320 - Die Schlacht von Dapur
durch die Luft flogen, begleitet von menschlichen Körpern. Pferde wieherten panisch, Geschirre verhedderten sich ineinander, Hufe wirbelten, schrille Todesschreie ertönten, Schwerter klirrten gegeneinander. Doch bald verhüllte eine gewaltige Staubwolke gnädig den Blick auf das grausame Geschehen.
Auch Ramses kämpfte nun tapfer wie ein Löwe, tötete reihenweise seine Feinde und brüllte und beschimpfte sie dabei unablässig. Wie ein Dämon wirkte der riesige Mann mit dem leuchtend blauen Helm, der sich langsam aber sicher in einen Blutrausch steigerte.
Obwohl nun auch die Flügelzangen und die Wagen im Rücken der Hethiter in den Kampf eingriffen, gelang es rund dreißig hethitischen Wagen, den ägyptischen Riegel zu durchdringen und seitlich in die Fußsoldaten der Amun-Division hinein zu preschen. Wie Pflüge fegten sie durch die Reihen der Infanteristen und richteten furchtbare Verwüstungen an, ehe ihre Besatzungen von den Elitesoldaten des Pharaos, den Naruna-Kämpfern, von den Wagen geschossen und geschlagen wurden.
Zumindest kurzzeitig war der Angriff auf die Festung ins Stocken geraten. Offiziere mussten ihre Soldaten mit Peitschenhieben und lauten Schreien antreiben, den Sturm wieder aufzunehmen.
Jetzt machten sich auch die Verteidiger in der Feste zum ersten Mal bemerkbar. Pfeilhagel lösten sich von den Zinnen und kamen sirrend über die Ägypter. Obwohl die meisten Geschosse in den Schilden stecken blieben, sanken über zwanzig Soldaten des Pharaos zu Boden. Die Verwundeten brüllten und krochen nach hinten zurück, während die restliche Truppe weiter vorrückte.
Die Rammböcke, die auf Rädern fuhren und beweglich in riesigen Schlaufen hingen, wurden unter großen Verlusten vor das große Haupttor gezogen. Während die mächtigen Baumstämme dagegen donnerten, das Tor aber nur mäßig erschüttern konnten, flogen von oben Felsbrocken und weitere Pfeile über die Mauer. Dabei erlitten auch die Verteidiger, die dazu aus der Deckung mussten, Verluste.
Gleichzeitig stellten die Ägypter erste Sturmleitern an die Mauern und kletterten hoch, während sie von unten Deckung durch die Bogenschützen bekamen. Der Pfeilhagel knapp über die Mauerkante sorgte dafür, dass die Verteidiger die Köpfe unten behalten mussten.
Als die ersten ägyptischen Soldaten auf der Mauerkante auftauchten, wurden sie von Speeren durchbohrt und wieder hinab geworfen. Von Schilden geschützt, warfen die Hethiter Steine hinterher und stießen die Leitern mit langen Stangen von der Mauer weg. Schließlich folgte glühendes Pech und brachte den ersten Angriff endgültig zum Erliegen.
Die Szenen des Grauens waren so schlimm, dass Matt und Xij, die diesen Teil der Schlacht genau beobachten konnten, sich schaudernd abwandten. Der Daa’mure dagegen verfolgte das Geschehen mit wachem Interesse.
Ramses, der wohlbehalten in seinem Streitwagen stand und sich mit diesem ersten Angriff wohl ein Bild über die Stärke der Verteidiger gemacht hatte, ließ zum Rückzug blasen. Die Ägypter zogen sich zurück, doch dank des Totalverlustes sämtlicher Streitwagen und des relativ geringen Erfolgs, den ihr Einsatz gebracht hatte, hielt sich der Jubel auf den Mauern in Grenzen.
Als kleinen Gruß schickte Ramses noch einen mächtigen Steinbrocken aus einer der Steinwurfmaschinen hinüber. Er krachte in die Mauer neben dem Haupttor, allerdings viel zu tief, um wirklichen Schaden zu verursachen.
»Sie werden die Maschinen schon noch ausrichten«, meinte Xij. »Das war erst der Anfang.«
***
Seit vier Tagen tobte die Schlacht um Dapur nun. Unablässig flogen Steine und brennende Grasbüschel über die Mauern, Brand- und normale Pfeile. Immer wieder drangen die ägyptischen Truppen vor und wurden spätestens auf den Mauerkronen zurückgeworfen.
»Irgendwann müssen diesem verfluchten Kommandanten doch die Soldaten ausgehen«, sagte Ramses missmutig, als die Nacht hereingebrochen war und die ägyptischen Feuer auf den Ebenen um Dapur brannten, so weit das Auge reichte. »Ich wünschte, wir könnten auch nachts kämpfen und im Schutze der Dunkelheit vorrücken.«
E’fah wusste, warum dieser strategische Vorteil nicht genutzt wurde: Die Ägypter glaubten, dass jeder, der bei Nacht getötet wurde, in die Unterwelt einging. Als Hydritin lachte sie über diesen Aberglauben, doch überzeugen konnte sie Ramses nicht.
Er lag neben ihr. Zweimal schon hatte er sie genommen, war aber in Gedanken die ganze Zeit bei der Schlacht gewesen. Genau so
Weitere Kostenlose Bücher