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321 - In 80 Welten durch den Tag

321 - In 80 Welten durch den Tag

Titel: 321 - In 80 Welten durch den Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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er die Antwort der Archivare nicht ab. »Nein, doch nicht richtig. Denn das gleiche Argument könnte man anbringen, wenn ihr mich in die Vergangenheit schickt, um den Job für euch zu erledigen.«
    »Deine Gedanken sind nicht zielführend«, sagte die Stimme.
    »Wie können sie das auch? Das hier ist ein klassischer Fall vom Großvater-Paradoxon! Wenn ich in der Zeit zurückreise und meinen Opa töte, bevor dieser meinen Vater und dieser wiederum mich zeugen kann, werde ich nie geboren, kann folglich nie in die Vergangenheit reisen, um den alten Herrn umzubringen. Er überlebt also, wodurch ich doch geboren werde und in der Zeit zurückreisen kann, um ihn doch zu töten. Versteht ihr?«
    »Wir verstehen sehr gut. Aber du verstehst nichts. Deshalb ist diese Diskussion fruchtlos. Du kannst nicht innerhalb weniger Minuten oder Stunden begreifen, wofür wir Jahrtausende gebraucht haben! Stark vereinfacht könnte man sagen, dass Zeit nicht linear wie ein langer Faden verläuft, sondern eher so, als würde man aus diesem Faden ein chaotisches Knäuel formen.«
    »Aber...«
    Der Archivar ließ Tom nicht zu Wort kommen. »So etwas wie das Großvater-Paradoxon existiert nicht. Du kannst durchaus in die Vergangenheit reisen und deinen Vorfahren ermorden. Du hast völlig recht: Damit verhinderst du deine eigene Existenz. Dass du deshalb anschließend nicht in der Zeit zurückreisen kannst, um ihn zu töten, spielt keine Rolle mehr, denn es ist bereits geschehen! Verstehst du?«
    »Nein«, gab Tom zu.
    »Natürlich nicht. Merk dir einfach, dass es durch einen Eingriff in die Vergangenheit möglich ist, die eigene Existenz auszulöschen, ohne dass sich anschließend jemand daran erinnert, dass man überhaupt existiert hat. Die Konsequenzen von Änderungen der Vergangenheit sind nicht zu überblicken! Denn du veränderst den Verlauf ab diesem Zeitpunkt und weißt nicht einmal, dass es zuvor anders war. Deshalb lautet unser oberster Kodex, dass es uns strengstens verboten ist, in die Vergangenheit einzugreifen.«
    »Dennoch habt ihr es getan«, entgegnete Tom. »Nämlich als ihr mir halft, den Kometeneinschlag zu verhindern.«
    »Das ist richtig. Und es war nicht das erste Mal. Es kam schon früher zu Eingriffen, wenn diese auch nicht beabsichtigt waren. So hat beispielsweise ein Maya einen unserer Sammler getötet und ihm den Schlüssel zur Domäne entwendet. Oder der Diebstahl der Nährlösung mit den Nanobots, die dir zum ewigen Leben verholfen haben. Alleine dadurch haben wir versehentlich den Lauf der Geschichte geändert. Da die neue Historie die alte aber überschrieb und sich deshalb niemand an die alte erinnert, wussten wir nicht, wie groß die Veränderungen waren. Fand der Kometeneinschlag des Jahres 2012 statt, weil oder obwohl wir die Vergangenheit beeinflusst haben? Welche Folgen würde der Impakt auf uns haben? Mussten wir fürchten, er könne uns vernichten? Würde er das Archiv zerstören?«
    Toms Kopf brummte. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn ihm Rauchwölkchen aus den Ohren gequollen wären. »Das verstehe ich nicht. Wie konntet ihr im Jahr neunhunderttausendirgendwas fürchten, ein Komet in 2012 könne euch vernichten? Wenn ihr Tausende von Jahren später noch existiert, ist es ihm doch offenbar nicht gelungen?«
    »Du begreifst das Wesen der Zeit nicht«, ertönte die Stimme. Sie klang zunehmend ungeduldig. »Du versuchst es mit der Logik deines beschränkten Verstands zu erfassen. Das ist aussichtslos! Änderungen in der Vergangenheit breiten sich wellenförmig aus. So, wie du einen Gleiter auf dich zukommen siehst und entscheiden musst, ob er dir gefährlich werden kann, mussten wir entscheiden, ob der Kometeneinschlag uns auszulöschen vermochte.«
    Tom nickte. »Wenn mich der Gleiter erst mal zu Mus zerquetscht hat, ist es zu spät, die Entscheidung zu überdenken.«
    »So ist es. Und denke nicht, dass wir leichtfertig handelten. Es kam zu einem erbitterten Streit zwischen zwei Gruppen. Die eine behauptete, man dürfe nicht eingreifen, weil man nie wisse, was man damit anrichtet. Die andere sagte, man müsse eingreifen, um die eigene Existenz zu sichern. Die erste Gruppe setzte sich durch.« Nach einer kurzen Pause fuhr die Stimme leiser fort: »Leider hielten sich nicht alle an dieses strikte Verbot. Sie schenkten einem Maya-Kaziken einen Ring, mit dem er Visionen vom Untergang empfangen konnte. Und sie halfen dir bei der Suche nach der Nadel der Götter. Was für ein fataler Fehler!«
    Eine dumpfe

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