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323 - Die Hölle auf Erden

323 - Die Hölle auf Erden

Titel: 323 - Die Hölle auf Erden
Autoren: Manfred Weinland
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feiner Strahl einer glasklaren Flüssigkeit drang.
    »Nun, dann wollen wir mal für einen ungehemmten Redefluss sorgen. Wie nennst du dich doch gleich?«
    »Hermon«, antwortete Grao. Er fragte sich, was ihn hier erwartete.
    »Wir werden sehen, ob das dein wahrer Name ist.« Der Kittelträger traf letzte Vorbereitungen, um Grao den Inhalt der Spritze zu injizieren. »Das hier wird ihm die Zunge lösen...«
    Bevor Grao wusste, wie ihm geschah, setzte der Mann die Nadel an seine Armbeuge und stieß sie hinein.
    Zumindest wollte er das.
    Als Nächstes hörte Grao verblüffte Ausrufe aus mehreren Kehlen. Der Mann im grauen Kittel starrte ungläubig auf die Spritze, deren Nadel verbogen war, während Graos Arm nicht die kleinste Stichwunde aufwies.
    Ein Anflug von Verwirrung legte sich über die Züge des Folterknechts. Doch dieser Ausdruck hielt nicht lange an. Ein Glitzern trat in seine Augen. »Jetzt«, krächzte er, »hast du mich neugierig gemacht.« Er schraubte eine neue, dickere Nadel auf die Spritze und versuchte sein Glück erneut.
    Grao konzentrierte sich auf die Einstichstelle – und machte sie nachgiebiger. Anschließend schaffte es die Nadel, einzudringen.
    »Na also«, hörte er den Kittelträger murmeln.
    Ein Gefühl wie von Eiswasser verriet Grao, dass sich die injizierte Flüssigkeit in seinem Körper auszubreiten begann. Da er annahm, dass eine Reaktion von ihm erwartet wurde, begann er wie wild an seinen Fesseln zu zerren.
    Die verabreichte Dosis einer unbekannten Droge hätte wahrscheinlich jeden Menschen dazu gebracht, Rede und Antwort zu stehen. Aber das Innere eines Daa’muren unterschied sich vollkommen von dem eines Menschen – und darauf hatte Grao spekuliert. Er war überzeugt davon, den Arzt – oder wer immer es war – täuschen zu können.
    Nach wildem Gezappel ließ er seine Bewegungen erlahmen.
    »Wie fühlst du dich? Sieh ein, dass du dir nur selbst schadest, wenn du weiter Widerstand leistest. Kooperiere, und wir werden die besten Freunde.«
    Grao stierte stumpf vor sich hin.
    »Fangen wir also an. Erzähl mir von dir. Woher kommst du? Bist du ein amerikanischer Spion? Mit welcher Absicht bist du nach Hiroshima gekommen?«
    Grao röchelte eine Weile, um sich Zeit zu verschaffen. Dann fing er an zu improvisieren. Das Wenige, was er aufgeschnappt hatte, musste reichen, um eine glaubhafte Lüge zu konstruieren.
    Eine Lüge, von der er sich einen Ausweg aus seiner sonst ausweglos erscheinenden Lage erhoffte...
    ***
    Das Steinfeld, das als Lawine abgegangen war, hatte vieles unter sich begraben. Aber nicht alles.
    Matt orientierte sich nicht zu der Stelle, von wo Grao geborgen worden war, sondern richtete sein Augenmerk auf die Spitzen der wenigen Bäume, die den Erdrutsch überstanden hatten. Jetzt erwies sich die Markierung, die Matt noch in der Nacht ihrer Ankunft an einem der dickeren Äste hinterlassen hatte, als durchaus nützlich. Denn anders wäre es schwergefallen, den richtigen Baum zu bestimmen. Und ein Graben »auf Verdacht« konnten sie sich nicht leisten; rein zeitlich schon nicht.
    »Wie viel Zeit haben wir noch, um den Schutt beiseite zu räumen?«, fragte Xij. »Bei unserer Ankunft hatten wir den frühen Morgen des vierten August. Am sechsten August um acht Uhr fünfzehn fällt aller Voraussicht nach die Bombe. Demnach bleiben uns gerade mal...«
    »Ein voller Tag«, sagte Matt. »Und eine Nacht. Das ist...«, er blickte sich vielsagend um, »… verdammt knapp bemessen.«
    »Das schaffen wir nicht. Oder?«
    Matt musterte Xij eindringlich. »Was wäre die Alternative? Aufgeben?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Verschwinden.«
    »Nicht, bevor wir Grao befreit haben. Ohne ihn sitzen wir nämlich in dieser Zeit fest. Die Bombe wird beide vernichten: ihn und das Magtron.«
    »Schon gut, schon gut«, seufzte Xij. »Dann frisch ans Werk.«
    Aber bereits nach einer Stunde hatte auch Matt das Gefühl, dass die Steine, die das Portal unter sich begraben hatten, einfach nicht weniger werden wollten.
    »Ist das überhaupt die richtige Stelle?«, fragte Xij schließlich. Der Schweiß lief ihr in Strömen übers Gesicht.
    »Ich denke, ja. Mit zwei, drei Metern Toleranz, die wir einrechnen müssen.«
    »Zwei, drei Meter in der Fläche heißt aber auch mindestens zwei Meter in der Höhe, oder?«
    »Mindestens.«
    Sie starrte ihn kopfschüttelnd an. »Dann sag mir noch mal, ob wir das schaffen können. Los, ich will’s hören. Sag es!«
    »Wir können es schaffen.«
    »Du lügst! Und das
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