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326 - Schlangenmenschen

326 - Schlangenmenschen

Titel: 326 - Schlangenmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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vorüber.«
    Matt nickte. »Und hoffentlich haben sie nicht schon mit der einen Rakete ihr Pulver verschossen.« Die neun Nuklearsprengköpfe hatten den Riesenbrocken zwar zertrümmert, aber neben den kleineren Fragmenten, die bei ihrem Eintritt in die Atmosphäre vollständig verglühen würden, gab es noch genügend andere in kritischer Größe. Der Streiter hatte Myriaden Bruchstücke ins All geschleudert. Etliche davon würden bis zur Erdoberfläche durchkommen – und wo sie einschlugen, wuchs auf absehbare Zeit kein Gras mehr. Die Technos – oder was auch immer – von Kourou waren derzeit Matts einzige Hoffnung, wenigstens einen Teil der Trümmer abwehren zu können. Ansonsten würde er tatenlos dabei zusehen müssen – eine Vorstellung, die ihm schon jetzt Magendrücken verursachte.
    ***
    Manche Nacht hatte Zähne.
    Versteckte, mörderische Zähne.
    Und das heute, fühlte Albert Morte wie ein Kribbeln am ganzen Körper, war so eine Nacht.
    Der Leschoneer blickte unbehaglich zum Himmel empor. Was kaum ein irdischer Feind jemals fertiggebracht hatte, schaffte der Anblick des veränderten Mondes über seinem Kopf mühelos: Morte schauderte.
    Es hatte den Anschein, als hätte irgendein Monstrum ein riesiges Stück aus der Oberseite des Erdtrabanten herausgebissen und dafür einen grauschwarzen Wulst unterhalb dieses »Bisses« gelegt.
    Noch vierundzwanzig Stunden zuvor hatte man davon nichts sehen können. Da war der Mond noch heil gewesen.
    Grund genug für den Comm’deur , seine Männer auf einen außerordentlichen Patrouillengang zu schicken. Drei volle Kompanien, die eine küstenabwärts, die Zweite den Küstenverlauf aufwärts und die Dritte ins Landesinnere.
    Morte befehligte dem Trupp, der die Küste in südwestlicher Richtung hinab marschierte. Längst war sein bloßes Unbehagen einer Beklemmung gewichen und hatte sich kalter Schweiß auf seine Stirn gelegt. Außer ihm zeichneten sich noch die Umrisse von neun weiteren Männern in voller Kampfmontur gegen das Grau des Himmels ab, wie er sich über dem Meer präsentierte. Sie befanden sich auf einer karg bewaldeten Anhöhe, deren wenige Schritte entfernte Kante fast senkrecht nach unten abfiel.
    Von dort war der Schlag der Brandung zu hören, deren Stärke so immens zugenommen hatte, dass schon das allein Grund zu größter Besorgnis gewesen wäre. Den ganzen Tag waren Sturmböen, wie sie um diese Jahreszeit noch nie beobachtet worden waren, über Wasser und Land gefegt, und in den tieferen Regionen war es zu Überschwemmungen gekommen, die Ackerland überschwemmt und eine ganze Ernte zunichtegemacht hatten, sodass bereits die Angst vor einer Hungernot umging.
    Seit Morte denken konnte, hatte es immer wieder kleine Krisen gegeben. Aber das hier war mehr . Das war keine der üblichen Wetterlaunen. Wahrscheinlich, das ahnte sogar ein kleiner Leschoneer wie er, hatte es mit dem kaputten Mond zu tun.
    Neben ihm tauchte Serschoon Pierre Dufour auf. Ein Schatten unter Schatten. Aber auch ein vorbildlicher Kamerad und – nicht zu vergessen – Mortes ältester und engster Freund.
    »Riechst du das?«, flüsterte der Narbengesichtige.
    »Was meinst du?« Morte konnte und wollte den Blick nicht von dem verstümmelten Erdtrabanten nehmen.
    »Tod«, erwiderte Dufour, und es klang fast, als zöge er eine dunkle Lust daraus, das Wort über die Zunge gehen zu lassen. »Hier riecht’s verdammt noch mal nach Tod!«
    »Wessen Tod? Unserem?«
    Dufour hatte schon so oft, dass es unheimlich war, mit düsteren Vorahnungen richtig gelegen, deshalb tat Morte die Äußerung nicht einfach als Hirngespinst ab, sondern nahm sie ernst. Zumal auch die realen Geschehnisse der letzten Stunden nicht einfach abgetan werden konnten. Der Raketenstart beispielsweise, der auf dem Mist der Inschers gewachsen war – oder genauer gesagt: ihrer Vorfahren.
    Dufour kicherte. Nur ein kaltschnäuziger Hund wie er verlor angesichts solch dramatischer Ereignisse nicht seinen Humor. »Hab ich nicht gesagt, oder? Ich pass schon auf, dass der Tod uns links liegen lässt. Hab ihn oft genug gefüttert. Ist mein Kumpel.«
    Das kaufte Morte ihm sogar ab. Wobei die Opfer von Dufours oder seinen eigenen Gewaltausbrüchen in den seltensten Fällen Menschen gewesen waren. Von denen wagten sich nur selten welche in die Gegend um den Stützpunkt. Frühere Generationen hatten sich ein Maß an Respekt erworben, das offenbar in die Hirne und Gene all derer eingebrannt war, die irgendwann einmal Lust verspürt

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