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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ungeübte spießt sich diese Stückchen aus der Brühe heraus, wozu er sich der Kwei-tze bedient, wird aber ausgelacht oder gilt für einen Mann, welcher die gute Sitte mißachtet. Der geübte Esser nimmt das eine Stäbchen zwischen den Daumen und Zeigefinger der rechten Hand, das andre zwischen den Mittel- und Ringfinger; stoßen nun die Enden der Stäbchen zusammen, so bilden sie einen beweglichen Winkel, eine Art Zange, mit welcher man alles, selbst dünnen Reis, zum Mund zu bringen vermag. Wer erfahren will, welchen spaßhaften Anblick es gewährt, einen Ungeübten auf diese Weise essen zu sehen, der mag einmal selbst versuchen, mit zwei sechs Zoll langen und fast streichholzdünnen Stäbchen eine Gräubchensuppe zu genießen, ohne vom Teller bis zum Mund alles zu verlieren.
    Der Platz, auf welchem die Tische standen, war durch an Schnüren hängende Landkarten von riesiger Größe von dem übrigen Verdeck abgeschlossen. Diese Karten stellten die Länder der Erde vor, aber nach chinesischer Anschauung. Sie hatten eine Größe von wenigstens je vierzig Quadratfuß. Neununddreißig Quadratfuß nahm das Reich der Mitte ein. Die andern Länder der Erde samt allen Meeren waren auf dem vierzigsten angebracht. Rußland hatte die Größe einer Walnuß; daran klebte Frankreich haselnußgroß. Jenseits dieser beiden Länder, von ihnen durch einen Fluß getrennt, welcher Tsin-tse, wahrscheinlich Themse, hieß, lagen Deutschland und England in der imponierenden Größe einer Erbse. Spanien war neben die Vereinigten Staaten und Holland neben Java gemalt, und zwar nadelkopfgroß. Dagegen hatte der Jang-tse-kiang eine Breite von zwei Männerspannen, und Peking war dreimal größer dargestellt als sämtliches Ausland zusammengenommen. So hat Gott nach Anschauung der Chinesen die Erde unter die verschiedenen Völker verteilt. Da ist es gar nicht wunderzunehmen, daß sie einen außerordentlichen Nationalstolz besitzen und sich für das bevorzugteste Volk der Erde halten. Diejenigen von ihnen aber, welche Gelegenheit finden, fremde Länder zu sehen, fühlen sich gewöhnlich von diesem Irrtum sehr schnell geheilt, beharren aber trotzdem auf der Ansicht, daß sie die gebildetsten Menschen seien.
    Außer den fünf Gästen nahmen noch der Ho-tschang, der To-kung, der Hiang-kung oder Priester und der Besitzer des Schiffes an den Tischen Platz. Und nun wurden die Speisen gebracht.
    Das erste Gericht bestand aus gesottenen Eiern, welche mit Brennesseln zerhackt und mit Essig gewürzt waren.
    „Wat voor eieren zijn deze eieren?“ fragte der Dicke.
    „Es sind Krokodilseier“, antwortete Gottfried von Bouillon, indem er ein sehr ernstes Gesicht machte.
    „Foei! En deze eieren zullen wij eten?“
    „Natürlich!“
    „Bliksem! Ik ete niets!“
    Das Gericht sah ganz appetitlich aus. Er hatte auch schon seinen Löffel ergriffen, um sich davon auf den Teller zu nehmen, legte ihn aber schnell wieder weg.
    Gottfried aber langte zu und gebrauchte seine Kwei-tze mit der Geschicklichkeit eines Chinesen. Er hatte ebenso wie der Methusalem und Richard Stein die Eßstäbchen daheim bei Yekin-Li kennengelernt und sich dann während der Seereise im Gebrauch derselben geübt. Indem er tüchtig kaute, meinte er zu dem Mijnheer, welcher neben ihm saß: „Dat mundet mir. Krokodilseier sind doch eine jroßartige Delikatesse.“
    „Donderslag, ik dank! Gij scherts, lieve vriend – Donnerschlag, ich danke! Sie scherzen, lieber Freund!“
    „Nein; es ist mein Ernst. Versuchen Sie doch nur!“
    „Neen; ik ete niet krokodileieren.“
    Er hielt sein Wort und rührte diese Speise nicht an; doch schien ihm sein Verzicht schwer zu werden, als er sah, wie gut es den andern schmeckte.
    Dann wurde eine Brühe gebracht, in welcher kleine Fleischstücke schwammen. Als er alle andern zulangen sah, fragte der Dicke vorsichtig: „Is dit Hond?“
    „Nein“, antwortete Gottfried.
    „Dan ete ik ook!“
    Er füllte sich den Teller und aß mit dem unförmlichen Löffel, ohne sich der Kwei-tze zu bedienen. Auch bekümmerte er sich gar nicht um die Blicke, welche die Chinesen ihm ob dieser Verletzung des Anstandes zuwarfen. Als er fertig war, nickte er dem Gottfried freundlich zu und sagte: „Nee, dit is niet Hond.“
    „Hund nicht, aber Katze!“ antwortete Gottfried.
    „Wat? Katenvlees?“
    „Freilich!“
    „Mijn Hemel! O mijne gorgel, mijn maag en mijne darmen! Mijnheer Methusalem, wat zegt het woordenboek van den darmen?“
    „Was das Wörterbuch von den

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