322 - Götterdämmerung
teilten sich Matt und Xij. Während Gauti nun einen Tee zubereitete und der kleine Lockenschopf sich neben dem Kaminfeuer niederließ, dachte Matthew an den ersten Morgen hier und die Gesichte, die der Götländer den Wikingern erzählt hatte: Er hatte ihnen weisgemacht, dass Xij ein Elf sei. »Sie hätten mir niemals abgenommen, dass eine Frau an Odins Tafel sitzt.«
Dieses Argument war für Matt und Hamlet nachvollziehbar gewesen. Er hoffte nur, dass man Xij jetzt keine magischen Fähigkeiten andichtete.
Weniger begeistert war er davon, dass Efstur das Superior Magtron vorerst behalten hatte. »Das hat aber auch sein Gutes«, hatte Gauti behauptet. »Er wird die Götterwaffe mit seinem Leben verteidigen. Sobald wir am Feuertor sind, wird er sie dir zurückgeben, darauf kannst du dich verlassen.«
Matt hatte grimmig genickt; ändern konnte man es ohnehin nicht mehr. Allerdings versäumte er nicht, Efstur wissen zu lassen, dass das Magtron in den falschen Händen großen Schaden anrichten konnte. Gut, dass ihm der Schlüssel geblieben war. Solange ihn niemand außer Gauti mit dem Magtron in Verbindung brachte, war die Gefahr eines Missbrauchs gering.
Die Abende verbrachten Matt und Xij gemeinsam mit den Wikingern in der Halle des Friedens. Die Jotunheimener waren begierig darauf, alles über die Gepflogenheiten in Asgard zu erfahren. Wie wurden die Toten empfangen, mit welchen Speisen bewirtet, und wie wurden sie auf den letzten Kampf an der Seite der Götter gegen die Riesen vorbereitet? Brennend interessierten sich Efsturs Krieger auch für das Aussehen der Walküren. Während Matthew Drax irgendwelches belanglose Zeug von sich gab, lief der Götländer zur Hochform auf und beschrieb in blumigen Details, was die Jotunheimener hören wollten.
Die meiste restliche Zeit verbrachte Matt mit dem Götländer in dessen Haus. Stundenlang tauschten sie sich aus. Geduldig beantwortete Matt Drax Gautis Fragen nach der Zukunft und erfuhr selbst von dessen Reisen und seinem Leben bei den Normannen.
Nachdem sie sich nun mit Honigwein und Gebackenem auf Sitzkissen vor dem Kamin niedergelassen hatten, nippte der Gelehrte nachdenklich an seinem Becher. »Was beschäftigt dich?«, wollte der Fremde wissen.
Der Rotbart räusperte sich. »Dein Freund Grao.« Als er Matts verblüfftes Gesicht sah, fügte er hinzu: »Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass einige Menschen der Zukunft die Gabe haben werden, ihre Gestalt zu ändern. Diese Fähigkeit ist den Göttern vorbehalten. Leben die Götter dereinst unter euch und zeugen Kinder mit euren Weibern?«
Matt zögerte mit einer Antwort. Zwar traute er dem Götländer inzwischen, und nach allem, was er bisher schon über die Zukunft erfahren hatte, würde er wohl auch die Sache mit der Invasion der Daa’muren verkraften. Doch diese Information würde einen Taratzenschwanz weiterer Fragen nach sich ziehen. Also wählte er auch diesmal einen vereinfachten Weg: »Grao ist ein Mutant. So wie es in deiner Welt vereinzelt Zwerge und Riesen gibt, so haben sich in der meinen Menschen mit besonderen Fähigkeiten entwickelt. Aber es gibt nicht viele von ihnen. Vermutlich ist Grao der Einzige seiner Art.«
»Mhm, verstehe.« Gauti stellte den Becher auf das orientalisch anmutende Tablett vor seinen Füßen und rieb sich den Bart. »Nun, dann will ich dir jetzt von meiner Freundschaft mit einem persischen Medikus aus Bagdad erzählen. Die normannischen Eroberer hatten ihn mit anderen Sklaven von ihren Feldzügen nach Götland mitgebracht. Er nannte sich Neyad und wurde an den Wikingerfürsten verkauft, für den ich damals als Übersetzer arbeitete.«
Gauti berichtete, wie geschickt dieser Mann mit hauchdünnen Klingen Operationen durchführte, die bei den Angeln und Sachsen noch gänzlich unbekannt waren. »Neyad sagte, diese Methoden seien im Perserreich gang und gäbe.« Mit strahlenden Augen erzählte er über die gemeinsame Zeit mit dem orientalischen Freund. »Spuren dieser Verbindung findest du hier überall. Er deutete auf das Tablett und die kleine Anrichte neben dem Herdfeuer, die übersät war von Säckchen und Behältern mit fremdartigen Gewürzen. Schließlich lüftete er auch das Geheimnis, was er unter seiner Kleidung trug. »Hasenfell.« Grinsend hob er seine Tunika an und zum Vorschein kam flauschige Angorawäsche. Und nicht nur das: An einem Gürtel hing in einem geflochtenen Halfter ein Krummdolch, dessen Griff mit Edelsteinen besetzt war.
»Ein schönes Stück,
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