
    „Er hat mich vorher gekränkt!“
    „Ja. Er hat

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