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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sänftenträger weiß ich noch nicht, woher sie nehmen.“
    „Nun, schieß los!“
    „Soll jeschehen. Sie wissen wohl, daß ich länger bin als Sie?“
    „Natürlich! Was soll diese Frage?“
    „Stören Sie mir nicht in meinem Zirkel! Auch werden Sie bemerkt haben, daß Sie dicker sind als ich?“
    „Zu meiner Kenntnis ist auch das gekommen, ja.“
    „Und wat sagen Sie nun von die Jestalt unsres heutigen Wirtes?“
    „Wieso? In welcher Beziehung meinst du das?“
    „In Beziehung der seinigen Jestalt auf die unsrige Figur.“
    „Nun, er ist nicht ganz so beleibt wie ich und auch nicht ganz so lang wie du.“
    „Janz recht! Er steht so mitten drinne. Darum jebe ich mir der Überzeugung hin, daß seine Anzüge uns beiden so leidlich passen würden, wenigstens für des Nachts.“
    „Möglich, sogar wahrscheinlich. Aber denkst du etwa, daß er sie uns leihen würde?“
    „Warum nicht?“
    „Nein. Er mag von der Sache persönlich nichts wissen.“
    „Aberst fragen können Sie ihn doch! Und sollte er sie nicht herjeben wollen, nun, so schafft unser Jottfried Rat.“
    „Wieso?“
    „Ich mause sie, oder ‚ek muise zij‘, wie der Mijnheer sagen würde.“
    „Gottfried, wie lautet das siebente Gebot?“
    „Weiß schon: Du sollst nicht stehlen! Doch will ich dat auch jar nicht. Er soll seine Habitussens zurück erhalten. Und diese Medailljens, welche wir brauchen, werden ‚ook gemuist‘, wenn wir sie nicht anders bekommen können.“
    „Gottfried, Gottfried!“
    „Methusalem, Methusalem! Wenn Sie wat bessers wissen, so sagen Sie es! Sie können nur als Mandarin und mit einem Zeichen versehen sich Eingang verschaffen. Überlejen Sie sich den Schlafrock; ich werde Ihnen nicht dabei stören.“
    Er ging fort, um seinen Spaziergang wieder aufzunehmen, und kehrte erst nach längerer Zeit zurück, um zu fragen: „Nun, haben Sie einen andern Weg entdeckt?“
    „Nein.“
    „So muß es bei dem meinigen bleiben.“
    „Das fällt mir schwer. Sollen wir das Vertrauen des Tong-tschi in dieser Weise täuschen? Denn was wir ihm heimlich nehmen, können wir ihm dann nicht wieder zustellen.“
    „Warum denn nicht?“
    „Weil wir keine Zeit dazu haben und die Sachen auch keinem Boten anvertrauen dürfen.“
    „Hm! Dann wären sie allerdings jestohlen, und ein Spitzbube ist der Jottfried nie jewesen. Hier, grad hier sitzt der Hase, über den ich nicht jern stolpern möchte. Denken wir also weiter nach!“
    Aber das Grübeln war umsonst. Degenfeld sah ein, daß er vor allen Dingen hören müsse, welchen Vorschlag ihm der Tong-tschi machen werde. Dieser hatte ihm ja einen guten Rat versprochen.
    Aber der Nachmittag verging, ohne daß der Mandarin sich sehen ließ. Es wurde Abend, und man rief die drei zum Mahl in das Haus. Es war für sie allein gedeckt. Degenfeld fragte den servierenden Diener nach seinem Herrn und hörte, daß derselbe Besuch empfangen habe.
    „Es ist der Ho-po-so, welcher mit ihm in seinem Zimmer speist“, fügte der redselige Mann hinzu.
    „Der Ho-po-so? Wann ist er gekommen?“
    „Vor einer halben Zeit.“
    Eine halbe Zeit ist gerade eine Stunde. Also schon so lange war er da! Er aß mit dem Tong-tschi, ohne sich vor den Gästen sehen zu lassen, welche zu begrüßen er gekommen war! Das war sonderbar.
    Später hörte Degenfeld die Schritte mehrerer Leute, welche draußen am Speisezimmer vorübergingen. Dann erfuhr er, daß der Ho-po-so sich entfernt habe.
    „Das ist beleidigend“, sagte er zu Gottfried. „Wir haben ihn von der Piratendschunke geholt; er verdankt uns nicht nur das Leben, sondern auch die Ehre und Reputation; er hat auch dem Tong-tschi gesagt, daß er morgen oder sogar schon heut kommen wolle, um uns zu sehen, und nun er da ist, sucht er uns nicht auf und entfernt sich wieder, ohne uns sein mongolisches Angesicht gezeigt zu haben. Was soll man davon denken?“
    „Wat ich denken soll, dat weiß ich.“
    „Nun, was?“
    „Der Tong-tschi wird erzählt haben, wat jeschehen ist, und nun mag dieser liebe Hafen- und Flußmeister nichts von uns wissen. Als er sich in Jefahr befand, waren wir ihm willkommen; nun aber wir uns in Jefahr befinden, beeilt er sich, heiler Haut nach Hause zu gehen. Dat ist so der Lauf der Welt und der Jepflogenheiten des Menschenjeschlechts.“
    „Aber feig und undankbar!“
    „Wat mir betrifft, so bin ich nicht zu den Chinesen jekommen, um Mut und Dankbarkeit bei sie zu suchen. Meinetwegen mag dieser Ho-po-so sich – – –“
    Er hielt inne,

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