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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Beaufsichtigung da ist.“
    „Er hat doch die Medalljen, die ihm dat Tor und alle Türen öffnen, wie Sie erzählten.“
    „Ja, aber ich kann es ihm nicht verdenken, wenn er sich nicht persönlich in Gefahr begeben will. Bei ihm steht eben mehr auf dem Spiel als bei jedem andern, und wir können von ihm nicht verlangen, daß er für uns alles, geradezu alles wagt, während es eigentlich seine Pflicht wäre, das gerade Gegenteil zu tun.“
    „Richtig! Aber wat er nicht kann oder nicht will, dat können doch wir!“
    „Was?“
    „Als Mandarine ins Jefängnis jehen und dann mit die Jefangenen wieder herausspazieren.“
    „Daran habe ich auch schon gedacht. Aber das ist leichter gedacht als getan!“
    „Dat weiß ich sehr wohl. Es läßt sich ja überhaupt alles leichter denken als tun. Denke ich zum Beispiel, daß ich Ihre Hukah rauche, da haben Sie dat Mundstück zwischen die Zähne, und ich kann mich den Rauch inschnuppern. Ich weiß auch ebenso jenau, daß die Sache mit eine jewisse Jefahr verbunden ist, aber ich kann den Jedanken nicht los werden, daß wir unsern ‚Jeldbriefträger von Ninive‘ nochmal wiedersehen, und da ist mich sonne chinesische Jefährlichkeit ziemlich schnuppe. Woller Sie hinein in dat Huok-tschu-fang, so bin ich augenblicklich mit dabei.“
    „Ich auch“, sagte Richard.
    „Das glaube ich“, antwortete Degenfeld dem letzteren. „Dich aber könnte ich nicht gebrauchen. Du treibst Chinesisch erst seit unsrer Reise; Gottfried aber hat sich schon vorher so oft und eingehend mit seinem guten Freund Ye-kin-li herumgeärgert, daß, um mit Turnerstick zu sprechen, genug Endungen an ihm hängen geblieben sind, um ihm hier und da einmal über die Lippen zu laufen. Er kann leichter als du für einen Chinesen gehalten werden, ganz abgesehen davon, daß du zu jung und zu klein bist, an so einer Gefahr teilzunehmen.“
    „Schön!“ meinte Gottfried. „Also mein Jedanke jefällt Ihnen?“
    „Er ist nicht allein der deinige. Ich sagte ja bereits, daß ich ihn selbst auch schon gehabt habe. Wenn ich mir die Sache recht überlege, so wird uns wohl nichts andres übrig bleiben.“
    „Jut. Ich jehe also mit?“
    „Ja. Allein kann ich es nicht wagen. Ich muß einen Soutien haben, auf den ich mich zurückziehen kann.“
    „Jottfried und Soutien! Ich avanciere immer höher! Wollen diese Anjelegenheit weiter betrachten. Wenn wir diesen Plan ausführen wollen, so müssen wir chinesische Kleider haben.“
    „Mandarinenanzüge sogar!“
    „Doch woher nehmen?“
    „Freilich hier ist es nicht wie daheim, wo man nur zum Maskenverleiher zu gehen braucht, um alles zu finden, was nötig ist.“
    „Werden es auch hier finden!“
    „Wo?“
    „Davon später. Ferner brauchen wir den Hauptschlüssel in Jestalt von einer Medaille.“
    „Den hat der Tong-tschi.“
    „Und jiebt ihn nicht her?“
    „Ich zweifle.“
    „Ferner brauchen wir Sänften, nicht?“
    „Ja. Gehen können die drei nicht, wenn es uns gelingen sollte, sie bis vor das Tor des Gefängnisses zu bringen. Die Kleidung des Mijnheer würde auffallen und alles verraten.“
    „So müssen wir Sänftenträger bestechen, und dat kostet Jeld.“
    „Das Geld würde ich nicht sparen; aber welcher Fremde findet gleich Kulis, denen man trauen darf. Wir wären gezwungen, diesen Leuten unseren Plan mitzuteilen, und müßten gewärtig sein, daß die Kerls zum Pang-tschok-kuan liefen, um ihm alles zu sagen.“
    „Wie viele brauchen wir ihrer denn?“
    „Zwölf.“
    „Zwölf? Warum so viele?“
    „Weil wir sechs Personen sind. Es versteht sich ja ganz von selbst, daß wir nicht nach hier zurückkehren könnten. Wir müßten sofort die Stadt verlassen.“
    „O weh! Und die Straßen und Jassen sind alle verschlossen!“
    „Das würde uns wenig hindern, da ich den Paß habe, welcher alle Tore öffnet, leider aber nicht Gefängnistüren.“
    „Hm! Je länger ich mich die Sache betrachte, desto freundlicher lächelt sie mir an. Ich werde mal einige Augenblicke auf und nieder steigen; dann sollen Sie hören, wat der Jottfried für kein Aujust ist!“
    Er stand von seinem Sitz auf und stieg einigemal im Garten hin und her. Dabei warf er die langen Arme um sich und zog allerlei wunderliche Gesichter, lachte dabei laut auf, brummte wieder sehr ernst vor sich hin und kehrte endlich mit einem höchst pfiffigen Gesicht wieder zurück.
    „Ich habe es!“ sagte er. „Die janze Jeschichte liegt hell und klar vor meine jeistige Fähigkeiten; nur mit die

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