323 - Die Hölle auf Erden
dem es hergestellt wurde, einzigartig ist.«
»Und das heißt?«
»Dass der Gegenstand vermutlich galvanisch mit einer Schicht aus Rhodium oder einem anderen Edelmetall überzogen wurde. Genaues kann ich erst sagen, nachdem es uns gelungen ist, eine Materialprobe zu nehmen. Eins steht aber fest: Für eine Bombe wäre dies ein viel zu aufwändiges und teures Verfahren.«
Der Kommandeur wippte auf den Fußspitzen. Das tat er immer, wenn er unzufrieden war. »Zusammenfassend gesagt: Sie haben bislang außer einer Explosion, die wertvolles Material vernichtet hat, nichts erreicht. Allem Anschein nach sind Sie überfordert, Okabe. Ich kann nicht zulassen, dass Sie weiterhin mit Ihren laienhaften Bemühungen –«
»Kommandeur!«, fiel der Wissenschaftler ihm ins Wort; das allein eine Ungeheuerlichkeit, die ihn den Kopf kosten konnte. Sein Gesicht hatte das Weiß von Kreide angenommen. »Ich versichere Ihnen, dass Sie binnen drei Tagen von mir eine exakte Analyse des Objekts erhalten – dafür verbürge ich mich! Geben Sie mir die Chance, Ihren berechtigten Zorn zu besänftigen.« Damit verbeugte er sich tief.
»Einen«, sagte Ariaga. »Ich gebe Ihnen einen Tag. Vierundzwanzig Stunden – ab jetzt. Sollte ich dann nicht erhalten, was Sie versprochen haben, steht mehr als Ihre Karriere auf dem Spiel. Haben wir uns verstanden?«
Okabe senkte den Blick und nickte.
Tadamichi Ariaga drehte sich ohne weiteres Wort um und ließ den Wissenschaftler allein zurück – mit der unausgesprochenen Drohung, dass Okabe beim nächsten Versagen sein Leben einbüßen würde.
Okabe war intelligent genug, das begriffen zu haben. Vorsichtig, als handele es sich um ein rohes Ei, nahm er das metallene X vom Tisch auf und brachte es in einen der noch unbeschädigten Nachbarräume.
10.
»Die Soldaten haben das Gerät also konfisziert und mitgenommen. Wohin? Nach Hiroshima?« Matt hatte das Gefühl, sich mehrfach vergewissern zu müssen, auch alles richtig verstanden zu haben.
Wie das Superior Magtron aus Graos Körperversteck gelangt war – vielleicht im Zuge seiner Besinnungslosigkeit –, war im Grunde unerheblich. Wichtiger schien ihm eine zweite Information.
»Ein sternförmiger Schlüssel?« Kaito schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Nein«, versicherte er, »einen Schlüssel habe ich nicht gesehen.«
»Ganz sicher?«
Der junge Mönch nickte. »Dieser Magnet scheint sehr wertvoll für euch zu sein. Ist er... gefährlich?« Eine Frage, bei der auch sein Vater aufhorchte. Ganz schien er Matt nicht zu glauben, dass es sich um keine Waffe handelte.
Matt grinste schief. »So gefährlich, wie ein Magnet eben sein kann«, untertrieb er die Kraft des Magtrons, das ein Magnetfeld aufbauen konnte, das sogar jenes der Erde übertraf. »Er zieht alles Metallische an – aber bestimmt keine Flugzeuge vom Himmel.« Obwohl ich mir dessen nicht sicher bin, fügte er in Gedanken hinzu. Erst einmal hatte er das Magtron kurz eingesetzt: um eine angriffslustige Wikingerhorde zu entwaffnen.
»Und den Schlüssel...«
»… braucht man, um ihn zu aktivieren. Er arbeitet elektrisch. Ohne Schlüssel kann man nichts damit anfangen.«
Kaitos Vater schien immer noch nicht überzeugt. Matt konnte es ihm nicht verdenken. Die Kriegsparanoia griff in diesen Tagen um sich und man begann, in jedem Ausländer einen potenziellen Feind zu sehen. »Das alles scheint mir sehr suspekt«, sagte der ältere Mann. »Ihr taucht mit einem technischen Gerät vor der Küste von Nihon auf, erleidet angeblich Schiffbruch und geht an Land. Was wolltet ihr mit diesem... Magtron in unseren Gewässern? Was...«
»Genug!«, unterbrach ihn abrupt Xijs Stimme. Matt blickte verblüfft zu ihr. Was hatte sie vor?
Und dann, bevor er einschreiten konnte, brach es auch schon aus ihr hervor.
»Genug mit diesem Drumherumgerede«, sagte Xij energisch. »Ich werde euch jetzt die Wahrheit sagen und darauf vertrauen, dass ihr sie akzeptiert, so unglaubhaft sie auch klingen mag.«
Erst wollte Matt ihr ins Wort fallen, aber es war zu spät. Nach dieser Anrede warf es nur ein schlechtes Licht auf ihn, wenn er ihr den Mund verbieten würde. Also sank er zurück und harrte der Dinge, die da kommen mussten.
Und sie kamen schonungslos. Xij enthüllte den staunenden Japanern das ganze Geheimnis ihrer Reise: wie sie aus ferner Zukunft in die Vergangenheit geflüchtet waren, wie sie sich von Parallelwelt zu Parallelwelt hangelten, wie sie versuchten, in ihre eigene Welt zurückzufinden, um
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