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321 - In 80 Welten durch den Tag

321 - In 80 Welten durch den Tag

Titel: 321 - In 80 Welten durch den Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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die Straße.
    Herzlichen Glückwunsch, Tom. So weit bist du jetzt also schon, dass du Früher-war-alles-besser-Gedanken hegst.
    Er seufzte und wandte sich ab. War es denn ein Wunder, wenn ihn die Wehmut plagte, die manch altem Mann zueigen war, der glaubte, keine Aufgabe im Leben mehr zu besitzen? Schließlich war er ein alter Mann ohne Aufgabe!
    Seit über hundert Jahren hatten die Archivare nicht mehr auf seine Dienste zurückgegriffen. Genauso lange hatte er auch den zeitlosen Raum nicht mehr besucht.
    Körperlich hatte er sich nicht verändert. Fitness, Gesundheit und Aussehen entsprachen dem Stand von 2012. Und dennoch fühlte er sich müde. Er fragte sich, was das Leben noch für ihn bereithalten sollte. Was gab es Neues zu erleben? Stellte nicht längst alles eine Wiederholung dar? Wie viele Bücher konnte man lesen, wie viele Filme sehen, ohne das Gefühl zu bekommen, die dort erzählten Geschichten bereits zu kennen?
    Fluch der Alterslosigkeit!
    Die Stimme in seinem Kopf ertönte so unvermittelt und unerwartet, dass er vor Schreck einen Satz machte.
    »Komm zu uns!«
    Sekunden vergingen, bis sich sein Herz halbwegs beruhigte und er begriff, was geschehen war. Die Archivare hatten sich gemeldet! Seit über hundert Jahren zum ersten Mal!
    Tom sah auf den Armreif hinab. Die Symbole der drei Ringe hatten sich zu einem stilisierten Ohr vereint. Das war zu erwarten gewesen.
    Er atmete tief durch.
    Zwar musste er nicht unbedingt sprechen, um mit den Archivaren zu kommunizieren. Aber das Ausformulieren von Sätzen fiel ihm leichter, wenn er dabei seine Stimme hörte. »Was ist passiert?«
    »Komm zu uns! Die Lage ist ernst.«
    »Zu euch? In den zeitlosen Raum? «
    »In unsere Welt. Nach Garrth. Wir weisen dir den Weg.«
    Die Archivare waren noch nie Freunde großer Erklärungen gewesen. Sie sagten Frosch und er sprang. So lief das nun einmal. Selbst nach einer Pause von hundert Jahren.
    Tom bestieg einen Gleiter und flog nach Hormus. Dort befand sich in den Ruinen eines portugiesischen Forts das nächstgelegene Portal in den zeitlosen Raum .
    Auf geistigem Weg lotsten die Archivare ihn zwischen den Gestellreihen der Domäne entlang. Er wusste, dass diese Wesen ihn umgaben, doch er sah nicht einmal Schatten von ihnen. Das war nur Jandro möglich gewesen.
    Nach einer langen Wanderung durch diese gleichförmige Umgebung erreichte er ein strahlendes Tor, das ihm bisher nie aufgefallen war. Vermutlich hatten die Herren der Domäne es vor ihm verborgen gehalten.
    Tom durchschritt das Tor und wurde davongetragen von fürchterlichen Bildern der Zerstörung. Er begriff sie nicht, doch sie machten ihm Angst und drohten, seinen Verstand zu zerschmettern.
    Er hatte den Eindruck, die Reise dauere mindestens einen Tag, aber das mochte täuschen. Genauso gut konnte es sich nur um Sekunden handeln.
    Egal, wie viel Zeit tatsächlich verging, dieses Durchschreiten eines Tors unterschied sich von allen bisherigen. Wohin würde ihn die Reise führen? In die Welt der Archivare, ja, aber wo lag die?
    Und dann erreichte er sein Ziel. Plötzlich fand er sich auf einer endlos scheinenden Ebene voller Kuppeln wieder, über der sich ein unbegreifliches Gewirr aus Röhren, Brücken und Wegen ausbreitete.
    Zwei Archivare kamen auf ihn zu. Zum ersten Mal sah er die merkwürdigen Wesen in natura.
    Und wieder hallte ihm diese eine Frage durch den Kopf: Wo bin ich?
    Die Geschuppten umkreisten ihn, zischten sich Laute zu, die Tom nicht verstand, steckten die Köpfe zusammen, umkreisten ihn erneut. Die Aufgeregtheit, die sie ausstrahlten, passte kein bisschen zu der Weisheit und Abgeklärtheit, die Tom ihnen bislang unterstellt hatte.
    Sie berührten ihn an der Stirn und plötzlich strömte das Wissen in ihn ein, dass die Archivare in Schwierigkeiten steckten. In großen Schwierigkeiten.
    »Komm mit«, erklang die Stimme in seinem Kopf. Diesmal, ohne dass sich das Armband dabei verschob.
    Sie führten ihn über die Ebene zwischen weiteren Schuppenwesen entlang. Er wurde den Eindruck nicht los, dass sie alle ihn anstarrten, auch wenn die Archivare kein erkennbares Gesicht aufwiesen.
    Schließlich erreichten sie eine gigantische schmucklose Kuppel. Kein Fenster und lediglich eine Tür durchbrach die makellos glatte, rötlich schimmernde Oberfläche der mindestens hundert Meter hohen Halbkugel.
    »Das ist der Wissensdom«, hallte es in Toms Schädel.
    »Aha.« Mehr fiel ihm dazu nicht ein.
    »Folge uns.«
    Die Archivare betraten die Kuppel und Tom ging

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