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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihn die Neugierde von seinem Posten weg und zu ihnen herbei.
    „Wat gibt's denn da für eine Konferenz?“ fragte er. „Darf ich mich erlauben, mal herzuhorchen?“
    „Ja, alter Gottfried“, antwortete Degenfeld. „Auch du wirst dich freuen. Wir haben, ohne es zu ahnen, einen großen Schritt zur Erreichung unsres Zieles getan.“
    „Etwa mit den jewissen Siebenmeilenstiebeln?“
    „Fast ist es so. Es hat sich nämlich soeben herausgestellt, daß dieser junge Mann der älteste Sohn unsres Freundes Ye-kin-li ist.“
    „Wat? Wie? Wo? Unseres alten Ye-kin-li mit dat Kong-Kheou, der mir als Rieou-chi-tchin-chi-nieou geschumpfen hat? Liegt da nicht vielleicht ein Irrtum vor?“
    „Nein, es stimmt.“
    „Hat er seinen Impfschein vorgezeigt?“
    „Ist nicht nötig. Er hat das Legitimationsexamen vollständig bestanden.“
    „Dann jeschehen noch Zeichen und Wunder alltage und auch noch jetzunder! Sollte man es denken! Sie Chinesige sind der kleine Ye-kin-li! Wie ist dat denn eijentlich entdeckt worden?“
    Er sprach vor Freude seine Frage so laut aus, daß der Dicke auch herbeikam und sich erkundigte: „Was trijscht de Godfrijd want zoo – Was kreischt der Gottfried denn so?“
    „Wat ich kreische?“ meinte dieser. „Dat fragen Sie noch, Dicker? Sehen Sie sich mal diesen Sohn der Mitte an! Er ist jetzt derjenige, den wir hier suchen, nämlich der leibhaftige Isakk von dem Abraham, welchen wir daheim Ye-kin-li genannt haben!“
    „Derhalve zijn zoon?“
    „Ja, mithin sein Sohn! Wat sagen Sie dazu?“
    „Wat ik zeg? Zul ik dat geloven – Was ich sag? Soll ich es glauben?“
    „Natürlich! Er ist der Sohn unsres chinesischen Händlers. Wir haben ihn jefunden, ohne ihn noch jesucht zu haben!“
    „God zij geprezen! Goeden morgen, mijn vriend! Ik ben Mijnheer van Aardappelenbosch. Ik heb gewild ju ook met zoeken – Gott sei gepriesen! Guten Morgen, mein Freund! Ich bin Mijnheer van Aardappelenbosch. Ich wollte Sie auch mit suchen.“
    Er schüttelte ihm beide Hände und war so erfreut, als ob ihm persönlich ein großes Glück widerfahren sei. Er hatte, wie die meisten dicken Leute, ein sehr gutes Herz und ein weiches Gemüt.
    Auch Turnerstick und Richard kamen, um zu erfahren, warum so große Freude vorhanden sei. Der Methusalem aber trieb die unvorsichtige Gesellschaft schnell wieder auseinander. Es gab jetzt keine Zeit zu solcher Unterhaltung, da es galt, den Gefangenen die größte Aufmerksamkeit zu erweisen.
    Zu diesem Zwecke ließ Degenfeld alle auf dem Verdeck vorhandenen Laternen anbrennen. Das war eine so große Zahl, daß die Beleuchtung dann fast einer richtigen Illumination glich.
    Die Matrosen waren so fest angebunden, daß sie sich nicht losmachen konnten. Die Gefangenen in der Kajüte vermochten auch nicht, sich von ihren Stricken zu befreien, und unter Deck herrschte die vollständigste Ruhe. Die Leute schliefen ohne Ahnung, daß das Erwachen ihnen den größten Schreck bringen werde, den es für sie geben konnte.
    Unter solchen Umständen wurde den sechs Personen ihr Wächteramt nicht schwer. Sie mußten auf den Schlaf verzichten; das war alles.
    Der Landwind blies bis gegen Morgen stet; dann holte er nach und nach um und schlief für eine kurze Weile ein. Als er wieder lebendig wurde, hatte er die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. Er blies von der See nach dem Land, und nun war es für Turnerstick Zeit, die Matrosen wieder an die Brassen zu kommandieren, um das Schiff mit dem Seewinde nach dem Hafen zurückgehen zu lassen.
    Der Tag graute, und die Laternen wurden ausgelöscht. Man band die Matrosen los, und sie waren, wie schon in der Nacht, gezwungen, die Befehle des Kapitäns, welche ihnen in derselben Weise verdolmetscht wurden, auszuführen. Dann wurden sie wieder angebunden.
    Freilich waren die Gesichter, welche sie dabei machten, keineswegs freundlich. Sie gehorchten nur, weil sie die Waffen auf sich gerichtet sahen. Malaiische Seeleute, die es ja in jenen Gegenden häufig gibt, hätten sich ganz anders verhalten; diese hätten selbst den Gewehren und Revolvern getrotzt. Der Chinese aber ist nur dann ein Held, wenn es keine Gefahr für ihn gibt, oder wenigstens wenn er mit ziemlicher Sicherheit auf das Gelingen rechnen kann.
    Es wurde bald so hell, daß man den ganzen Gesichtskreis überblicken konnte, und da sahen die Männer denn, daß die Dschunke nicht das einzige Schiff war, welches sich in demselben befand. Hinter ihnen stieß ein Dampfer seine Rauchwolken aus den

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